Leben mit Kindern

Diese Mutter sagt: Ich habe keinen Bock mehr auf Vorwürfe!

7. November 2017
Autostadt mit Kindern

Sobald man Mutter wird, muss man sich an eins gewöhnen (neben Schlafentzug und Chaos im Leben): Man wird be- und verurteilt werden in dem was man als Mutter tut, meistens geschieht es unverlangt und im Vorwurfston und andere Frauen (und Mütter) sind oft leider am schlimmsten. Meistens immer auch dann, wenn man gerade super viele Bälle in der Luft hat und kaum weiß, wie man alles wieder schaffen soll. (also immer?)

Meine Gastautorin Marie-Luise reicht es mit den Schuldzuweisungen, egal ob offen, subtil oder freundlich, aber passiv-aggressiv. Hier ist ihre Geschichte, ihr kennt das. Eigentlich eine Lappalie, aber so bezeichnend, wie mit Müttern immer gerne geredet wird.

Müttern Vorwürfe machen: Lieber dramatisieren als locker bleiben

Es war mal wieder eine anstrengende Woche. Tausend Dinge zu tun, an Termine zu denken, arbeiten „und wir haben übrigens keine Milch mehr, kannst du die kurz…“ Ja, genau. Ich brachte meine Tochter morgens zum Kindergarten. Als ich mich verabschiedete, hielt mich die Erzieherin zurück.

„Und hat Charlotte eigentlich noch was zum Ausflug gestern erzählt?“

„Nein, nur, dass es ihr Spaß gemacht hat, war wohl ein toller Ausflug zum Töpfern!“

„Ich muss Ihnen sagen, ich war ja so ENTSETZT. (Kunstpause, Luft holen) Wie haben sie denn ihre Tochter ANGEZOGEN? Das geht doch nicht!“

„Ähmmm….?

„Na, also es war doch so kalt und es hat geregnet und sie hatte nur so ein Kleidchen und so Schühchen an!“

„Ach so, ja ich hatte vergessen, dass der Ausflug gestern war, ich dachte er wäre heute.“

Manchmal darf man als Mutter mal etwas vergessen, oder? Ich hatte das wirklich vergessen und meiner Tochter erlaubt anzuziehen, was sie wollte. Also kamen wir in Ballerinas und Glitzer-Kleid gut gelaunt in den Kindergarten.

„Mir tat die ARME Kleine ja so leid, sie hat soooo schlimm gefroren, wir mussten ihr Kleidung LEIHEN.“ (freundlich-vorwurfsvoll-trauriger Gesichtsausdruck)

Okay. Verstanden. Meine Tochter ist arm dran und da kann man ja auch sehr entsetzt sein…..What?

Ich war so baff, mir ist gar nicht eingefallen, meine Erklärung noch einmal zu geben oder mal nachzufragen, warum ich das Wetter und evtl. Wetterschwankungen vorhersehen sollte. Oder warum der Kindergarten nicht mal vorher sagen könnte, dass sie den Weg zur Töpferei zu Fuß gehen wollten. Oder warum das eigentlich alles gerade so schlimm sein sollte.

Aber es ging nur noch  weiter.

„Wir sind ja durch Gartenanlagen gegangen und das alles OHNE Gummistiefel, ihre arme Tochter. Da müssen sie das nächste Mal bitte dran denken, ich wollte das nur mal sagen.“

Warum wird uns Müttern gegenüber so gerne die Vorwurfskeule ausgepackt?

Nur mal so sagen. Warum wollen alle immer alles „nur mal so sagen“? Mit welchem Recht reden die Leute so? „Entsetzt“, „Ihre arme Tochter“. Und würden sie das auch den Vätern mal nur mal so sagen, in diesem Ton? Wir müssen an alles denken und wenn wir es mal nicht tun, habe ich noch nie erlebt, dass mal irgendeiner gesagt hätte: „Ach, naja, ist ja nicht so schlimm, hatten ja alle doch ihren Spaß.“

Ach, ich habe das so satt. Immer funktionieren, immer zuständig sein, für alles.

„Nicht so persönlich nehmen“, riet mir der Vater des Kindes. Aha. Klar, das wäre klüger. Geht aber nicht als Mutter. Weil wir schon zigmal in diesen Situationen waren, mit unseren Babys in der Krabbelgruppe, mit den Lehrern in der Schule, mit der Nachbarin. Es nervt so unglaublich und ich werde immer wütender in solchen Situationen. Auch, weil man uns ja meistens „kriegt“ mit diesen Ansprachen. „Oh Gott, ich habe es (mal wieder) vergessen“, „Sie hat ja recht“, „Ich habs vermasselt“. Klappt ja PRIMA, die Vorwurfskeule. Weil wir uns auch jeden Schuh anziehen.

Dieses Kleinteilige beim Leben mit Kindern, dieses Aufregen über Lappalien, wo man dann doch immer hereingezogen wird, das macht mich zusehends mürbe. Aber ich weiß auch nicht, wie da man da rauskommt. Ich würde gerne weniger drin stecken, dann fiele mir die väterlich-coole Perspektive sicher leichter.

Abends fragte ich meine Tochter noch mal, wie der Ausflug war. „Die Frau in der Töpferei hat gesagt, wie hübsch mein Kleid aussieht! Das war suuper!“

Vielleicht hätte die Erzieherin ja erst mal meine Tochter fragen können, ob es ein Problem gibt, aber dann hätte man mir natürlich nicht ein schlechtes Gewissen machen können. Eine ganz ähnliche Erfahrung hat übrigens meine Kollegin Katharina von Stadt Land Mama gemacht

Wie reagiert Ihr in solchen Situationen? Cool bleiben, baff dastehen oder auch mal zurück pfeffern?

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15 Kommentare

  • Reply Julia 7. November 2017 at 11:36 am

    Bravo! Ich habe auch keinen Bock mehr auf Vorwürfe! Als letztens die Erzieherin sagte, dass wir ja immer so spät dran wären, habe ich ihr gesagt: „Wissen Sie was, ich bin überfordert.“ Da hat sie ganz erschrocken geguckt und gefragt, was denn los sei. Darauf sagte ich, dass garnichts besonders los sei, nur der übliche Wahnsinn… Ich muss nämlich alleine zwei Kinder (3 und 5) fertig machen und auch mich selbst. Wir müssen zum Kiga und zur Arbeit, vorher anziehen (und zwar nur das und bloß nicht das und das ist noch nicht gewaschen und die Hose ist blöd und ich will ein Kleiiiiiid…), frühstücken bzw. Brote schmieren, Obst einpacken, an Snacks denken (den Joghurt will ich aber nicht, Du sollst einen anderen einpacken!) und auch an Wechselsachen denken und oh!, 15 Euro noch für die Bastelkasse und dann Zähne putzen (ich komme gleich, muss nur noch die Puppe füttern und ich den Kopf vom Lego-Männchen suchen…) und dann Jacken und Schuhe anziehen und dann aber ab die Post zum Auto,sonst sind wir zu spät dran… Das Ende vom Lied war, dass sich die erschrockene Erzieherin entschuldigte und sagte, dass wir ja auch nicht immer so spät dran wären und dass sie sich vorstellen kann, dass es morgens turbulent zugeht zuhause, bevor alle aus dem Haus sind… JA! Danke, für ihr Verständnis! Und übrigens, gebe ich jeden morgen mein Bestes, damit wir alle heil, angezogen, gut versorgt und pünktlich im Kindergarten ankommen! Wirklich!

  • Reply Frau Mutter 7. November 2017 at 2:23 pm

    Liebe Julia, danke für Deinen ausführlichen Kommentar, das ist ja auch eine gute Geschichte und so fühlen sihc ja so viele von uns.
    alles Gute für das Wuppen des Alltags weiterhin Nina/Frau Mutter

    • Reply Julia 8. November 2017 at 10:34 am

      Danke für Deine Wünsche, Nina! Ich lese regelmäßig Deinen Blog und finde ihn super, besonders, weil er mich oft zum Lachen bringt und ich sehr gerne lache! Freue mich auf weitere Artikel und wünsche Dir auch Alles Gute und mach weiter so!

  • Reply Sonja 8. November 2017 at 9:11 am

    Natürlich kenne ich das auch… Am schlimmsten finde ich, wenn es nicht um Kleinigkeiten geht, sondern um Lebensentwürfe – also zum Beispiel wie ich denn nach einem Jahr wieder arbeiten kann oder dass wir doch kein so großes Auto brauchen mit einem Kind (äh ja aber beide Omas sollen mitkommen können in den Urlaub und die beiden Onkels auch, wenn wir den Opa in der Provence besuchen). Und nein, ich rechtfertige mich inzwischen nicht mehr.

    Einmal wurden wir von ex Kollegen meines Mannes gefragt, wer dann eigentlich bei unserer Tochter ist, wenn ich arbeite ginge? Dann hab ich nur gemeint, dass sie natürlich daheim bleibt und schon mal die Wäsche macht und durchsaugt bis wir von der Arbeit kommen

  • Reply Schokominza 8. November 2017 at 1:42 pm

    Ich kann zum Glück immer auf den Papa verweisen. Der ist morgens zuständig und macht manchmal ziemlich Quatsch. Da nörgel ich auch rum, obwohl er keine Frau ist :-p Aber ab davon gebe dir völlig recht: Jeder sollte alles ein bisschen entspannter sehen; es findet sich ja doch meistens eine Lösung.

  • Reply Nicole 8. November 2017 at 1:55 pm

    Ach vielen dank für diesen Text es ist wunderbar das man nicht allein damit ist kicher.
    Gerade heute in der Kita gehabt so ein Ähnliches Thema. Leider zweifel ich dann immer an mir selber was ich den faslch gemacht habe. 🙁 sehr schwierig sich da auch immer nicht bequatschen zu lassen und die Erziher oder sonst wer wissen es ja auich nicht immer besser.

  • Reply Jenny 9. November 2017 at 2:55 pm

    1.traut sich keine
    2.zieh ich mir den Schuh nicht an
    Fäätich!

  • Reply Sandy 9. November 2017 at 5:19 pm

    Deinem Grundgedanken und auch deinem Gefühl kann ich bedingungslos zustimmen. Auch ich finde es perfide wie sich insbesondere Mütter untereinander aber auch Menschen im ganz Allgemeinen gegenüber Eltern Verhalten, das Leben schwer machen, sich ungefragt einmischen, unwissend urteilen und verurteilen. Allerdings finde ich dein Beispiel dafür sehr unpassend. Ich verstehe es einfach mal als Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte aber ich muss sagen, ich finde es nicht nur richtig, sondern auch wichtig, dass die Erzieherin in diesem Fall auf dich zugekommen ist (die Art und Weise und der Ton sei mal dahingestellt). Ein Kind bei kaltem Wetter unpassend anzuziehen, sodass es dann bei einem Ausflug friert finde ich auch nicht in Ordnung und sollte -finde ich- angesprochen werden. Denn am Ende geht es um das Kind und sein Wohlbefinden und nicht um deine Befindlichkeit von anderen bevormundet zu werden. Das sollte meiner Meinung nach abgewogen werden. Da die Erzieher eine gewisse Verantwortlichkeit haben, finde ich ihr Verhalten richtig und für das, was du mitteilen wolltest ein falsches Beispiel. Mir tut hier mehr das Kind leid als du als Mutter die sich wieder mal rechtfertigen muss. Wobei ich wie gesagt deinen Grundgedanken und deine Gefühle sehr gut verstehen und nachvollziehen kann

  • Reply Aurora.borealis 20. Dezember 2017 at 12:57 pm

    Danke Danke Danke. Ich bin so froh, das gelesen zu haben. Ich hab mich mit meinem Baby heute mal ins Schwimmbad getraut. Das erste Mal,
    Um abzuschätzen, ob sich ein babyschwimmkurs lohnt. Ich hab alles doppelt und dreifach eingepackt, im Schwimmbad vorher angerufen, um zu fragen,ob gewöhnlich viel los sei, um Überforderung zu vermeiden und und und. Was soll man sagen: es hat ihm nicht gefallen. Er hat sich immer schnell beruhigt, aber sobald die Füßchen im Wasser waren: keine Chance. Ihm war nicht kalt und auch gab es sonst keine Probleme. Er mag einfach kein Wasser und Schluss. Eine Rentnerin konnte ihren missbilgenden blick und das kopfschütteln nicht unterdrücken, obwohl ich ihn behutsam ganz nah bei mir hatte und ihn vorsichtig mit dem Wasser in Berührung kommen lies. Nachdem ich es dann aufgegeben hatte, konnte ich es nicht lassen und habe sie drauf angesprochen. Dass mich das stört und ich das sehr unhöflich finde. Die Reaktion könnt ihr euch ja vorstellen. Es mündete in: na ihr jungen Leute wisst ja eh alles besser. Ja ich denke schon. Denn mit so einer verkappten Ansicht über Erziehung und Kinder, ist es kein Wunder dass sie nur kopfschüttelnd alleine am Vormittag im Wasser rumtollt. Glücklicherweise war die Auseinandersetzung so peinlich für sie, dass sie genauso wie ich keinen schönen entspannten schwimmbadaufenthalt genießen konnte.

  • Reply Anonym 6. Januar 2018 at 8:17 am

    Auch auf die Gefahr hin mich unbeliebt zu machen: Die Erzieher machen auch nur ihren Job und sind verpflichtet, auf solche Dinge hinzuweisen. Natürlich könnte das etwas sachlicher ablaufen und ohne Keule! Aber viele junge Erzueher haben noch keine eigenen Kinder und können sich somit nur auf ihr pädagogisches Wissen stützen, nicht aber auf eigene Erfahrungen mit Kind. Kennen wir es nicht alle aus der Zeit vor unseren Kindern? Also ich neigte da als Frau (und übrigens auch als Erzieherin) auch schnell zu solchen Aussagen. Ich denke etwas mehr Gelassenhejt auf allen Seiten könnte hier helfen.

  • Reply claudia 29. Januar 2018 at 9:39 pm

    schöner Beitrag. kenn ich. das wichtigste ist, dass meine Tochter glücklich ist, alles andere ist mir egal, auch was andere Menschen meinen.

  • Reply Marina 20. Mai 2018 at 9:15 am

    Wir hatten immer Gummistiefel im Kindergarten, die in den Ferien mit nach Hause genommen wurden. Ebenso wie Matschhose. Ein Tag vor den Ausflügen gab es immer eine schriftliche Erinnerungen schlechtes Gewissen lass ich mir seit Jahren nicht mehr machen.

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