Kind und Erziehung

„Mama, was ist eine Geisel?“ Kindern Gewalt und Terror erklären

12. Januar 2015

©  Rike /Pixelio.de

Ich finde eigentlich noch immer keine Worte zu den schrecklichen Anschlägen in Paris von letzter Woche. Aber mein Sohn hatte drängende Fragen dazu und die sollte er auch möglichst kindgerecht beantwortet bekommen. Es geht um die große Frage nach dem „Warum“, bei dem wir Erwachsene eigentlich auch keine Antwort haben. Zunächst müssen sich die Eltern ja die Frage stellen: Was kann mein Kind in seinem Alter schon verarbeiten und verstehen? Und auch die ganz elementare Entscheidung muß getroffen werden: Schirme ich mein Kind ab oder schauen wir sogar zusammen Nachrichten? Bei meinem achtjährigen Sohn ist es so, dass in Schule und Hort über die Anschläge in Paris geredet wurde. Als ich ihn letzte Woche von der Nachmittagsbetreuung abholte, saß die Erzieherin mit ihm und ein paar anderen Kindern zusammen und hat mit ihnen über die Anschläge in Paris geredet. „Ihr Sohn weiß ja eine Menge“, sagte sie zu mir.

Wir haben uns gegen die Abschirmung entschlossen und schauen jeden Abend mit unserem Sohn Nachrichten. Nun ist mein Mann Journalist und in unserer Familie herrscht seit jeher Nachrichtensucht. 19 Uhr und 20 Uhr sind heilig, keiner geht ans Telefon und alle müssen still sein. Bei uns ist es schließlich so weit gekommen, dass wir auch den Brennpunkt mit ihm anschauten. Ich war anfangs ziemlich ratlos, denn ich wollte die Bilder nicht unkommentiert lassen. Wie soll ich hm das Gesehene und Gehörte erklären? Wie so oft habe ich meine Leser auf Facebook nach ihrer Meinung und ihren Erfahrungen dazu gefragt. Durch eure Kommentare, die sehr unterschiedlich ausfielen, habe ich viele Denkanstöße bekommen, deswegen will ich sie hier teilen.

S.sagt:

„Ich finde es wichtig, dass Kinder langsam an das Weltgeschehen herangeführt werden. Wir schauen immer morgens gemeinsam die Nachrichten und man kann es ja mit einfachen Worten und verkürzt erklären. Ich habe meiner Kleinen (knapp 4 Jahre) nicht erzählt, dass die Terroristen getötet wurden sondern dass die ins Gefängnis gehen. So kann ich meinen Grundsatz „man darf (auf) niemanden (er-)schießen“ ihr gegenüber bekräftigen.“

T. sagt:

„Genau diese Frage wurde uns heute auch gestellt: Mama was sind Geiseln? Wir haben versucht mit Gut und Böse zu argumentieren, auch wenn ich selbst nicht 100% damit glücklich bin. Aber einem 5 jährigen zu erklären, was für einen selbst kaum zu verstehen ist, fällt schwer. Da mein Mann häufig beruflich in Paris ist, war unser Sohn froh, „dass Papi gerade nicht in Paris ist“….“

Zur Gut und Böse-Thematik hat auch F. etwas interessantes gesagt:

„Ich finde – alles zu gegebener Zeit. Mein fast vierjähriger Sohn darf keine Nachrichten schauen. Die Bilder sind einfach nichts für Kinder diesen Alters. Aus dem Radio bekommt er schon mal hin und wieder etwas mit und hat dann Fragen. Aber ich thematisiere nicht von meiner Seite aus. Die Fragen zu beantworten fällt uns auch nicht immer leicht. Man darf nicht zu komplex werden, sondern es einfach halten. Genau darin liegt dann die Schwierigkeit..ist halt nicht alles nur weiß oder schwarz. Ich denk aber, dass Kinder diese Klarheit *erst einmal* brauchen.“

S. sagt: „Warum Kinder in einer Käseglocke aufwachsen lassen? Die Welt ist nicht nur bunt und schön… Grade in dieser aktuellen Zeit, sollte man die Kinder (wenn sie sich dafür interessieren und nachfragen) so emotionslos wie möglich ( was schwierig ist) aufklären was da passiert ist usw.“

Im Grunde konnten wir unserem Sohn die Ereignisse erklären, in dem wir ihm das Wort „Toleranz“ erklärten, das auch dieser Tage oft fiel. Ein Begriff, der die Ereignisse zusammenfasst, wie ich finde. Wir haben Sebastian erklärt,Toleranz ist, den anderen sein Leben führen zu lassen, so wie er will. Er darf an den Gott glauben, an der er will, er darf das essen, was er will und den Beruf haben, denn er will. Er darf das sagen, was er will. Auch wenn wir das blöd finden. Wir müssen es auch nicht toll finden, aber wir lassen ihn einfach. Und der Andere lässt uns dann auch glauben, tun und lassen, was wir wollen. Wir haben ihm auch erklärt, das Toleranz schwierig ist manchmal, aber man anderen Menschen nie verfolgen oder töten darf, weil sie andere Ansichten haben.

Hoffnung haben wir dann alle wieder gestern bei den Bildern der Kundgebungen in Paris und auch hier in Berlin geschöpft.

„Mama, was heißt eigentlich „Berlin est Charlie?“ Womit wir beim Begriff Solidarität wären….Wir kommen aus dem Erklären nicht mehr raus….

Große Fragen, die einfache Antworten erfordern, das ist schwer.

Wie habt Ihr das gelöst?

Foto: ©  Rike /Pixelio.de

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5 Kommentare

  • Reply Anke 12. Januar 2015 at 9:01 am

    Schwierige Sache, finde ich.
    Wir halten unsere Kinder hier (noch) von Nachrichten fern. Unsere Große (5 1/2J) ist sehr sensibel und findet oft schon Märchen so schlimm, dass sie da Alpträume bekommt. Da traue ich ihr „die Realität“ einfach noch nicht zu. Ähnliches gibt für den Sohn (4J), der auch gerade vieles im Kopf hat, den es dann nicht so schnell los lässt. – Wobei ich sehr dafür bin, Kindern fragen zu beantworten, wenn diese gestellt werden. Offen, aber eben nicht schonungslos. Der Kleinsten (4 Wochen) ist das alles noch egal

  • Reply Xeniana 12. Januar 2015 at 3:14 pm

    Unsere Kinder 12,10, 9 hören Radio. Die Nachrichten erreichten sie ungefiltert. Warum? Ist das jetzt Krieg? Bekommt Frau merkel das wieder hin. Was ist der Unterschied zwischen Islam und Islamismus. Wir schauen die Nachrichten auf KIKA . Und wir bringen den Kindern bei das Meinungsfreiheit und Pressefreiheit ein hohes Gut sind.

  • Reply Frau Mutter 12. Januar 2015 at 4:20 pm

    Das klingt doch gut Xeniana, auf Kika wird das wahrscheinlich auch besser erklärt;) LG Nina

  • Reply Viktoria 13. Januar 2015 at 8:31 pm

    Ein Glück ist bei uns noch etwas Zeit, bis solche Fragen kommen, aber ich habe mich auch gefragt wie ich die beantworten würde. Ich denke, die bereits erwähnten Kindernachrichten sind eine gute Möglichkeit, die Kleinen altersgerecht an solche Themen heranzuführen. Wenn sie denn wollen. Aufdrängen sollte man ihnen diese Informationen nicht.

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