Leben mit Kindern

Als einziger Vater im PEKip Kurs: gleichberechtigt oder seltsam?

31. Januar 2019

Als einziger Vater im PEKip Kurs. Das Väter hier und da mal zum Babyschwimmen gehen ist heute bestimmt Normalität geworden. Als einziger Vater (der die Elternzeit nimmt) den ganzen PEKiP-Kurs zu bestreiten, umgeben von stillenden Müttern, das war vor 12 Jahren sicher noch exotisch. Heute erzählt Arne, der in seiner Familie den Part des „Familienmanagers“ übernommen hat, wie das für ihn war, ob er andere Mama-Freundinnen gefunden hat (ja, die hübscheste!) und wie er als einziger Vater und all den Müttern akzeptiert wurde.

Papa macht die volle Elternzeit…und das Mama-Programm

Als meine Fulltime-Elternzeit begann, war meine Tochter zwei Monate alt. Die ersten Wochen waren geradezu extrem aufregend, und ich mache gar keinen Hehl daraus, dass ich Angst hatte und mir tausend Fragen stellte, die alle im Kern auf dasselbe hinausliefen: Würde ich es schaffen? Schon bald wusste ich: Ja, warum auch nicht? Stillen, gut, das bekommen Frauen besser hin. Aber der Rest war wirklich kein Problem.

Mehr aus Neugierde als aus irgendeinem erzieherischen Motiv heraus meldete ich mich im September mit meiner vier Monate alten Tochter zu einem PEKiP-Kurs an. Im Jahr 2007 (und bei meinem dritten Kind und Kurs Anfang 2008) war ich allerdings der einzige Mann.

Werden die Frauen Bikini tragen und ich Badehose?

Und ich war gespannt darauf, auf was für Mütter ich stoßen würde. Würden sie mich akzeptieren in ihrem Kreis? Würden sie mit mir sprechen? Würde ich in einem solchen Kurs nur Esoterikmuttis kennen lernen? Würden sie Bikinis tragen und von mir erwarten, dass ich eine Badehose anziehe? Würden sie mich spüren lassen, dass in ihren Augen meine Frau eine Rabenmutter ist und ich ein Weichei?

Als einziger Vater im PEKip Kurs… Bammel wie am ersten Schultag!

Nein: Die Mütter… waren ziemlich cool. Ich erinnere mich nicht mal an einen irritierten Blick, als ich den Raum betrat. Und als es losging, war meine Anwesenheit sowieso kein Problem mehr. Das lag wahrscheinlich auch daran, dass ich bei der Vorstellrunde gesagt habe, dass meine Tochter bereits mein zweites Kind sei und außerdem – Eigenlob stinkt, ich weiß – konnte ich „das“ einfach mit meiner Tochter.

Sie fiel mir nicht aus dem Arm. Sie trank ruhig, eben nur nicht aus meiner Brust. Ich konnte sie an- und ausziehen und die Windeln wechseln, und das alles machte ich nicht besser, aber eben auch nicht schlechter als die Mütter, die schon beim zweiten Treffen in meiner Gegenwart fröhlich stillten. „Das wird Arne schon verkraften“, sagte eine, und alle lachten.

Ein Vater unter Mamas

Es lachten auch alle, als ich einmal zu spät kam und mich mit den Worten „Ich habe die Milch vergessen, das wäre euch nicht passiert“ entschuldigte. Ich bin immer gern zum PEKIP-Kurs gegangen. Es war herrlich zu beobachten, wie die Babys sich nackt auf dem Boden wälzten – das eine pinkelte immer mindestens einmal alles voll –, und wie wir am Rand saßen und uns über alles Mögliche unterhielten. Kann sein, dass die Gespräche anders gelaufen wären, wenn ich nicht dabei gewesen wäre. Aber ich hatte nie den Eindruck, dass die Mütter sich an meiner Anwesenheit störten. Ich wurde auch zu den Treffen eingeladen, und ich ging immer hin. Einmal trafen wir uns bei mir, und es kamen alle.

Testosteron- Alert: Die hübscheste Mama wird meine „Freundin“

Meine Frau hat nur eine einzige der Mütter kennengelernt: Diejenige, mit der ich mich anfreundete. Und, Achtung!, jetzt kommt das Männerding, und darüber hätte ich gern mit einem anderen Vollzeitpapa philosophiert, die es leider nirgendwo gab: Ich frage mich nämlich bis heute, ob sie es wurde, weil sie in meinen Augen am besten aussah und ich mich deshalb besonders um sie bemühte. Das wäre dann typisch männlich und meinetwegen auch typisch dämlich.

Dagegen spricht, dass unsere Töchter fast am selben Tag geboren wurden, dass unsere Töchter die ersten waren, die plötzlich im Raum standen, dass sie in Deutschland geborene Französin war und wir allein dadurch viele Gesprächsthemen hatten. (Ich bin Französischlehrer und habe sogar einen Roman über den französischen Schriftsteller Maupassant geschrieben.)

Und dann kommt die Frage nach der „Rabenmutter“…..

Natürlich stellte sie schon bald die Frage, die ich oft in jener Zeit zu hören bekam:

„Vermisst denn deine Frau ihre Tochter nicht? Sie ist ja schließlich nur einmal ein Baby.“

Und ich weiß nicht, ob ich die Gegenfrage stellte, wie es denn bei ihrem Mann aussehe. Ob er denn nicht seine Tochter vermisse. Sie sei ja schließlich nur einmal ein Baby. Ich glaube nicht. Ich wollte damals nicht streiten, vor allem nicht mit anderen Müttern. Deshalb sagte ich vermutlich:„Na klar vermisst sie ihre Tochter!“

Was auch stimmte. Aber sie hatte nun mal einen besseren Job als ich, und meine Bücher waren damals noch nicht mal veröffentlicht.

Meine Frau war in jener Zeit nicht gerade begeistert davon, dass ich eine Freundin gefunden hatte, aber letztendlich akzeptierte sie es genauso wie ich akzeptierte, dass sie ständig etwas mit männlichen Kollegen zu tun hatte.

Inzwischen liegt meine Elternzeit zehn Jahre zurück. Es war, und das meine ich auch so, das schönste Jahr meines Lebens. Seitdem stelle ich mir regelmäßig zwei Fragen: Lag das vielleicht auch daran, dass ich derart bewusst diese Zeit erlebte? Dass ich es als Luxus empfand, als Mann etwas tun zu dürfen, was viele Männer gar nicht wollen?

Mehr über den Autor Arne Ulbricht

In „Mama ist auf Dienstreise“ erzählt Arne Ulbricht nicht nur von PEKIP-Kursen, sondern auch davon, wie seine Frau am Flughafen der Security auf Englisch erklären musste, wofür man eine Abpumpmaschine braucht.
In seinem Erzählband Vatertag! geht es um ganz unterschiedliche Väter. Auf Lesungen liest er mit seinem Sohn die Geschichte LoL, in der ein Vater versucht ein Computerspiel zu verstehen (und süchtig danach wird), und mit seiner Tochter die Geschichte In der Boulderhalle, in der ein Vater für seine Tochter Wände hochklettert (und stürzt).
Mehr über Arne Ulbricht und seine Bücher unter www.arneulbricht.de

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Fotos: Pixabay und © Arne Ulbricht

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