Es gibt mehrere Anzeichen, dass man ein Kind in der Pubertät hat, eines davon ist Sprechverbot für die Eltern. Ganz besonders für die Mutter, denn die ist ja bekanntlich am meisten „cringe“. Übelst lost könnte man auch sagen. Ich kann mich gut an den Tag erinnern, als meine Sprechbeiträge einfach nicht mehr erwünscht waren. Sprechverbot für Mama!
Bitte nicht die Freunde ansprechen!
Ich fahre meinen Sohn Sebastian und seinen besten Freund zum Sport. Man muss dazu sagen, ich kenne den Freund seit der ersten Klasse. Ich bin mit seiner Mutter befreundet, wir kennen uns alle richtig gut. Generell finde ich betretenes Schweigen im Auto blöd. Ich unterhalte mich gerne und interessiere mich ja auch für die Freunde meiner Kinder.
„Paul, schaust Du eigentlich auch so gern TikTok?“
„Mhhh, ja.“
„Wer ist denn Dein Lieblings-Tik-Toker?“
Der Sohn verdreht die Augen. „Lieblings-Tik-Toker“ sagt man wahrscheinlich so nicht. So reden nur peinliche Eltern, die in einem Tik Tok Video maximal als peinliche Staffage durchs Bild laufen, um von ihren tik tokenden Kindern „geprankt“ zu werden.
Paul antwortet höflich, wenn auch sparsam.
“ Weiß nicht…..“
„Ich finde ja den Babo lustig“, verkünde ich stolz. Ich kenne einen angesagten Tik Toker, so alt kann ich also noch gar nicht sein!
„Sebastian findet den auch gut! Nicht wahr, Sebastian? Kennst Du den Babo, Paul?“
Hier schreitet Sebastian ein. „Mama, natürlich kennt er Babo.“ Und kannst Du jetzt BITTE aufhören, darüber zu reden?“
Immerhin hat er mich freundlich gebeten. Ich bin still und denke nach. In der Vergangenheit durfte ich immer sprechen, wenn ich wollte. Auch mit den Freunden der Kinder. Die Freundinnen meiner Tochter, die gerade erst 10 Jahre alt ist, unterhalten sich gerne mit mir….Was ist passiert?
Flashback in die 80er Jahre: Ich war genau so drauf!
Was habe ich falsch gemacht? War Tik Tok das falsche Gesprächsthema? Oder ist es einfach so, dass man als Mutter irgendwann den „point of no return“ erreicht hat? Man könnte wahrscheinlich auch sagen: „Morgen ist übrigens Dienstag“ und das wäre dann auch mega peinlich.
Vor den Freunden des Kindes die Wochentage ansprechen, GEHT JA GAR NICHT!
Ich erzähle die Geschichte abends meinem Mann, den ich wohlgemerkt seit der 6. Klasse, also seit 1986, kenne.
„Deine Mutter kam Dich ja immer mit ihrem „Sascha-Hehn“-Golf von der Schule abholen, ganz fetzig mit Lichthupe. Du warst immer sehr peinlich berührt.“
Oh Gott. Ja. Ich erinnere mich.
Meine Mutter in ihrem blütenweißen „Schwarzwaldklinik-Mobil“ mit blau getönter Brille in Tropfenform und toupierter 80er Jahre-Frise. Sie war immer sehr nett zu meinen Freunden, hat Gespräche angefangen und Fragen gestellt. Über den Mathelehrer, den nächsten Sommerurlaub, dass ich mit unserem Hund Gassi gehen muss, bevor ich „spielen“ darf…..Arrrghhhh.
Ich kann mich noch genau erinnern. Ich saß völlig verkrampft auf dem Vordersitz, allzeit bereit rhetorisch „einzugreifen“, falls es zu peinlich geworden wäre.
Irgendwann habe ich ihr vorgeschlagen, dass sie an der nächsten Straßenecke auf mich warten soll. Ich habe sie später nie gefragt, wie sie sich dabei gefühlt hat, wenn sie mir so offensichtlich peinlich war. Wahrscheinlich weil ich bis weit ins Erwachsenenalter dachte, sie hätte meine „eyerolls“ nicht bemerkt.
Als meine Mutter vor zwei Monaten starb, haben viele meiner Jugendfreunde Erinnerungen an sie geteilt.
„So eine chice Lady“
„Eine stolze Frau“
„Immer ein ironischer Spruch auf den Lippen“.
Kann es vielleicht sein, dass meine Mutter gar nicht peinlich war? Kann sogar sehr gut sein!
Ich habe mir also mein 13jähriges Ich vorgeknöpft und mit der Nina von damals ein ernstes Wörtchen geredet…..
Aber es ist wohl einfach natürlich, dass unsere Teenies uns peinlich finden. Wie sonst könnten sie sich sonst von uns lösen und eine eigene Identität ausbilden?
Nach dem anfänglichen Schock habe ich es auch akzeptiert, meine eigene „peinliche Phase“. Wenn jetzt die Kumpels meines Sohnes vor der Tür stehen, mache ich einfach auf, grüße knapp und freundlich, versuche dabei nicht „lost“ auszusehen und verschwinde schnell in Küche oder Keller.
Irgendwann darf ich wieder reden, daran glaube ich ganz fest!
Habt Ihr auch Sprechverbot von Euren Teenies?
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