Gegen Flugangst kann man etwas tun, die gute Nachricht gleich vorweg. Gerade wenn es für viele von uns bald wieder mit dem Flieger in den Süden geht, ist die Aussicht auf mehrere Stunden im Flugzeug Stress pur. Ich selbst litt an starker Flugangst und durch professionelle Hilfe konnte ich diese Angst immerhin eindämmen. Ganz weg ist die Flugangst noch nicht. Wenn es wackelt, kralle ich mich immer noch an der Armlehne fest. Mein Sohn hält mir mittlerweile immer schon ungefragt einfach das Händchen, mein Held.
Was ein Pilot bei Flugangst rät, gab es hier schon mal zu lesen. Heute speche ich mit Delia, die Flugbegleiterin ist, junge Mama und Bloggerin. Gerade das Bordpersonal bekommt ja direkt mit, wie sich die Passagiere fühlen. Heute lest Ihr, wie sie den Passagieren hilft und was aus ihrer Sicht gegen Flugangst hilft.
Gegen Flugangst: Tipps einer Flugbegleiterin
Greifst Du als Stewardess eigentlich ein bzw. suchst den Kontakt zu einem Fluggast, wenn Du merkst „Der hat Angst“?
Wenn ich sehe, dass ein Fluggast ganz verkrampft und ängstlich wirkt, dann spreche ich ihn vorsichtig an und frage, ob alles OK ist. Meistens sagt mir der Gast dann auch, dass er Angst hat und ich biete ihm ein Glas Wasser an. Wenn ich ihm das Wasser gebracht habe, beginne ich einen Smalltalk. Ich frage ihn wo sein Endziel ist und ob er beruflich unterwegs ist, oder in den Urlaub fliegt. Ablenkung hilft sehr gut gegen Flugangst!
Kennst Du als Flugbegleiterin eigentlich überhaupt keine Angst beim Fliegen?
Was einen Flugabsturz betrifft – nein. Die Chancen dafür sind einfach zu gering. Wenn es danach ginge, sollte ich eher Angst haben einen Unfall in der Dusche oder im Straßenverkehr zu haben. Wenn es aber ums Fliegen geht, dann kenne ich nur eine Angst: Wenn es während des Services zu Turbulenzen kommt, möchte ich nicht, dass Gegenstände vom Trolley auf Gäste fallen, oder sogar der Trolley auf meine Füße fällt.
Das ist eigentlich die größte Sorge eines jeden Flugbegleiters: Sind alle Gegenstände verstaut, damit sich niemand verletzen kann? Wenn alles verstaut ist und die Gäste angeschnallt sind, ist die Welt für uns Flugbegleiter in Ordnung; auch wenn der Flieger wackelt.
Wackeln ist NORMAL
Ich selbst leide unter Flugangst, aber nur bei Start und Landung bzw. „wenn es wackelt.“ Kannst Du das Wackeln erklären bzw. warum Turbulenzen eigentlich nicht schlimm sind?
Das Wackeln im Flieger gehört einfach dazu. Das Flugzeug bewegt sich durch verschiedene Luftschichten. Die verschiedenen Luftströmungen führen dazu, dass es manchmal mehr oder weniger wackelt, genauso wie ein Schiff auch manchmal durch Wellengang schwankt. Ich glaube, dass sich viele Menschen bei Turbulenzen unwohl fühlen, da sie nur manchmal auftreten. Wenn es permanent im Flieger rappeln würde, dann wäre die Angst davor auch nicht mehr so groß.Das Wackeln würde als „normaler“ wahrgenommen werden.
Die Piloten sind im ständigen Funkkontakt mit Bodenstationen und anderen Flugzeugen und umfliegen Gebiete, in denen die Luftdynamik zu Turbulenzen führen könnten. Dies tun sie aber nur, um den Fluggästen ein besseres Flugerlebnis zu ermöglichen und um uns Flugbegleitern den Service zu erleichtern. Cargo Flugzeuge ohne Gäste fliegen viel eher durch turbulente Luftgebiete, denn für die Piloten im Cockpit sind Turbulenzen fast irrelevant.
In den sieben Jahren als Flugbegleiterin habe ich noch NIE Angst vor einem Flugzeugunglück gehabt. Turbulenzen können dem Flugzeug nichts antun und solange man angeschnallt ist, kann einem nichts passieren.
Was hilft akut gegen Flugangst?
Was ist nach Deiner Meinung am effektivsten, um sich von der Flugangst zu befreien?
Ablenkung! Ich empfehle jedem angstgeplagten Fluggast einfach einen Flugbegleiter anzusprechen. Jeder von uns Flugbegleitern hat seine ganz eigene Art und Weise Fluggäste zu beruhigen – entweder durch Charme und Empathie, oder durch technisches Know-how. Man kann auch einfach einen Smalltalk mit Mitreisenden machen, um sich abzulenken.
Der nächste Tipp: Musik hören! Es ist nachgewiesen, dass entspannende Musik Stress reduziert. Man kann auch die Augen schließen und sich vorstellen, man säße in der Bahn. Dort wackelt es auch, aber man bekommt keine Angst davor.
Was auch toll ablenkt, sind lustige Filme. Wenn es ein TV Entertainment an Bord gibt, sollte man sich eine Komödie anschauen, oder sich zuvor auf seinen Laptop oder Tablet laden. So hört man keine unbekannten Geräusche an Bord und wird in lustige Stimmung gebracht.
Von Beruhigungsmitteln und (zu viel) Alkohol rate ich ab, da die dünne Flieger Luft die Wirkung verstärkt und das auf den Kreislauf schlagen kann. Bei extremer Flugangst würde ich ein Seminar oder einen Spezialisten besuchen.
Welche Kurse würdest Du empfehlen, bzw. was kann man bei einer Panikattacke tun?
Da ich selbst natürlich noch kein Seminar zum Thema Flugangst besucht habe, kann ich da keine konkrete Empfehlung aussprechen. Ich weiß jedoch, dass es Kurse gibt, die von und mit Piloten sind. Dadurch, dass das Fliegen des Piloten täglich Brot ist, kann er oder sie durch Expertenwissen überzeugen. Wenn ein man eine Panikattacke bekommt, sollte man die Flugbegleiter sofort ansprechen. Wir helfen dem Gast sich nicht in die Angst hineinzusteigern und helfen ihm besser zu atmen und die Muskulatur zu entspannen.
Ich habe bei mir so richtig Flugangst erst festgestellt, als ich Mutter wurde. Überträgt sich so etwas aufs Kind? Gibt es auch Kinder mit Flugangst oder nur Erwachsene?
Da ich selbst auch Mama bin und auch schon mit meinem Kleinen im Flieger verreist bin, weiß ich, dass man als Mutter generell besorgter ist und dass das Fliegen vor allem mit kleinen Kindern eine Herausforderung werden kann. Ich bin zwar keine Psychologin mit fundiertem Fachwissen, aber aus der Erfahrung heraus weiß ich, dass Kinder umso gelassener sind, wenn die Eltern entspannt sind – in eigentlich jeder Lebenslage.
Auch kleine Kinder sind schon sehr empathisch. Wenn ein Kind Angst im Flieger bekommt, weil es laut und wackelig ist und einfach eine besondere Situation ist, dann sollten die Eltern das Kind mit ruhiger Stimme besänftigen und mit Spielzeug ablenken, oder ihm erklären, dass alles ganz ungefährlich ist.–> Ich habe einen Blog Beitrag zum Thema Fliegen mit Kleinkind geschrieben.
Warum hast Du den Beruf Flugbegleiterin eigentlich ergriffen? Was gefällt Dir daran, was nicht so? Hat der Beruf Stewardess eigentlich viel vom ursprünglichen Glam eingebüsst?
Schon meine Oma sagte: „Reisen bildet“. Da ich während meines Studiums schon jahrelang in verschiedenen Dienstleistungssektoren gejobbt hatte, wusste ich, dass mir die Arbeit mit Menschen aus verschiedenen Kulturen Spaß macht. Ich wollte meinen Horizont physisch und mental erweitern und habe wirklich viel in den letzten Jahren über fremde Kulturen und auch über mich selbst gelernt.
Ich habe es keine Sekunde lang bereut, Flugbegleiterin geworden zu sein und habe tolle Menschen auf diesem Wege kennengelernt. Was mich besonders fasziniert, ist, dass auf jedem Flug ein neues Team in der Kabine arbeitet und alles reibungslos klappt, obwohl man sich gerade erst kennengelernt hat. Wir Flugbegleiter (und auch Cockpit Kollegen) sind super offen und herzlich zu einander und (fast) jeder Flug macht Spaß.
Die Kollegen sind sozusagen ein „Familienersatz“, gerade wenn man über Weihnachten oder andere Feiertage fliegen muss – obwohl man sich meistens noch nie zuvor getroffen hat. Wenn wir die Destination erreicht haben, gehen wir gemeinsam aus, shoppen, machen Sight Seeing, oder liegen zusammen am Pool. Das einzige, was mir manchmal (bzw. immer) schwer fällt, ist sehr frühes Aufstehen. Auch die Zeitverschiebung kann einem ganz schön zu schaffen machen. Aber dafür haben wir viele Tage im Monat frei.
Ob der Beruf Stewardess viel vom ursprünglichen Glam eingebüßt hat, kann ich nicht so unterschreiben. Ich habe bei meiner Airline das Glück, dass wir beispielsweise nicht den Flieger selbst reinigen müssen. Ich trage eine schicke Uniform, und bereise die Länder dieser Welt – für mich ist das Glamour pur
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