Gastbeiträge

Die Regenbogen-Familie: Warum Wolke vier nicht genug ist

12. November 2015

In langen Beziehungen kann man nicht immer verknallt sein wie am ersten Tag. Wenn man von Wolke sieben aber schon für längere Zeit abgerutscht ist, lohnt sich das „Aushalten“? Man hat doch nur ein Leben! Oder ist das einfach der Lauf der Dinge und realistisch? Meine Gastautorin Bianka schreibt heute darüber, dass „Wolke vier“ nicht genug für sie war und sie es für sich und ihren Partner unfair fand, auszuhalten…

……

Ich sitze im Auto und das Radio dudelt vor sich hin, wie das eben ist mit einem Radio im Auto. Der Beat gefällt mir und ich fange an mit zu summen. Dann drängt sich mir der Text ins Bewusstsein:

„Lieber Wolke vier mit Dir, als unten wieder ganz allein.“

Die Synapsen in meinem Hirn fangen an zu arbeiten. Was soll das denn bitte für ein Text sein? Lieber Wolke vier mit Dir, als unten wieder ganz allein? Ich fange an nachzudenken und den Text zu zerlegen. Singt der da grade echt, man soll sich mit mittelglücklich zufrieden geben? Alles in mir schreit auf. Mittelglücklich ist nicht das, was ich sein möchte. Klar, nee, ich will auch nicht unglücklich sein, aber lieber mit irgendwem mittelglücklich als alleine? Hmpf…

Wolke vier, da war ich auch mal. Wir waren von Wolke sieben dahin abgerutscht, naja, ich zumindest. Ich war nur noch mittelglücklich. Vielleicht ist das einfach so, nach so langer Zeit, habe ich mir eingeredet. Anderen Paaren geht das auch so. Man kann nun mal nicht immer auf Wolke sieben sein in einer langfristigen Beziehung. Sogar die Wissenschaft sagt, dass sich die Liebe und das Glücksgefühl im Lauf einer Beziehung verändern. Man will ja auch nicht gleich „aufgeben“.

Und trotzdem… „Lieber Wolke vier mit Dir, als unten wieder ganz allein“ klingt es weiter aus dem Radio und ich denke, dass das ja auch nicht nett ist dem Menschen gegenüber, mit dem man auf Wolke vier ist. In dem Text steckt ja auch drin, dass man mit diesem Menschen nur mittelglücklich ist, aber bei ihm bleibt, weil man nicht alleine sein will. Sehr unfair irgendwie. Man gönnt weder sich noch dem anderen das richtige Glück, sondern bleibt irgendwie so mittelglücklich zusammen, weil das besser ist, als unterhalb sämtlicher Wolken ganz alleine zu sein.

Ich summe immer noch mit, weil ich den Beat super finde, aber dieser Text lässt mich nachdenklich zurück. Ich finde, es hat jede und jeder das Recht darauf, wirklich glücklich zu sein. Mit Wolke vier sollte man sich nicht zufriedengeben. Nicht auf Dauer. Phasen, in denen man von Wolke sieben ein wenig abrutscht, hat wohl jede Beziehung. Aber wenn man permanent auf Wolke vier bleibt… Das heißt jetzt nicht, dass man vorschnell aufgeben soll, aber man sollte sich auch nicht die Chance auf umfassendes Glücklichsein nehmen. Sich selbst nicht und dem Menschen, mit dem man auf Wolke vier verharrt, auch nicht.

Die Regenbogen Familie auf Wolke sieben

Ja, ich hab da leicht reden. Ich sitze auf Wolke sieben, baumele mit den Beinen und lehne mich an meinen ganz persönlichen Regenbogen. Und grinse dabei dauerglücklich vor mich hin. Ich habe für mich herausgefunden, was ich brauche, um auch nach mehr als sechs Jahren auf Wolke sieben zu bleiben. Und ich hatte Glück und habe wohl genau die Person gefunden, mit der ich auch nach so langer Zeit nicht auf Wolke sechs oder tiefer abrutsche.

Der Umweg über „unten wieder ganz allein“ aus dem Liedtext hat sich gelohnt für mich. Auch wenn er mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt hat. Und das meine ich nicht nur bildlich gesprochen – wie sehr ich mein Leben umgekrempelt habe, hab ich ja letztes Mal hier schon erzählt.

Eigentlich muss ich froh sein, dass ich so lange auf Wolke vier war, denke ich und summe die letzten Töne mit. Ich wüsste sonst vielleicht gar nicht, was ich für ein Glück hab, jetzt auf Wolke sieben zu leben. Und vielleicht hätte ich sonst nie drüber nachgedacht, was mir fehlt. Ich hätte mittelglücklich vor mich hin gelebt. „Lieber Wolke vier mit Dir, als unten wieder ganz allein“, damit hab ich es nicht so. „Lieber unten ganz allein und rausfinden, was ich für Wolke sieben brauche“ kommt dem schon eher nahe, was ich fühle. Und dauerhaftes Glücklichsein fängt für mich damit an, dass man mit sich selber glücklich ist.

bianka

Bianka bloggt seit vielen Jahren – mehr oder weniger regelmäßig – über Attachment Parenting und auch sonst so hier und da im Netz. Sie ist nicht nur dreifache Mutter und Bloggerin, sondern auch noch Autorin, Lektorin, Übersetzerin und Social Media Managerin – eben ein richtiger Tausendsassa. Und lebt – ganz spießig mit Haus und Garten in einem winzigen Dorf – in einer Regenbogen-Patchwork-Familie.

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