Kinder und Politiker sollen etwas gemeinsam haben? Aber ja! Sie können sich hinstellen und glaubwürdig Sachen behaupten, sind in Verhandlungen durchsetzungsstark und verwalten Finanzen „kreativ“. Heute erklärt meine Kolumnistin Frau Vanderwitz sehr schlüssig und wie immer witzig, warum Kinder in die Politik gehen sollten. Viel Spaß bei ihrem Text:
Kinder und Politiker oder „Ich will den Berliner!“ (Pfannkuchen)
Als meine Nichte (3,5 Jahre alt) mir mit völliger Selbstverständlichkeit erzählte, dass sie ein grünes Pferd gesehen habe, wusste ich es: Sie sollte Politik machen. Wirklich. Denn wer anderen solche Unwahrheiten mit seelenruhigem Gemüt auftischen kann, der kann auch vor der Presse sagen: „Die Renten sind sicher.“
Ich sage meiner Nichte also eine große Karriere voraus. Als ich meinem Bruder davon erzähle (freudestrahlend, immerhin ist in unserer Familie endlich mal jemand zu irgendwas begabt), erklärt er mir, dass Dreijährige allgemein so sind.
So? Ja. So.
Das kann also nur eins bedeuten. Wir sollten Dreijährige unsere Politik machen lassen. Sie haben alle Voraussetzungen, um diesen Job zu erfüllen. Denn was braucht man, um ein Politiker zu sein?
Zum Beispiel Verhandlungsgeschick:
Kinder und Politiker sitzen stunden-, ja manchmal tagelang am Verhandlungstisch. Wer jemals beim Abendessen mit einer Dreijährigen dabei war, weiß: Sie kann das. Zähes Ringen darum, nur die Wurst und nicht das Brot zu essen. Klare Durchsetzungskraft in Sachen Löffel auf den Boden werfen. Und! Das Wichtigste! Sie ist absolut in der Lage, bedeutungsvolle Sätze zu sagen, die die Geschichte unseres Landes prägen werden. Ich meine, welches Talent für öffentliche Reden zeigt sich schon in ihrem Satz: „Ich will den Berliner!“
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Mit Diplomatie kommt man auch bei Eltern weiter
Doch nicht nur in Sachen Durchsetzung ist meine Nichte ein As. Wenn sie will, beherrscht sie auch die Spielregeln der Diplomatie. Papa erlaubt ihr eben einfach viel mehr, wenn man lieb guckt. Funktioniert. Bei Mama funktioniert Schreien besser – für die aufgebrachten Reden im Bundestag ist die Nichte also auch bestens vorbereitet.
Und kommen wir zu einer weiteren Eigenschaft Dreijähriger, die ein regelrechtes Soft Skill für eine Karriere in der Politik sind. Sie wissen Finanzen geschickt zu verwalten! Ich bewundere meine Nichte schon beinahe dafür, so jung schon so begabt zu sein. Mir fällt es nämlich wie Schuppen aus den Haaren, als sie ihre Spardose (in der Ausführung Prinzessin Lillifee) aus dem Küchenfenster wirft. Sie ist wie unsere Politiker! Um ihre Karriere zu unterstützen, wird die Tante Sassy schon mal damit beginnen, ihre Doktorarbeit zu schreiben. Die kann sie dann gleich nach dem Abitur einreichen. Nicht dass das Kind zu lange studieren muss und auf vernünftige Gedanken kommt
Keine Ahnung aber eine Meinung
Denn im Moment herrscht noch – ganz wie in der Politik – bei ihr die Devise: Keine Ahnung haben, aber eine Meinung. Als mein Bruder nämlich in das oberste Fach des Vorratsschranks schaut und feststellt, dass keine Milch mehr da ist, sagt sie einfach: „Nein!“ und behauptet steif und fest, dass da Milch ist. „Wie willst du das denn wissen?“, fragt mein Bruder. „Du kannst doch noch nicht mal in das Fach reingucken.“ Die Nichte zuckt mit den Achseln. Und strahlt.
Und ich bin froh, so froh. Meine Nichte hat – im Gegensatz zu unserem Land – eine Zukunft. Nur an einer Sache müssen wir noch arbeiten, denn einen großen Unterschied zwischen ihr und den Politikern gibt es noch. Die sind nämlich an der Höhe ihrer Diäten interessiert. Und meine Nichte an Schokolade.
In “Frau Vanderwitz wundert sich” schreibt Saskia aus der Perspektive einer kinderlosen Frau. Als Katzenmama und begeisterte Tante nimmt sie die Welt der Familien witzig-ironisch unter die Lupe. Saskia schrieb bereits für mehrere Kabarettgruppen, ist poetry slammerin und Autorin. Mit Frau Mutter verbindet sie eine glorreiche studentische Vergangenheit im Fachbereich “irgendwas mit Medien”.
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