Familienalltag mit Humor

Jetzt sind wir dran: Warum Ü40-Eltern die beste Zeit ihres Lebens haben

7. September 2021
Ü40 Eltern

Die Kinder sind aus dem Gröbsten raus, Kindergartenzeit ade, hallo Grundschule, vielleicht schon Oberschule. Zeit zum Durchatmen für Mütter und Väter, die Kinder können allein duschen, essen und sich den Po abwischen. Immerhin, ein bisschen mehr Freiheit, die wir genießen. Ja, sogar ohne Babysitter klappt’s ab und an schon, so gehen mein Mann und ich zwischendrin mal zum Sport oder eine Stunde ins Restaurant und können die Kinder alleine lassen (ein Handy in Reichweite für den Fall der Fälle). Bleibt Zeit für die Frage, was eigentlich mit den eigenen Bedürfnissen ist. Inwiefern haben wir diese in letzter Zeit vernachlässigt? Wie ziehen Bilanz, was aus unseren Träumen geworden ist?

Motorrad, Tattoo, eine Band: Was ist aus unseren Träumen geworden?

Manch einer mag nun denken: „Oh je, da kündigt sich bei denen wohl die Midlifecrisis an!“ Mag sein, ich weiß es nicht. Ich weiß aber wohl, dass ich in letzter Zeit große Lust verspüre, mir ein Tattoo stechen zu lassen. Ja, richtig gehört! Nein, ich bin 42, nicht 22. Aber ein Tattoo wollte ich schon immer haben, ich war mir nur nicht sicher was und wo. Mein Mann lächelt müde, ist er der Meinung, sowas brauche ich doch nicht. Ach ja? Gleichzeitig träumt er davon einen Motorradführerschein zu machen. „Was?“ frage ich. „Muss das wirklich sein?“

Die Kinder gehen ihren Weg, was ist mit unserem?

Dabei hat er vor einigen Monaten gerade erst eine Band gegründet, auch so ein Traum aus der Vergangenheit – seine Leidenschaft des Musikmachens, zu der er nun wieder kommt. Ich freue mich für ihn, es macht ihn ausgeglichener. Er geht zu Bandproben, hat neue soziale Kontakte, die außerhalb der Freundeskreise der letzten Jahre liegen, die sich primär auf Kontakte durch Stillgruppen und Kitaeltern ergeben hatten. Das finde ich super, die Kinder gehen so langsam ihren Weg, wir sollten es auch tun.

Stillstand tut keinem gut und wenn sie in einigen Jahren aus dem Haus sind, würde mich nichts mehr anöden, als eine verkümmerte Zweisamkeit, weil wir uns als Individuen und Paar vernachlässigt haben. „Was ist mit Tango?“ überlegt mein Mann. Das hatten wir mal zusammen gelernt, zu Studienzeiten noch. Und wir recherchieren nach Möglichkeiten gemeinsam tanzen zu gehen.

Wieder ein Paar sein: Das ist gar nicht so einfach

Nicht, dass uns das gleich so leichtgefallen wäre. Die ersten Besuche beim Stammitaliener ohne Kinder verliefen eher nüchtern. Ständig ertappten wir uns dabei, in den Gesprächen doch wieder nur unsere Kinder, andere Eltern und den nervigen Elternabend zu thematisieren. Mein Mann sagt: „Lass uns über etwas Spannendes reden, Politik oder so…“ aber es fällt mir schwer, zugegeben. Meine Gedanken hängen zu sehr im unmittelbaren Alltag, Weltpolitik findet maximal 20 Minuten am Tag auf einem Display statt. In Ruhe Sonntagszeitung lesen war einmal, da muss ich mich regelrecht zu zwingen. Apropos, auch mein Mann hängt viel am Handy, lenkt ja ab. Obgleich unsere Freizeit so rar ist und er seit Jahren mal wieder ein Buch lesen will, ein Dilemma!

Ü40 Eltern: Kann man lernen, wieder ein eigenes Leben zu führen?

Gewohnheiten lassen sich also nicht auf Knopfdruck umstellen, Paarzeit kann nach den ersten Jahren Elterndasein echt unromantisch sein. Momentan sind meine Nachmittage zudem davon dominiert, unsere drei Kinder von Hobby eins zu Hobby zwölf zu kutschieren: Geigenunterricht, Orchester, Schlagzeug, Fußballtraining, Fußballcamps, Fußballturnier… You name it. Die Kids können sich an so vielen Stellen ausprobieren, um ihre Talente zu entdecken, während ich etliche Wartestunden im Reitstall oder vor der Musikschule verbringe.

Dabei bin ich auch mal geritten, warum habe ich eigentlich damit aufgehört? Schon immer wollte ich Kraulen lernen, Gesang ausprobieren, mein Mann Klavier spielen. Aber wären fünf Personen mit ihren Hobbys realistisch und überhaupt noch unter einen Hut zu bekommen?

Ja!, es geht, muss gehen. So hatte ich bspw. mit Laufen angefangen und gehe seit letztem Winter auch noch Eisbaden – es geht, wer hätte das gedacht? Wer hätte das Mama zugetraut?

Corona hat uns nachdenken lassen über die eigene Identität

Auch durch Corona haben sich übrigens viele Menschen in unserem Umkreis Träume verwirklicht, ein bemerkenswert positiver Aspekt. Sie meditieren zum Beispiel jeden Morgen oder haben sich einen Campingbus angeschafft. Die Freiheit haben, sich Zeit zu nehmen: Ich freue mich für sie. Zum nächsten Geburtstag bekommt meinen Mann nun endlich einen Weber Grill und ich kaufe mir eine Kitchen Aid Küchenmaschine. Beides sündhaft teuer, aber wollten wir schon immer haben, haben aber immer zurückgesteckt. Warum? Jetzt, als Ü40 Eltern sollte man sich trauen, Träume verwirklichen, egal welcher Art.

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Text: Sandy Bossier-Steuerwald

 

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