Familienalltag mit Humor Unsortiert

„Mama, sei still!“ Warum mein Teenie mir Sprechverbot erteilt hat

9. März 2021

Es gibt mehrere Anzeichen, dass man ein Kind in der Pubertät hat, eines davon ist Sprechverbot für die Eltern. Ganz besonders für die Mutter, denn die ist ja bekanntlich am meisten „cringe“. Übelst lost könnte man auch sagen. Ich kann mich gut an den Tag erinnern, als meine Sprechbeiträge einfach nicht mehr erwünscht waren. Sprechverbot für Mama!

Bitte nicht die Freunde ansprechen!

Ich fahre meinen Sohn Sebastian und seinen besten Freund zum Sport. Man muss dazu sagen, ich kenne den Freund seit der ersten Klasse. Ich bin mit seiner Mutter befreundet, wir kennen uns alle richtig gut. Generell finde ich betretenes Schweigen im Auto blöd. Ich unterhalte mich gerne und interessiere mich ja auch für die Freunde meiner Kinder.

„Paul, schaust Du eigentlich auch so gern TikTok?“

„Mhhh, ja.“

„Wer ist denn Dein Lieblings-Tik-Toker?“

Der Sohn verdreht die Augen. „Lieblings-Tik-Toker“ sagt man wahrscheinlich so nicht. So reden nur peinliche Eltern, die in einem Tik Tok Video maximal als peinliche Staffage durchs Bild laufen, um von ihren tik tokenden Kindern „geprankt“ zu werden.

Paul antwortet höflich, wenn auch sparsam.

“ Weiß nicht…..“

„Ich finde ja den Babo lustig“, verkünde ich stolz. Ich kenne einen angesagten Tik Toker, so alt kann ich also noch gar nicht sein!

„Sebastian findet den auch gut! Nicht wahr, Sebastian? Kennst Du den Babo, Paul?“

Hier schreitet Sebastian ein. „Mama, natürlich kennt er Babo.“ Und kannst Du jetzt BITTE aufhören, darüber zu reden?“

Immerhin hat er mich freundlich gebeten. Ich bin still und denke nach. In der Vergangenheit durfte ich immer sprechen, wenn ich wollte. Auch mit den Freunden der Kinder. Die Freundinnen meiner Tochter, die gerade erst 10 Jahre alt ist, unterhalten sich gerne mit mir….Was ist passiert?

Flashback in die 80er Jahre: Ich war genau so drauf!

Was habe ich falsch gemacht? War Tik Tok das falsche Gesprächsthema? Oder ist es einfach so, dass man als Mutter irgendwann den „point of no return“ erreicht hat? Man könnte wahrscheinlich auch sagen: „Morgen ist übrigens Dienstag“ und das wäre dann auch mega peinlich.

Vor den Freunden des Kindes die Wochentage ansprechen, GEHT JA GAR NICHT!

Ich erzähle die Geschichte abends meinem Mann, den ich wohlgemerkt seit der 6. Klasse, also seit 1986, kenne.

„Deine Mutter kam Dich ja immer mit ihrem „Sascha-Hehn“-Golf von der Schule abholen, ganz fetzig mit Lichthupe. Du warst immer sehr peinlich berührt.“

Oh Gott. Ja. Ich erinnere mich.

Meine Mutter in ihrem blütenweißen „Schwarzwaldklinik-Mobil“ mit blau getönter Brille in Tropfenform und toupierter 80er Jahre-Frise. Sie war immer sehr nett zu meinen Freunden, hat Gespräche angefangen und Fragen gestellt. Über den Mathelehrer, den nächsten Sommerurlaub, dass ich mit unserem Hund Gassi gehen muss, bevor ich „spielen“ darf…..Arrrghhhh.

Ich kann mich noch genau erinnern. Ich saß völlig verkrampft auf dem Vordersitz, allzeit bereit rhetorisch „einzugreifen“, falls es zu peinlich geworden wäre.

Irgendwann habe ich ihr vorgeschlagen, dass sie an der nächsten Straßenecke auf mich warten soll. Ich habe sie später nie gefragt, wie sie sich dabei gefühlt hat, wenn sie mir so offensichtlich peinlich war. Wahrscheinlich weil ich bis weit ins Erwachsenenalter dachte, sie hätte meine „eyerolls“ nicht bemerkt.

Als meine Mutter vor zwei Monaten starb, haben viele meiner Jugendfreunde Erinnerungen an sie geteilt.

„So eine chice Lady“

„Eine stolze Frau“

„Immer ein ironischer Spruch auf den Lippen“.

Kann es vielleicht sein, dass meine Mutter gar nicht peinlich war? Kann sogar sehr gut sein!

Ich habe mir also mein 13jähriges Ich vorgeknöpft und mit der Nina von damals ein ernstes Wörtchen geredet…..

Aber es ist wohl einfach natürlich, dass unsere Teenies uns peinlich finden. Wie sonst könnten sie sich sonst von uns lösen und eine eigene Identität ausbilden?

Nach dem anfänglichen Schock habe ich es auch akzeptiert, meine eigene „peinliche Phase“. Wenn jetzt die Kumpels meines Sohnes vor der Tür stehen, mache ich einfach auf, grüße knapp und freundlich, versuche dabei nicht „lost“ auszusehen und verschwinde schnell in Küche oder Keller.

Irgendwann darf ich wieder reden, daran glaube ich ganz fest!

Habt Ihr auch Sprechverbot von Euren Teenies?

 

 

 

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6 Kommentare

  • Reply Sandra Rehle 10. März 2021 at 10:42 am

    Ach Nina.das sind Sie die Freuden des Mutterseins. Und ich bin mir sicher, dass Deine Mama das genauso gesehen hat, wie Du heute. Und dass sie stolz auf ihre große Tochter war, die begann selbstständig zu werden. Mit Sicherheit wusste sie, daß es nur eine Phase ist und hat sich damals schon auf eure zukünftigen Gespräche gefreut .

    • Reply Frau Mutter 10. März 2021 at 10:46 am

      Liebe Sandra, wie lieb von Dir, danke für das Feedback. Sie musste wirklich geduldig mit mir sein;)
      Liebe Grüße Nina

      • Reply Sandra Rehle 11. März 2021 at 8:58 am

        🙂

  • Reply Wir leben mit einer Untermieterin zusammen #Pubertät 13. März 2021 at 9:33 pm

    […] Texte zur Pubertät gibt es auch bei  Frau Mutter und bei […]

  • Reply Frau-Mutter.com - Teenie-Humor oder: Bin ich zu alt, um darüber lachen zu können? 18. März 2021 at 6:58 am

    […] nur bei TikTok-Humor merke ich, dass mein Teenie und ich geistig-moralisch auf anderen Ebenen schwingen- um es mal nett auszudrücken. Irgendwie […]

  • Reply Katrin 31. März 2021 at 9:03 pm

    Und dabei hast Du doch sogar TikTok, da bist Du mir voraus! Schon bei der Schilderung, warum Du im Auto mit den Freunden Deines Sohnes redest, musste ich lachen, habe mich darin doch 100%ig wiedererkannt. Noch sind meine Kinder 10 und 7 und verdrehen nicht die Augen, aber ich muss gestehen, dass meine Gesprächsbemühungen im Auto auch nie zu lebhaften Antworten führen. Aber eben, diese betretene Stille im Auto ist kaum zu ertragen, und man will doch freundlich und interessiert sein! Ich sehe, die Tage, wo ich mit den Freundinnen meiner Älteren reden darf, sind wohl gezählt;-).
    Aber wie schön, was Deine Freundinnen für nette Dinge über Deine Mutter erzählt haben!

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