Gastbeiträge

Nikolaus, Krampus, Weihnachtsmann. Hilfe, wer ist das alles eigentlich?

6. Dezember 2016

Heute zum Nikolaus-Tag schreibt Gastautor Helge darüber, wie verwirrt er ob der vielen Weihnachtsbräuche ist, die noch dazu in Nord-und Süddeutschland stark variieren und teilweise auch andere Namen und Bezeichnungen haben. Wenn ich ganz ehrlich bin, weiß ich auch nicht allzu viel darüber, woher dieser Nikolaus eigentlich genau kommt. Und Ihr?

Nikolaus- ich kenn mich nicht mehr aus

Ach, was war das früher alles einfach als Kind im niedersächsischen Flachland: Am sechsten Dezember kam der Nikolaus und hat den penibel geputzten Stiefel vor der Zimmertür gefüllt, am 24. Dezember legte der Weihnachtsmann Geschenke unter den Baum. Ich habe die beiden Herren nie gesehen, war mir aber ihrer Existenz gewiss und angesichts der Ausbeute meist äußerst zufrieden.

Heute jedoch, als Bewohner der bayrischen Tiefebene, beginne ich zu zweifeln: Macht der Norddeutsche sich das Leben zur Weihnachtszeit nicht etwas zu einfach? Werden dort vielleicht sogar gezielt Minderheiten diskriminiert, ihre Existenz geleugnet? Von Krampus und Christkind hatte ich zumindest nie zuvor gehört. Doch auch im Süden wird selektiert: Der Weihnachtsmann wird als Ausgeburt des amerikanischen Coca-Cola-Kapitalismus diffamiert, Knecht Ruprecht fristet ein kümmerliches Dasein. Was ist da los im Winterwunderland?

Fangen wir am 6. Dezember an: Es ist Nikolaus-Tag, oder genauer: der Tag zum Gedenken an den Bischof Nikolaus von Myra, der diverse Wunder vollbracht haben soll. Das nächtliche Füllen eines Stiefels geht auf eine Legende von drei Jungfrauen zurück, die nachts vom heiligen Nikolaus beschenkt wurden. Spätestens hier beginnt die Verwirrung: Warum wird dann bitte in einem bekannten Kinderlied „der Teller“ rausgestellt, während ich Zeit meiner Kindheit meine Gummistiefel vor die Zimmertür gestellt habe? Und warum klingelte in den letzten Jahren immer ein weißbärtiger Mann im roten Mantel an unserer Haustür, ließ sich Gedichte vortragen, hielt den Kindern predigten übers Artigsein und kassierte hinterher 40 Euro von mir? Wie ein Bischof sah der gute Mann wahrlich nicht aus.

Nikolaus, wer ist dieser Knecht Ruprecht aka Krampus?

Und wieder ist es die Kunst, die uns bei der weiteren Recherche stutzen lässt: Theodor Storm fabuliert in seinem Meisterwerk „Von drauß‘ vom Walde komm ich her“ von einem gewissen Knecht Ruprecht, der im Wald vom Christkind verfolgt wird. Laut Wikipedia ist Knecht Ruprecht aka „Krampus“ allerdings nur die rechte Hand vom Heiligen Nikolaus und eher für das Vermöbeln der unerzogenen Brut zuständig, wofür sich der heilige Mann wohl zu fein ist. Bei Storm hingegen übernimmt Ruprecht in Vertretung des Bischofs sowohl das Beschenken als auch das Verprügeln, und das alles mit dem Segen des Christkindes – skandalös.

Bitte bei einer Geschichte bleiben!

Am Heiligen Abend wird es nicht besser. Da wir Weihnachten dieses Jahr im Norden verbringen, muss vorher eine einheitliche Sprachregelung her: Bringt der Weihnachtsmann die Geschenke oder das Christkind? Oder doch nur Oma und Opa? Letzteres hoffen wir zumindest in diesem Jahr noch durch das Aufrechthalten der kindlichen Weihnachtsillusion zu verhindern, aber wer macht’s denn nun? Logischer wäre der Weihnachtsmann: Die Großeltern haben einen ordentlichen Kamin, da passt ein dicker Mann samt Geschenkesack gut durch, und da der Kamin kaum genutzt wird, ist auch die Verschmutzungsgefahr gering.

Und wie soll das alles funktionieren?

Bleibt noch die Frage der Logik: Wie bitte will es ein adipöser Mann mit einer ansehnlichen Last nicht gerade kleiner Geschenke schaffen, binnen 24 Stunden sämtliche Kinder dieser Welt adäquat zu beschenken und sich auch noch in diversen Haushalten mit Piepsstimme vorgetragene Gedichte anhören, ohne ständig auf die Uhr zu gucken, weil ja der nächste Haushalt wartet?
Das Christkind auf der anderen Seite soll dem Vernehmen nach durchs Schlüsselloch ins Wohnzimmer schlüpfen, um dort die Präsente zu platzieren. Wie ihm das gelingt, bleibt wohl für immer sein Geheimnis – wer wünscht sich nicht auch sehnlichst die Möglichkeit zur kurzfristigen Verschlankung?

Und auch nach Weihnachten hört die Verwirrung nicht auf – es erwartet uns folgendes Szenario: Kaum wieder zurück aus dem Norden, wird es bei uns klingeln und die Schwiegereltern stehen vor der Tür – mit Geschenken, die das Christkind angeblich bei ihnen abgegeben habe, weil wir ja nicht da waren. So weit, so gut – wäre da nicht die Tatsache, dass wir die Brut in der Vorweihnachtszeit großzügig mit dem beliebten Totschlag-Argument „Denk dran, das Christkind sieht alles“ bedacht haben und wir uns schon jetzt auf die Frage freuen, warum denn das Christkind, wenn es denn alles sieht und alles weiß, nicht einfach die Geschenke dorthin gebracht habe, wo die Kinder sind? Meine Antwort weiß ich jetzt schon: „Der Flieger war ausgebucht.“

Bei allem elterlichen Vorweihnachtsstress: Bitte noch nicht entzaubern!

Manchmal denke ich, es wäre besser, die Flunkereien zu beenden und reinen Tisch zu machen. Andererseits geht in der stressigen Weihnachtszeit ohnehin schon viel zu viel von der Besinnlichkeit verloren, an die ich mich noch aus meinen Kindertagen erinnere – der Glaube an Christkind oder Weihnachtsmann, völlig egal, erhält zumindest noch ein bisschen geheimnisvolle Atmosphäre. Ich fürchte, es ohnehin nur noch eine Frage der Zeit, bis sich das Weihnachtsfest für die Kleinen entzaubert.

 

Helge Zembold (35) kommt eigentlich aus der Lüneburger Heide, lebt aber seit nunmehr zehn Jahren in Ingolstadt und erfreut sich an seinem geduldeten Aufenthalt als „Saupreiß“ in Bayern. Mit einer einheimischen Schönheit hat er mit Anton (5) und Marie (7) zwei Mini-Bayern in die Welt gesetzt. Wenn es ihm zu viel wird, fliegt er einfach weg – das ist nämlich sein Job als Pilot bei einer großen deutschen Fluggesellschaft. Auch sonst hält ihn nicht viel am Boden, privat fliegt er nämlich auch noch Motor- und Segelflugzeuge und schreibt als freier Journalist darüber. Geerdet wird er höchstens durch Familie, Katze, Hund und Pferd.

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Foto: © gänseblümchen/PIXELIO

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1 Kommentar

  • Reply Gartenbuddelei 6. Dezember 2016 at 11:17 am

    Herrlich geschrieben – vielen Dank! Versüßt mir den Tag … und lässt mich eher nachdenklich zurück. Ich habe immer geglaubt, Weihnachtsmann und Christkind kommen zusammen – weil die Geschenke so schwer sind….
    LG Anja

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