Leben mit Kindern

Warum norddeutsche Vornamen so beliebt sind: Kurz, knackig, frisch

5. August 2021
norddeutsche Vornamen

Sie wohnen nicht nur in Bremen oder Stralsund: Junge Eltern, die norddeutsche Vornamen – oder gern auch skandinavisch angehauchte – richtig klasse finden und ihre Kinder deshalb Fenja oder Jasper nennen. Der Namensforscher Knud Bielefeld aus Ahrensburg ist sich sogar sicher: „Vornamenstrends werden im Norden gemacht.“ Er hat herausgefunden, dass Namen, die noch vor zehn Jahren überwiegend in den norddeutschen Bundesländern gewählt wurden, heute in ganz Deutschland beliebt sind. Gastautorin Annemarie Lüning schreibt heute über die ungebrochene Beliebtheit nordischer Vornamen.

Norddeutsche Vornamen Jungen: Fiete

Zum Beispiel Fiete: Früher einmal handelte es sich dabei nur um einen Spitznamen für Männer und Jungen, die amtlich Friedrich hießen (Bedeutung: „Friede“ und „mächtig, reich“). In Mecklenburg-Vorpommern gehört die verkürzte Variante aber schon seit Jahren zu den häufigsten Jungennamen. „Über Schleswig-Holstein und Hamburg hat sich Fiete von Jahr zu Jahr im Rest Norddeutschlands ausgebreitet und ist nun dabei, sich auch in südlichen Bundesländern zu etablieren“, sagt Knud Bielefeld.

Dennoch reichte es bislang nicht für die bundesweiten Top Ten: 2020 landete Fiete auf Platz 68 der beliebtesten Jungennamen Deutschlands, in MeckPomm dagegen auf Platz 12. Der Charme, die Frische und „Knackigkeit“ der Nord-Namen überzeugen eben viele, aber längst nicht alle. Und das ist auch gut so: Eine bunt gemischte Namensliste in einer Schulklasse, von Aaliyah bis Zoë-Charlotte, ist doch etwas Feines, oder?

Gastautorin Annemarie Lüning mit Tochter und Hund

Alte norddeutsche Vornamen: Achtung unisex!

Wie Fiete sind viele Namen aus dem Norden niederdeutsche oder friesische Kurzformen, auf deren Ursprung man nicht immer gleich kommt. So leitet sich Gesa von Gertrud ab. Oder Tamme, wie der „XXL-Ostfriese“ Tamme Hanken: ein Kürzel von – na, wer hat sie schon jemals gehört?! – Dankmar oder Dankwart. Zwei Warnhinweise sollen hier aber auch gegeben werden: Im tiefsten Süden, wo Jungs eher ebenso schöne wie traditionelle Namen wie Josef, Korbinian oder Xaver tragen, können Jasper, Lasse oder Enno durchaus für Befremden sorgen.

Wenn Ihr dort lebt oder dorthin umziehen möchtet, gilt es das womöglich schon in der Schwangerschaft zu bedenken. Auch Frauen oder Mädchen namens Wiebke hören in diesen Breiten schon mal ein „Wiiieee heißt die?!“. Besondere Vorsicht ist bei alten friesischen Namen geboten, die von beiden Geschlechtern getragen werden können, zum Beispiel Eike. Mit einer eindeutigeren Endung je nach Geschlecht – Eika oder Eiko – macht Ihr es Eurem Umfeld (und Eurem Kind!) leichter. Auch der Name Hauke ist nicht ohne: Er wird überwiegend für Jungen gewählt, könnte aber schon durch die Nähe zu Frauke verwirren.

Nordische Namen und wo sie zu finden sind

Wer seine Suche nach dem allerschönsten Babynamen auf nordische, niederdeutsche, friesische oder „Skandi-Namen“ eingrenzen kann, ist auf jeden Fall schon mal ein gutes Stück weiter. Fundorte für tolle nordische Namen gibt es in großer Zahl. Viele Eltern lassen sich zum Beispiel von den Geschichten von Astrid Lindgren inspirieren, die sie in ihrer Kindheit geliebt haben. Sie nennen ihre Sprösslinge, nein, nicht Pippi, aber doch Bosse, Kalle, Michel oder Madita. Etwas „erwachsener“ kommen Namen wie Smilla oder auch Lisbeth daher – wenn man an die Figuren aus Skandi-Krimis denkt („Fräulein Smillas Gespür für Schnee“, „Verblendung“), durch die diese Namen einen Popularitäts-Schub bekommen haben.

Sportfans könnten auch beim Fußball, Wintersport und natürlich bei Olympia fündig werden. Wenn Euch demnächst die Anzeige zur Geburt eines kleinen Thijs, einer Malene (nur echt ohne r) oder gar einer Lærke (nur echt mit Sonderzeichen) ins Haus flattern sollte, dürften dänische Teilnehmer und Teilnehmerinnen bei den Sommerspielen in Tokio Pate gestanden haben.

Buchtipp norddeutsche Vornamen

Wer gern eine kompakt zusammengefasste Auswahl von Namen hätte, kann sich ja mal durch „So will ich heißen! Das norddeutsche Namensbuch“ schmökern, das ich zusammen mit Knud Bielefeld geschrieben habe. Es enthält viel Wissenswertes zu Herkunft, Bedeutung und Häufigkeit von 172 Jungen- und Mädchennamen von Arne bis Ylvi. Dazu kommen Interviews mit Eltern und den Trägern und Trägerinnen seltener Namen sowie Geschichten rund um etwas andere Namensfundorte wie das Ohnsorg-Theater oder friesische Grabsteine.

Und auch praktische Tipps, etwa dazu, wie man den perfekten Geschwisternamen findet. Müttern und Vätern, die sich beim Namen ihres Sohnes nicht zwischen diversen Schreibweisen entscheiden können – Jannik, Yannick oder Janic –, wird ebenfalls geholfen.

Die beliebtesten Namen des Nordens

Knud Bielefeld veröffentlicht auf seiner Website www.beliebte-vornamen.de jedes Jahr die von ihm ermittelten aktuellen Hitlisten der beliebtesten Jungennamen und der beliebtesten Mädchennamen Deutschlands. Auf Basis seiner Auswertungen haben wir auch die in „So will ich heißen!“ näher vorgestellten Namen ausgesucht: Es sind fast ausnahmslos Namen, die in den norddeutschen Bundesländern derzeit deutlich öfter gewählt werden als im restlichen Deutschland. Also auf jeden Fall Lieblinge junger Eltern und keine kuriosen Exoten.

Dazu gehören auch Namen, die von ihrem Ursprung her gar nicht nordisch sind (aber vielleicht so wirken?). Henry zum Beispiel. Besonders in Hamburg ist diese englische verkürzte Form von Heinrich (Bedeutung: „Hecke“ und „mächtig, reich“) sehr beliebt. Ein ähnlicher Fall ist der Mädchenname Merle (Bedeutung: Amsel), er hat englische, französische und lateinische Wurzeln. Fun Fact: Merle Robbins erfand 1971 das bekannte Kartenspiel Uno. Es handelt sich um einen „Er“, den Inhaber eines Frisörsalons in Milford/Ohio. In den USA ist Merle auch ein Männername!

Tipp: Im Blog beliebte-vornamen.de könnt Ihr Euch bei der Namenssuche für Euer Baby auch beraten lassen. Der Blog-Community macht das immer besonders viel Spaß.

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