Leben mit Kindern

Teenie-Humor oder: Bin ich zu alt, um darüber lachen zu können?

18. März 2021

Nicht nur bei TikTok-Humor merke ich, dass mein Teenie und ich geistig-moralisch auf anderen Ebenen schwingen- um es mal nett auszudrücken. Irgendwie scheint alles aus Insider-Witzen und Teenie-Sprech zu bestehen, was ich in meinem Alter einfach nicht mehr verstehe.

Meiner heutigen Gastautorin Susanne Riedel, die sonst bei der bekannten Berliner Lesebühne „Der Frühschoppen“ auftritt,  geht es ganz ähnlich…..

Berliner Humor trifft Flachwitz

Generationenkonflikte sind so alt wie die Menschheit. Der Irrglaube, dass das mit den eigenen Kindern mal gaaanz anders laufen wird, weil man selbst als Eltern viel cooler ist als die eigenen Eltern, vermutlich auch.Ich habe Teenager zu Hause. Sie sind klein genug, um ihre Socken nicht zu finden, aber groß genug, um mit vollem Ernst Sätze zu sagen, die mit „Ich erinnere mich, als ich noch jung war …“ beginnen.
Sie sind herzallerliebst, wirklich. Tolle Jungs, echte Charakterköpfe.

Aber es sind eben auch Berliner Kinder: die Witze, die sie mit nach Hause bringen, sind, sagen wir, nicht immer von hohem Niveau geprägt. Besonders anstrengend finde ich diese nicht totzukriegenden „Deine Mudda“-Witze, die sie sich völlig ungeniert in meiner Gegenwart erzählen. Wenn ich aus dem Off ständig Sätze höre wie „Die Dönerbude hat angerufen, deine Mutter dreht sich nicht mehr“ oder auch „Deine Mudda is´ so fett, die piept, wenn sie rückwärts läuft“, dann ist der Grat zwischen ignorieren und explodieren sehr schmal, auch wenn ich natürlich weiß, dass sie mich gar nicht meinen.

Sie sind einfach im besten Alter, um über Flachwitze zu lachen, ich erinnere mich ja selbst allzu gut daran. Bei uns waren es damals diese völlig sinnfreien Antiwitze. Oder diese Reime, mit „Rainer“ und „kleiner“ und „Haus“ und „Klaus“ und so. Und mein Schulfreund André und ich sind damals aus dem Kino rausgeflogen, weil wir bei Ritter der Kokosnuss nach der Szene mit der Schwalbe nicht mehr aufhören konnten zu lachen.

Hilfe: Plötzlich verstehen die Kids anzügliche Witze

Wenn ich ehrlich bin, fällt es mir auch heute manchmal ganz schön schwer, mir in pädagogisch wertvoller Haltung das Lachen zu verkneifen.
„Warum kann Miss Piggy nicht bis 70 zählen? – Weil sie bei 69 ‘nen Frosch im Hals hat.“

Ich finde zwar, meine Kinder sollten das gar nicht verstehen … aber was soll ich machen?

Ihr wart mal so klein und so niedlich, denke ich dann seufzend in mich hinein, und heute führen wir Dialoge wie diese:

I.

Abends. Ich bin total erledigt und gehe schon vor den Jungs ins Bett.

Ich: „Na du, setzt du dich noch ‘nen Moment zu mir? Wie war dein Tag?“
Er: „Wie immer.“
Ich: „Erzähl mir was aus deinem Leben!“

Er: „Ey, brauchst du gerade menschliche Wärme, oder was?“
Ich: „Jahaa …“

Er: „Ich mach dir ‘ne Wärmflasche.“
Ich: „Menschliche Wärme …“

Er:“ Ich kann dir ‘n Gesicht draufmalen.“

II.

Der Sohn sitzt am Keyboard und spielt mit Hilfe eines Musikprogramms eine Melodie in den Rechner.

Ich: „Das klingt schön!“
Er: „Warte, ich muss es noch humanizen.“
Ich: „Du musst was?“
Er: „… humanizen, dann klingt es nicht so perfekt und deshalb echter.“
Ich: „Dafür gibt´s einen eigenen Regler?“
Er: „Yep.“

Ich: „Geht das auch mit Mathe?“
Er: „Nope.“

III.

Der Sohn sitzt am Keyboard und spielt mit Hilfe eines Musikprogramms eine Melodie in den Rechner.

Ich: „In welcher Tonart spielst du das?“
Er: „Ich glaube, das ist G-Hashtag.“

V.

Der Sohn sitzt am Keyboard und spielt mit Hilfe eines Musikprogramms eine Melodie in den Rechner.

Er: „Oh, jetzt hätte ich mir fast den Kopfhörer in den Mund und den Apfel ins Ohr gesteckt.“

VI.

Der Sohn sitzt am … PC und zockt.

Ich: „Hey, wie war´s in der Schule?“
Er: „Schule halt. Bio war ganz interessant. Wenn so ein Schnabeltier noch ‘nen Daumen hätte, wär´ das voll der krasse Endgegner.“

VII.

Der Sohn sitzt am PC und zockt.

Ich: „Ey, Kannst du mich mal angucken, wenn ich mit dir rede?!“
Er: „Warte kurz. Ich rede mit dir, wenn ich tot bin.“

Ich auch, dachte ich da. Ich rede auch mit euch, wenn ich tot bin, wartet´s nur ab. Ober noch besser: Vorher bringe ich euren Kindern heimlich jede Menge schlechter Witze bei. Und wenn ihr dann empört fragt: „Wer hat euch den Scheiß beigebracht?!“ dann sagen sie: „Deine Mudda!“
Ich glaube, das wird ein großer Spaß.

Über die Autorin

Susanne M. Riedel, Jahrgang 1971, ist in Berlin-Lichterfelde geboren und lebt auch heute mit ihrer Familie im geranienträchtigen Süden der Stadt.
Ihre Begeisterung für Menschen hat sie im ersten Leben in die Soziale Arbeit geführt, ihrer Leidenschaft für das Schreiben und Fotografieren ging sie zunächst im stillen Kämmerlein nach.
2015 machte sie die Tür auf, seither ist sie als begeisterte Quereinsteigerin auf den Lesebühnen unterwegs. 2016 erschien ihr erster Kurzgeschichtenband „Einen Herzschlag neben dem Alltag“ im Selbstverlag. Seit 2018 gehört sie der traditionsreichen Lesebühne Der Frühschoppen an, seit 2020 der Reformbühne Heim & Welt. 

Jetzt ist ihr Buch „Ich habe mit Ingwertee gegoogelt“ erschienen.

Zu Beginn der Corona-Pandemie entstand unter krisenkalender.de ein herzerwärmender öffentlicher Briefwechsel mit Horst Evers. Im Juli 2020 feierte Susanne ihren ersten TV-Auftritt bei der Ladies Night im Ersten.
Der Rest ist Zukunft.

 

Frau Mutter folgen

Das könnte auch interessant sein…

Keine Kommentare

Kommentieren

Schreibe einen Gastbeitrag!
Dir gefällt mein Blog und Du möchtest auch schreiben?

Veröffentliche Deinen Text auf meiner Seite!

Gastbeiträge:
  • - sind mindestens 600 Wörter lang mit Überschriften und Foto (lizenzfrei)
  • - "AutorInnenkasten" am Ende des Beitrags mit Deiner Vorstellung
  • - Verlinkung Deiner Seite (do follow)

Anonyme Beiträge:
Du möchtest Dir etwas von der Seele schreiben und suchst eine wertschätzende und verständnisvolle Community von Müttern?

Du kannst Deinen Beitrag gerne anonym veröffentlichen!
Textvorschläge bitte an: fraumutter74@googlemail.com
We respect your privacy. Your information is safe and will never be shared.
Schreibe einen Gastbeitrag!
×
×
WordPress Popup