„Das ist ja ein Museum für Frühgeschichte“, sagte eine meiner (jüngeren) Bloggerkolleginnen anlässlich der Blogparade #Familienalbum. Da hat sie Recht, denn vorsintflutlich erscheinen uns manche Dinge, die wir in den 70er und 80er Jahren getan haben. Heute geht es um das Thema Kindersicherheit. Unsere Eltern, so scheint es, hatten ein ganz entspanntes Verhältnis dazu. Keine von Stiftung Warentest und TÜV geprüften Kindersitze, exakt auf das Gewicht des Kindes abgestimmt und mit Seitenaufprallschutz versehen. Oberflächen und Spielzeug und auch Kleidung waren praktisch abwaschbar und meistens aus Plastik. Umweltschutz, fair trade und natürliche Materialien noch nicht „erfunden“.
Hier seht Ihr mich einen Tag alt auf dem Weg vom Krankenhaus nach Hause. Meine Mutter hat sich auf den Beifahrersitz gesetzt (warum auch nicht?). Eingewickelt hat sie mich in eine garantiert unfair gehandelte Decke, für die viele Polyester sterben mussten.
Etwas „Maxi Cosi-Ähnliches“ ist auf dem Foto weit und breit nicht zu sehen. Das liegt daran, dass ich keinen Kindersitz hatte. Manchmal habe ich mich in meiner späteren Kindheit auf der Rückbank auch angeschnallt; wenn Polizeikontrollen kamen.
Autofahren war in den 70er und 80er Jahren auch mit Kindern eine sehr entspannte Angelegenheit. Wenn wir in den Sommerurlaub an die Adria fuhren, baute mir mein Vater im Kofferraum des Familien-Kombis eine Schlafhöhle. Es war gemütlich und ich schlief selig zum Brummen des Motors. Nur zu Zollkontrollen wachte ich auf, oder wenn der kaputte Auspuff mal wieder besonders stank. Wahrscheinlich wurde ich als Kleinkind auch einfach mal auf der Hutablage transportiert. Neben der umhäkelten Klorolle, wenn wir eine gehabt hätten.
Zu Hause war es auch nicht besser. Mein Vater hat mich hier in meinem Plastikstuhl auf die Kante des (Plastik-) Esstisches platziert, um mich zu füttern. Ein Fußtritt meiner speckigen Waden hätte genügt, um mich samt Stuhl in einer unbeobachteten Minute auf den Küchenfußboden zu befördern. Ist aber nicht passiert und es hat mir auch nicht geschadet…..Jaja…
Das „freie Spiel“ mit (un-) kalkulierbaren Gefahren war ein Hit in den späten 70er Jahren. Auf diesen Bildern sieht man meinen Mann mit seinen Geschwistern „Zirkus spielen“. Mein neunjähriger Schwager steht auf einer wackeligen Leiter und balanciert auf seinen Schultern meine Schwägerin. Mein damals vierjähriger Mann hält sich die Ohren zu, wahrscheinlich erträgt er die Hilferufe seiner Geschwister nicht. Dabei sitzen eine staunende Oma und die Mutter, ganz hinten in der Ecke. Ihre entspannte Haltung ist beeindruckend. „So ein Genickbruch wächst sich auch wieder aus“, denkt sie sich.
Welche Erinnerungen habt Ihr an Eure Kindheit? Teilt sie mit uns in der Blogparade #Familienalbum
16 Kommentare
Ja früher waren die Eltern teilweise absolut tiefenentspannt! Allerdings muss ich sagen gab’s sowas mit der 90er jahre auch noch. Ich durfte auch hinten im Auto sitzen unangeschnallt ohne Kindersitz und bei tempo 200!! Da schüttelts mich jetzt noch wenn ich dran denke!
Sehr schön 😀 Nach heutigen Maßstäben hat sich eine ganze Elterngeneration der „Kindeswohlgefährdung“ schuldig gemacht. Ich warte noch auf die Geschichte von Eierlikörbechern, die ausgeleckt werden durften… kommt bestimmt noch. Hicks. Ein Wunder, dass wir das alles überlebt haben, oder?
Hier – die Eierlikörgeschichte wird mir heute noch schmunzelnd erzählt…
Ja – klar hab ich es überlebt, ein paar hundert andere pro Jahr aber nicht. Heute sterben 88 % weniger Kinder allein durch Unfälle, als Anfang der 80er – da muss mir keiner was von „Hat euch ja auch nicht geschadet erzählen“ ;-).
Viele Grüße!
Danielle
Wunderbar. Dazu passen die Blicke meiner Eltern, wenn ich vom korrekten Anschnallen im Winter im Kindersitz OHNE Jacke erzähle. Leider bisher kein Foto davon. 🙂
Eierlikörbecher habe ich auch ausgeschleckt, haha.
Richtig, Danielle, die Statistik ist sehr beeindruckend und definitiv ein Argument für Kindersitze etc.
Nina: Eierlikoerbecher haben wir, wenn ich mich richtig erinnere, nicht nur ausgeleckt, sondern sogar selbst hergestellt und ohne Probleme den hochprozentigen Alkohol dafuer in der Dorfapotheke ohne Eltern gekauft, da es ja ein Muttertagsgeschenk werden sollte….Da waren wir weit von der Volljaehrigkeit entfernt, hat sich aber niemand was bei gedacht, Spass gemacht hat es und lecker war es natuerlich auch….
was man auf diesem Foto nicht ahnt – es ging noch weiter. Am Ende sprang die Schwägerin durch einen Fahrradreifen, bestückt mit kleinen Messern…Ende gut, alles gut und wir hatten unseren Spaß!
Hi,
ich glaube nicht, dass es 1980 schon Pflicht war, da wir keinen Kindersitz hatten und ich bin auch in diesem Jahr geboren 🙂
Ich hatte mal Glück im Unglück und bin als Kleinkind mal von der Rückbank runtergekugelt, als meine Mutter im Winter eine Vollbremsung hinlegen musste. So viel zum Thema Sicherheit…
Also ich bin 1980 geboren und da war es Pflicht eine Babyschale oder eine Babytrage zum Heimtransport vom Neugeborenen mitzubringen sonst durfte man nicht raus. Undan wurde auf Wickeltischen mit PVC Belag gewickelt und nanach in eine Vollplastik Babywippe gelegt. Zum Anziehen hatte ich viel gestricktes, aber dafür war das Spielzeug aus diesem wohlduftenden Plastik. Ich liebte den Geruch neuer Barbiepuppen…
Als ich mich Anfang der 80iger nicht anschnallen wollte, nahm mich mein Vater mit zu einem Stokkarennen und als ein verunfallter Fahrer auf einer Bahre abtransportiert wurde sagte er zu mir: Schau, der hat sich auch nie angeschnallt.
Ich hatte von Beginn an einen Kindersitz im Auto…
Als ich in der Badewanne Unsinn machte obwohl Elektrogeräte nebendran lagen, nahm er mich aus der Wanne und schmiss den eingeschalteten Föhn hinein und sagte: Schau dir die Funken genau an. Das passiert dir auch, wenn du nicht besser aufpasst.
All das, obwohl meine Eltern damals sehr jung waren.
Dafür haben sie mich zu Beginn der Grundschulzeit alleine 10km mit dem Bus zur Schule fahren lassen, dann musste ich noch 1km zu Fuss vom Bahnhof aus laufen. Mittags gings zurück und ich habe mir mit 6 Jahren mein Mittagessen selbst gekocht – nicht aufgewärmt – und mich komplett selbst um meinen Hund und die Hausaufgaben gekümmert. Das wiederum hätte bei den Eltern meiner Schulkameraden direkt zum Herzinfarkt geführt.
Es ist bei Weitem nicht so, dass die Eltern früher entspannter waren. Nur vielleicht bei anderen Dingen…
Ich zumindest lasse die 16 Monate alte Dame ohne Schweißausbruch der großen Schwester auf die große Rutsche hinterher klettern. Wenn ihr Vater das wüsste – der würde glatt das alleinige Sorgerecht beantragen ob meiner Verantwortungslosigkeit…
Beeindruckend jedoch fand ich den Film ‚Babys‘ wo eine Frau vom Krankenhaus mit dem straff verschnürten Neugeborenen im Arm auf dem Sozius einer alten Jopper querfeldein durch die Taiga zu ihrer Karte gefahren wird – ohne Helm. In der Mongolei sieht man das alles wohl noch ne ganze Ecke entspannter…
Vielen Dank für den Post! GENAU SO war’s!!! 🙂
LG
Nele E.
Haha, Nicole!! Genau!! ist mir gestern auch wieder eingefallen. „Einmal 80%igen Alkohol bitte“ …und es wurde uns verkauft….(Aber er wurde wirklich verschenkt und nicht selbst getrunken)
Stimmt: Freunde von mir wurden auch Bier holen geschickt (kein Problem, wurde ihnen verkauft), oder haben für die Erwachsenen Zigaretten gedreht…War bestimmt gut für die Feinmotorik. 😉
Supertolles Thema, das werde ich mal von dir klauen demnächst! 🙂 Schöne Bilder, in den Niederlanden ging es nicht anders. Musste sehr lachen um am das Polyester das deinentwegen gestorben ist! 🙂
In ein paar Jahrzehnten wird man auch über die heutige Handhabung mit Kindern lachen 😀 Mir fallen da auch schon ein paar Stichworte ein.
Der MaxiCosy wiegt inzwischen übrigens schon ohne Kind darin eine halbe Tonne, man kann ihn kaum schleppen. Wegen Sicherheit im Auto. Im Internet kursieren Fotos von windigen Kindersitzen aus den 70er Jahren, über die sich junge Eltern von heute wahlweise empören oder amüsieren. Aber die damaligen Kinder haben irgendwie auch überlebt. Und wir sowieso (ich bin Jahrgang 1958), obwohl man uns als Babies vermutlich in einer Tragetasche auf den Rücksitz gestellt hat, solange wir noch nicht sitzen konn-ten. Später saß man halt auf dem Rücksitz, Sicherheitsgurte gab es weder vorn noch hinten. Vorne qualmte der Vater, ich habe hinten gereihert, auf 100 km von München zum Chiemsee mehrmals. Tüten zum Hineinspeien gab es nicht oder ich habe nicht getroffen. Omas Chow-Chow reiherte auch. Einmal war meine Mutter so verzweifelt, weil sie vor Frasdorf schon keine frischen Sachen mehr für mich hatte, dass sie bei fremden Leuten geläutet hat und fragte, ob man ihr Kinderklamotten leihen könne. Unser Auto, ein Opel, stank innen drin so, dass mir schon übel wurde, wenn es noch gar nicht fuhr.