Leben mit Kindern

Die #PROPARENTS Initiative:“Nach der Elternzeit kommt es oft zu Kündigungen“

27. Mai 2021
Proparents Initiative

Wenn wir eines in den letzten anderthalb Jahren nochmal deutlich vor Augen geführt bekamen, dann das: Familien gelten in diesem Land nicht besonders viel. Während Eltern sich zwischen Arbeitgeber und Homeschooling aufrieben, gab es von den Politikern die Ansage, dass dies alles doch machbar sei. In der öffentlichen Diskussion wurde uns, besonders uns Müttern, Jammern vorgeworfen. Das ist alles nichts Neues, aber es reicht auch irgendwann. Meine kluge und erfolgreiche Bloggerkollegin Sandra Runge, die als Arbeitsrechtlerin viele diskriminierte Eltern vertritt,  wurde aktiv. Sie rief im letzten Jahr die sehr erfolgreiche #PROPARENTS Initiative ins Leben, um für berufstätige Eltern gleiche Chancen zu erkämpfen. Es geht darum, das Diskriminierungsmerkmal „Elternschaft“ ins Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) aufzunehmen. Warum das so wichtig insbesondere auch für Väter ist, lest Ihr hier!

Knapp 37.000 Mütter und Väter haben ihre Petition bereits unterzeichnet, ich natürlich auch. Macht auch mit, damit wir Erfolg haben!

Warum gibt es die Initiative #PROPARENTS?

Warum ist es so wichtig, dass im AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) das Diskriminierungsmerkmal „Elternschaft“ aufgenommen wird?

Wir haben aktuell leider eine Schutzlücke. Benachteiligungen von Eltern werden aktuell nur über das Merkmal „Geschlecht“ erfasst. Das greift in zeitlicher und sachlicher Hinsicht zu kurz. Zum einen weil der Zeitraum Elternzeit ausgeklammert ist und zum anderen weil Väter in dem Gesetz nicht mitgedacht werden.

Warum ist dabei die „Beweislastumkehr“ so wichtig?

Diskriminierungsfälle sind in der Praxis oftmals nur sehr schwer zu beweisen, daher gilt in unserem Antidiskriminierungsgesetz eine besondere Regelung: wenn es ein Indiz für eine Diskriminierung gibt , muss die Gegenseite (also in vielen Fällen der Arbeitgeber*in) beweisen, dass er nicht diskriminiert hat. Das erleichtert beispielsweise die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen.

Wann werden Eltern im Beruf diskriminiert?

Zeitlich beginnt es bereits oft bei Offenbarung einer Schwangerschaft, viele Mütter werden sofort aufs Abstellgleis gestellt, indem ihnen Verantwortung entzogen wird, z.B. in dem sie gegen ihren Willen in Beschäftigungsverbot gedrängt werden. Ein besonders sensibler Zeitpunkt ist der Zeitraum des Wiedereinstiegs nach der Elternzeit. Hier kommt es oft zu Degradierungen, Kündigungen und Aufhebungsverträgen. Teilzeitwünsche werden aus ungerechtfertigten Gründen abgelehnt. Aber auch dann, wenn die Kinder älter sind, kommt es oft zu Benachteiligungen oder abfälligen Bemerkungen – z.B. dann, wenn das Kind sehr oft oder langfristig krank ist, oder wenn die Betreuungseinrichtungen geschlossen haben, z.B. aufgrund einer Quarantäne oder bei Streiks.

Immer mehr Väter werden diskriminiert

Du bist Anwältin für Arbeitsrecht, kommen mehr Mütter oder Väter in Deine Kanzlei? 

Es sind hauptsächlich Mütter, die zu mir kommen, interessanterweise sind es aber auch immer mehr Väter. Ich denke, dass das ein Trend ist, der sich in den kommenden Jahren fortsetzen wird. Väter wollen inzwischen immer mehr Fürsorgearbeit übernehmen, aber leider stoßen eine längere Elternzeit oder Teilzeitwünsche nicht unbedingt auf Gegenliebe beim Arbeitgeber.

Mütter werden oft schon im Bewerbungsprozess diskriminiert. Würde eine Anpassung des AGG auch hier wirken? 

In vielen Fällen sind Müttern schon über das Merkmal Geschlecht geschützt, aber eben nicht in allen. Ich habe mal von einem Fall gehört, dass eine Mutter eine Jobabsage erhalten hat, weil sie die Arbeit in einer Sozialeinrichtung nicht machen könne, da sie das aufgrund ihrer Mutter/Elterneigenschaft emotional nicht verkraften würde. Da auch Väter Eltern sind, muss hier nicht zwingende eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vorliegen, schließlich hätte der Arbeitgeber das Gleiche auch zu einem Vater sagen können – mit der Folge dass das AGG nicht anwendbar wäre. Daher brauchen wir ein Diskriminierungsmerkmal „Elternschaft“ – es ist einfach nicht mehr zeitgemäß die Diskriminierung von Eltern nur am Merkmal Geschlecht festzumachen.

Frauenquote? Mütterquote!

Was ist Deine Meinung zur Frauenquote und müsste es nicht auch eine Mütterquote geben?

Ich bin absolut für eine Frauenquote, weil ich es wichtig finde, dass Frauen viel stärker in der Wirtschaft vertreten sein sollten. Seit Jahren sprechen wir über das Thema Gleichstellung, aber verändert hat sich in den Chefetagen kaum etwas, daher braucht es unbedingt einen Schubs. Wir brauchen Gesetze, wie z.B. die Frauenquote als Motoren für Veränderungen, gerade in Zeiten, in denen überholte Rollenbilder immer noch fest etabliert sind.

Eine Mütterquote, bzw. eine Elternquote fände ich toll, nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in der Politik, bzw. bei Parteien – damit die Bedürfnisse von Eltern bei Entscheidungen mitgedacht werden. Das fällt Entscheider*innen viel leichter , wenn sie selbst in der Situation waren und wissen wie es sich anfühlt, wenn man bei der Arbeit den Stift fallen lassen muss, weil das Kind krank ist.

In beiden Lockdowns wurden Eltern massiv benachteiligt. Für eine breiten Aufschrei fehlte es uns wohl schlicht an Energie. Wie könnten wir Eltern uns generell besser organisieren und Lobbyarbeit für uns machen?

Das ist tatsächlich tragisch. Gerade jetzt, in einer Zeit, in der wir alle erschöpft und gesundheitlich angeschlagen sind, ist es so wichtig, dass wir Eltern laut werden und immer wieder unsere Bedürfnisse einfordern. Ein guter Weg ist, Mitglied von Verbänden zu werden, die familienpolitische Interessen vertreten, bei Aktionen wie z.B. #11Millionenstimmen mitzumachen, oder Petitionen zu unterschreiben, wie zum Beispiel unsere Petition gegen Elterndiskriminierung.

Liebe Sandra, Respekt für Deine Arbeit und weiterhin viel Erfolg!

Foto: Manu Wolf

Frau Mutter folgen

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