Leben mit Kindern

Lockdown und Seelentief: Diese Mutter hört Musik und half sich selbst

13. April 2021

Die seelische Belastung im Lockdown wird immer stärker. Wie können wir uns selbst helfen, wenn im Alltag die Nerven blank liegen? Wie können wir Mütter jetzt im Lockdown gut auf uns achten?

Meine Gastautorin Nicole hört gerade intensiv Musik im Alltag, die sie emotional schnell in eine andere Stimmung bringen kann, wenn Homeoffice und Homeschooling mal wieder gleichzeitig auf sie einprasseln.

Musik war doch mal meine Leidenschaft, früher….

Clubbesuche, Barhopping und durchtanzte Nächte, das alles ist gegenwärtig nicht möglich – einerseits wegen Corona, andererseits für mich als Ü-40 Mutter mit fünfköpfiger Familie und einem Leben am Stadtrand. Die gute Nachricht jedoch: Musik kennt weder Grenzen, Begrenzungen noch Corona-Beschränkungen! Und so habe ich auf der Suche nach emotionalem Ausgleich im Lockdown meine Liebe zur Musik wiederentdeckt.

Aber von vorne… Irgendwie war das Musikhören in den letzten Jahren zu kurz gekommen – um nicht zu sagen im hektischen Alltag von mir als berufstätigen Mutter komplett unter gegangen. Klar hörte ich Musik, aber wirklich nicht bewusst oder gar in Ruhe und wenn, nur nebenbei: Ich folgte einer morgendlichen Radiosendung in der Küche beim Pausenbrote schmieren oder im Auto auf dem Weg ins Büro.

Hier konzentrierte ich mich jedoch meist mehr auf den Wetterbericht, um den Kindern die passende Kleidung für den Tag rauslegen zu können „Mama, brauche ich heute meine Regenjacke?“ oder folgte mehr oder weniger erfolgreich den Nachrichten, da ich -seit die Kinder auf der Welt sind- keine Zeit mehr zum Zeitung lesen gefunden hatte.

Auch bei der Hausarbeit lief hier und da Musik, aber permanent unterbrochen durch Staubsauger, Spülmaschine, Amazon Lieferungen und ein „Mama, mein Bruder hat mich geärgert!“ (im Wechsel mit „Schatz, hast Du meinen Schlüssel/ Handy/ Handschuh gesehen?“)  Tatsächlich gingen mein Mann und ich früher noch gelegentlich auf Konzerte aus – mit Oma auf der Couch. Aber wir reden hier von einmal im Jahr, wenn es hochkam und seit die der sog. „Risikogruppe“ angehört und Corona-bedingt seit einem Jahr kulturell nichts mehr stattfindet, fiel das eben auch weg.

Die Musik ist mein Seelenretterin in der Pandemie

Was also tun?  Welche Nischen kann man sich suchen? Welche Ablenkung -oder idealer noch welchen Ausgleich zum alltäglichen Wahnsinn mit Fünfen unter einem Dach kann ich finden? Nebst Gartenarbeit, Gesellschaftsspielen und Joggingprogramm habe Musik wieder- und neu entdeckt. Das Verrückte daran: Kaum eine Beschäftigung hat mir in der letzten Zeit so viel zurückgeben können, wie die mit Musik – und ich frage mich verwundert: Wie konnte ich das die vergangenen zehn Jahre nicht vermisst haben?

Musik kennt keine Corona-Beschränkungen

Musik Hören hat mir Mut gemacht, mich träumen lassen, meine Gedanken in eine Welt schweifen lassen, die ich physisch in Zeiten des Lockdowns nicht betreten konnte. Musik ist eine ebenso kontemplative Beschäftigung, wie für andere Stricken, Joggen oder Meditieren. Aus der Corona-Not heraus geboren (und übrigens unbedingt post-Corona- beibehalten wollend!), manchmal nicht wissend, wohin mit meinen Gefühlen nach einem ermüdenden Tag, lege ich mich abends aufs Bett oder in die Badewanne, im Sommer in die Hängematte. Ich mache bewusst Lieblingsmusik an, schließe die Augen. Ich beschäftige mich wochenweise mit ganzen Alben, wechselnden Bands. Ich google nach den Lyrics im Internet, singe heimlich die Refrains mit.

Ich entdecke alle meine Bands aus der Jugend wieder

Die Kinder im Bett wissend, kann ich dabei super entspannen. So konsultiere ich Musik als meinen Therapeuten nach schwierigen Tagen. So finde ich mich in Songtexten wieder, die mir Heilung geben, in Tönen, die Relief verschaffen, mich emotional abholen in diesen verrückten Zeiten. Mittlerweile höre ich nicht mehr nur altbekannte Bands („Mamas Roaring Twenties“ wie meine Kinder sagen), die vereinzelt analog noch auf verkratzten CDs im Wohnzimmerregal verstauben, sondern ich entdecke digital viele Künstler, die selbst mit Ü-40 noch meine Emotionen, Gedanken und Sorgen zu kennen scheinen!

Streamen, shazamen, Wohnzimmerkonzerte: Musik ist auch im Lockdown erreichbar

Wo und wie man die findet, dabei hat mir auch mein elfjähriger Sohn geholfen: Ich besitze mittlerweile ein eigenes YouTube Konto, bin begeisterte Nutzerin von Streamingdiensten wie spotify, habe mir hier eigene Playlisten und „Mamas Musikbibliotheken“ erstellt. Die Neuentdeckung von Musik, die im Radio läuft, geht ganz wunderbar mit meiner jüngsten Neuentdeckung, der Shazam- App. Das Prinzip ist verblüffend: Irgendwo läuft ein Song, der Dir gefällt? Einfach „shazamen“ und nach wenigen Sekunden sagt Dir Dein Smartphone, um welchen Interpreten und Songtitel es sich handelt.

Zudem folge ich Künstlerinnen und Künstlern auf Instagram, um auf dem Laufenden zu sein, was wann veröffentlicht wird. Ich höre Entspannungsmusik beim Arbeiten, schaue neue Formate wie „Wohnzimmerkonzerte“ auf YouTube. Ich folge mit einer digitalen Öffentlichkeit „Record Release Streaming Partys!“ oder nutze Mediatheken (bspw. arte), in denen sich oft diverse Portraits zu berühmten Musikern finden und legendäre Konzerte abrufbar sind.

Musik spricht die Emotionen an-und bringt mich zurück zu mir selbst

Musik ist für mich Bauchsache, sie spricht meine Instinkte an, verursachen Irrationalität. Genau das also, was im hektischen Corona- Alltag zu kurz kommt: Da bin ich ganz Kopfmensch, als Mama bin ich rational, handle und entscheide vernunftgeleitet. Musikhören ist Besinnen, hilft mir, auf mich selbst zu konzentrieren, währen dich mich den Rest des Tages hintenanstelle, den Bedürfnissen der Kinder unterordne.

Diese intensive, kontemplative Beschäftigung mit der Musikszene möchte ich unbedingt für die Zeit nach Corona „retten“. Bis es soweit ist, tanze ich im Schlafzimmer und summe im Auto. Halte die Haarbürste als Mikro und bewege mich mit zugezogenen Vorhängen vorm Spiegel. Denn letztlich ist es doch so: Die Wiederentdeckung meiner Liebe zur Musik beinhaltet auch eine Wiederentdeckung meiner selbst.

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