Reisen mit Kindern

Fliegen mit Kindern: Was ein Pilot und Papa rät

12. Juli 2016

Fliegen mit Kindern kann richtig entspannt sein. Ist das nicht eine gute Nachricht für den Sommerurlaub? Viele von uns werden bald einen Ferien-Flieger gen Süden besteigen. Damit auch die Reise schön wird, hat mein Kolumnist Helge, von Berufs wegen Papa und Pilot, ein paar wertvolle Tipps für Euch!

Urlaub mit der ganzen Familie könnte so schön sein – wenn man denn endlich angekommen ist. Auf dem Weg dorthin begegnet man jedoch allerlei Hindernissen: angefangen bei der endlosen Hunger-Müde-Pipi-Durst-Wannsindwirendlichda-Litanei bis hin zu Scheidungsgelüsten im Autobahnstau. Flugreisen, könnte man meinen, sind deutlich entspannter. Stimmt auch – wenn man einige Tipps beherzigt.

Fliegen mit Kindern: 7 Expertentipps

Tipp Nr. 1: Buchungszeiten beachten

In Zeiten der Reiseportale ist ein Flug schnell gebucht – doch Vorsicht bei den Flugzeiten. Günstige Angebote haben meist einen Haken, beispielsweise einen extrem frühen Abflug, schlechte Laune der ganzen Familie inklusive. Sofern man sich innerhalb Europas bewegt, ist es durchaus überlegenswert, die Flugzeiten an die normalen Lebensgewohnheiten anzupassen, damit nicht die ganze Familie übermüdet durchhängt. Kostet vielleicht etwas mehr, ist aber im Sinne der Urlaubsstimmung gut investiertes Geld.
Anders sieht es bei Langstreckenflügen aus – hier kann ein Flug durch die Nacht gerade beim Reisen mit Kindern sehr angenehm sein. Für sie ist nämlich noch der engste Sitz der Economy-Klasse groß genug, und mit Kissen und Kuscheltier ist die Nachtruhe zumindest für einige Stunden garantiert.

Tipp Nr. 2: Vorbereitung ist alles

Nicht alle Eltern sind Vielflieger, nicht jeder findet sich auf Anhieb auf Flughäfen zurecht. Die Probleme beginnen schon bei der Parkplatzsuche und enden noch lange nicht an der Sicherheitskontrolle, die bereits zum dritten Mal piepst, obwohl die Taschen doch leer sein müssten. So spießig es auch klingt: Eine gute Vorbereitung auf die Flugreise ist gerade für Wenigflieger unerlässlich. Dazu gehört, dass man sich über die Parkplätze am Flughafen und die Wege ins Terminal (und den Zeitaufwand) informiert; sich anschaut, wo sich der Check-In befindet und was man alles mit ins Flugzeug nehmen darf. Darüber informieren die Flughäfen und Fluggesellschaften auf ihren Internetseiten. Gleiches gilt natürlich auch für das Ziel beziehungsweise den Rückflug. Im Ausland laufen nämlich manche Dinge an Flughäfen etwas anders.

Tipp Nr. 3: Genug Zeit einplanen

Als Flieger plane ich meine Flugreisen mit der Familie grundsätzlich knapp, ich kenne ja alle Tricks und Fallstricke. Beim letzten Mal waren wir sogar viel zu früh dran, die Liebste und ich wussten gar nicht so recht, was wir mit den aufgeregten Kindern vor dem Abflug anstellen sollten. Doch dann wurde plötzlich das S-Bahn-Stück zwischen Parkhaus und Terminal gesperrt und es gab keine Ersatzbusse… Fünf Minuten vor Abflug erreichten wir das Gate. Ergo: Planen Sie immer genug Zeit ein und vielleicht noch ein bisschen mehr. Eine halbe Stunde früher aufstehen oder bei überteuertem Cappuccino die Zeit im Terminal totschlagen zu müssen ist allemal besser, als verschwitzt in den Flieger zu stürmen oder ihn gar ganz zu verpassen.

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Tipp Nr. 4: Einen Platz für jedes Kind

Schon gewusst? Kleinkinder bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr haben im Flugzeug normalerweise keinen Anspruch auf einen Sitzplatz, wenn man ihn keinen bucht. Die „Infants“ (im Fliegerjargon auch „Elefanten“ oder „Schulterspucker“ genannt) müssen auf dem Schoß der Eltern reisen. Das mag auf einem innerdeutschen Flug noch funktionieren, spätestens in Richtung Mittelmeer freuen sich Eltern und Kind aber sicherlich über etwas mehr Bewegungsfreiheit.

Hat man Glück und im Flieger sind noch ein paar Plätze frei, so kann man diese nach Absprache mit den Flugbegleitern durchaus mit beanspruchen. Ist der Flieger jedoch voll, bleibt fürs Kleinkind nur der Schoß. Will man bei längeren Flügen auf Nummer sicher gehen, bleibt nur die Buchung eines zusätzlichen Sitzes. Dieser kostet je nach Fluggesellschaft zwischen 10 und 70 Prozent eines regulären Tickets. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil eines Infant-eigenen Sitzplatzes: Auch ein Kleinkind hat Anspruch auf die Mitnahme von Passagiergepäck. Wieviel, bestimmt allerdings die Airline.

Ist der Nachwuchs älter als zwei Jahre, hilft es sowieso alles nichts – ein eigener Sitzplatz muss her. Dass sich zwei Kinder einen Sitzplatz teilen, ist übrigens nicht zulässig.

Tipp Nr. 5: Den richtigen Kindersitz mitnehmen

Hat das Kleinkind (unter zwei Jahren) einen eigenen Sitzplatz, muss es in einem zugelassenen Kinderrückhaltesystem sitzen – wie im Auto. Nicht alle Kindersitz-Modelle sind für eine Flugreise zugelassen, auch hier geben die Fluggesellschaften wieder im Internet Auskunft über die erlaubten Kinderrückhaltesysteme . Generell gilt: Die Sitze müssen in Europa, den USA oder Kanada für die Verwendung in Flugzeugen oder aber gemäß der UN-Norm ECE R 44/03 zugelassen und entsprechend mit Aufklebern gekennzeichnet sein. Wichtig ist, dass sie mit einem Beckengurt sicher befestigt werden können. Einfache Sitzschalen sind nicht erlaubt. Ist das Sitzmöbel nicht zugelassen, muss es entweder im Gepäckfach verstaut werden oder wandert als Gepäck in den Flugzeugbauch.
Für Säuglinge bieten viele Fluggesellschaften auf längeren Flügen Babykörbchen an, die an der Bordwand befestigt werden. Sie stehen allerdings nur in begrenzter Anzahl zur Verfügung und der Bedarf muss rechtzeitig angemeldet werden.
Die einzige Alternative zu Babyschale und Kindersitz ist der „Schlaufengurt“, den viele Airlines ausgeben. Dabei wird das Kind mit einem Zusatzgurt am Gurt eines Erwachsenen gesichert und muss bei eingeschalteten Anschnallzeichen auf dessen Schoß sitzen. Oftmals wird allerdings kritisiert, dass bei einem starken Bremsvorgang oder Turbulenzen das Kind in den Gurt gedrückt wird und dieser Verletzungen im Bauchbereich verursachen kann – eine Alternative ist jedoch nicht in Sicht.

fliegen mit kindern

Tipp Nr. 6: Buggy mitnehmen
Auf großen Flughäfen sind die Wege weit, und oftmals halten Kinder das notwendige Tempo nicht durch. Wer einen Buggy dabei hat, kommt schneller voran. Da tut es meist auch ein Billigmodell. An einigen deutschen Flughäfen kann der Buggy sogar bis zum Flugzeug mitgenommen werden und wandert erst an der Flugzeugtür in den Gepäckraum – am Ziel erhält man ihn meist auf dem Gepäckband wieder. Bei Umsteigeverbindungen informieren Sie sich am besten gleich beim Check-In, ob der Buggy am Transitflughafen zur Verfügung gestellt wird. Eine lustige Alternative zum Buggy ist übrigens ein Kinder-Rollenkoffer, der nicht nur Platz für Spielzeug bietet, sondern auf dem das Kind auch bequem durch das Terminal gezogen werden kann.

Tipp Nr. 7: Handgepäck richtig packen
Auch mit Kindern gelten die strengen EU-Handgepäcksvorschriften: Behältnisse für Flüssigkeiten dürfen maximal 100 ml fassen und müssen in einem wiederverschließbaren, durchsichtigen Plastikbeutel transportiert werden, der maximal einen Liter fasst. Ausgenommen hiervon sind Medikamente (mit Nachweis) und Kindernahrung. Das Babygläschen und die Thermoskanne mit heißem Wasser dürfen also im Handgepäck bleiben, auch die Nuckelflasche darf mit in die Kabine. Übrigens: Es wird erwartet, das auch für das Kind ein gültiger Ausweis vorliegt.
Auch wenn es in der Regel an Bord ein kleines Geschenk für die Kleinen gibt, sollte man natürlich zusätzlich an Kuscheltier, Lieblingsspielzeug oder andere Utensilien zur Bespaßung denken. Wolkengucken ist nämlich auf die Dauer auch irgendwann langweilig. Cockpitbesuche während des Fluges sind aus Sicherheitsgründen leider nicht mehr erlaubt – nach der Landung bietet sich aber meist die Gelegenheit, vorn im Führerhäuschen vorbeizuschauen. Natürlich nicht nur für die Kinder – Papa darf auch mal gucken.

Meht tolle Tipps zum Fliegen mit Kindern gibt es bei Béa auf ihrem Blog Tollabea.

 

helge Collage

Helge Zembold (35) kommt eigentlich aus der Lüneburger Heide, lebt aber seit nunmehr zehn Jahren in Ingolstadt und erfreut sich an seinem geduldeten Aufenthalt als „Saupreiß“ in Bayern. Mit einer einheimischen Schönheit hat er mit Anton (5) und Marie (7) zwei Mini-Bayern in die Welt gesetzt. Wenn es ihm zu viel wird, fliegt er einfach weg – das ist nämlich sein Job als Pilot bei einer großen deutschen Fluggesellschaft. Auch sonst hält ihn nicht viel am Boden, privat fliegt er nämlich auch noch Motor- und Segelflugzeuge und schreibt als freier Journalist darüber. Geerdet wird er höchstens durch Familie, Katze, Hund und Pferd.

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3 Kommentare

  • Reply Lisa 8. August 2016 at 9:41 am

    Ich bin heute auf deinen Blog gestoßen. Richtig toll. Danke, danke, danke für die vielen tollen Tipps fürs Fliegen. Wir fliegen in zwei Wochen mit unserer Madame (14 Monate) zum ersten Mal Langstrecke und bin echt gespannt, wie das so wird. Würdest du auch ein bestimmtes Spielzeug oder ähnliches empfehlen, wo die Kinder gut abgelenkt sind, das aber anderen Mitreisenden nicht auf die Nerven geht? Falls du Lust hast, freue ich mich, wenn du auch auf meinem Blog mal vorbei schaust und vielleicht deinen Senf dazu gibt’s.. Ich freue mich über jegliche Kritik 🙂

    Liebe Grüße,
    Lisa

    • Reply Helge 8. September 2016 at 8:45 pm

      Hi Lisa, hab leider deinen Kommentar zu spät gelesen, aber konnte deinem Blog entnehmen, dass der Hinflug schon mal ganz OK war 🙂 Ich wünsche dir, dass der Rückflug genauso entspannt wird… Liebe Grüße, Helge

  • Reply Rebecca 7. Januar 2017 at 10:31 am

    Danke für diesen Beitrag liebes! Ich fliege im Mai zum ersten Mal mit meinem Kind (2) und das auch noch alleine ohne Papa 🙂 ich hab jetzt schon weiche Knie 😀

    Liebe Grüße Rebecca

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