Gastbeiträge

Johnnys Flaschenpost: Übervorsichtige Väter oder die Die Papa-Glucke

26. November 2015

Der geschätzte Frau Mutter-Kolumnist Johnny schreibt heute über eine noch relativ unbekannte Spezies, die „Papa-Glucke“. Normalerweise sind ja immer nur wir Muddis übervorsichtig und haben ständig Angst, dass den Küken was passieren könnte. Johhny wirft eine interessante Frage auf: Ist Glucken Verhalten auch so etwas wie „gatekeeping“? Wollen wir (Mütter) die Väter einfach raushalten, weil wir das Gefühl haben, das mit der Kindererziehung besser zu können? Ein launiger Text, der zum Nachdenken anregt…

Laut einer Allensbach Studie von 2014 (2080 Befragte), antworteten 43% der Väter auf die Frage, warum sie nicht in Elternzeit gegangen sind mit erstaunlichen Antworten. 11% gaben an, die Mutter des Kindes hätte ihnen die alleinige Betreuung nicht zugetraut. 32% gaben an, dass ihre Partnerin sich von sich aus um das Kind kümmern wollte. Insgesamt stellten sich also maximal 43% der Mütter vor ihren Nachwuchs, sobald es um die Kindsbetreuung durch jemand anderen ging. In dem Fall geht es um den Kindsvater.

Bindung verwandelt sich nicht von heute auf morgen in den Wunsch nach Kontrolle. Es ist vielmehr die schleichende Reaktion auf die eigene Unsicherheit oder Überforderung. Oder Schlimmerem. Den Zugang zum Kind regeln, das Kind kontrollieren zu wollen. Nicht loslassen. Manche sagen nicht „Gluckenverhalten“, manche nennen es maternal gatekeeping. Ob das nun wirklich genau das gleiche ist, vermag ich mit meinen Kenntnissen nicht zu sagen.

papa glucke 2

Eine männliche Glucke?

Laut einem sechs Jahre alten EU-Vergleich bleibt ein italienischer Mann am längsten Stammgast im elterlichen Hotel. Im Schnitt ist er dort 30,9 Jahre alt, bevor er zum ersten Mal eine eigene Wohnung betritt. Zum Vergleich: In Deutschland ziehen Männer mit 25,1 Jahren aus. Gern spricht man von „Hotel Mama“ und hat besonders schnell das Symbolbild einer etwas klischeehaften, italienischen Mamma vor Augen, die ihre Jungen nicht gehen lassen will. Für ihn kocht, bügelt, aufräumt. Eine Glucke, die ihrem Kind bis ins hohe Alter hinein noch die klassisch mütterlichen Dienste leistet. Dass aber ein italienischer Vater mit seinem Sohn gemeinsam ein Dach teilt und der Vater die treibende Kraft dahinter ist, davon hat man bisher noch nichts gehört. Oder?

Mit der Kita-Eingewöhnung vor der Tür und der für mich damit verbundenen neuen Situation, frage ich mich: Gibt es vielleicht auch so etwas wie eine Papa-Glucke? Einen männlichen Gegenpart bzw. einen väterlichen Türsteher, der den Zugang zum Kind regelt? „Ey, so kommst Du hier aber nicht rein. Mach, dass De Land jewinnst, Dicker!“

Immerhin: In jedem Gluckenhaus muss es doch mindestens auch ein männliches Exemplar geben, oder? Bin ich vielleicht diese eine Papa-Glucke im Gluckenhaus? Klingt im ersten Moment eigentlich ganz charmant, diese Vorstellung. Wäre meine finanzielle Lage etwas entspannter, ich könnte mir sehr gut vorstellen, noch ein wenig länger mit Kind zu Hause zu glucken bleiben. Leider aber geht das nicht, denn Vereinbarkeit ist und bleibt ein launischer Kauz.

Ja, vielleicht gibt es alleinerziehende Väter, die sich gezwungenermaßen manchmal wohl in dieser Rolle wiederfinden. Gibt es aber auch Väter, die auf dem Kind glucken und die Mutter als Partnerin und vielleicht Ernährerin akzeptieren, als Mutter des gemeinsamen Kindes aber nicht die Mutterrolle zutrauen?

Als Vater kann ich nicht stillen, als Vater bin ich nicht die erste Bezugsperson für das Baby. Dennoch: Als Vater wird man nicht mehr nur an sich, sondern auch an dem bemessen, was die Familie wiedergibt. Perfekt ist bekanntlich keine Familie und jeder Vater spürt vielleicht eine gewisse Unsicherheit ob der neuen Rolle mit Kind. Nicht jeder spricht darüber. Könnte diese Unsicherheit auch beim Vater zu gluckigem Verhalten führen? Auch, vielleicht um sich seiner Selbst und seiner Vaterrolle zu versichern, oder gar: Um sich von der Mutter abzugrenzen?

Schluss mit dem Gegacker

Rühren viele elterliche Streits nicht einfach daher, dass beide Elternteil zu wissen glauben, was besser für das Kind ist? Warum also streiten, wenn man nicht um eine gewisse Art der Vorherrschaft über das Kind und dessen Zukunft kämpft? An dieser Stelle mal ganz überspitzt formuliert!

Das Wesen der Glucke. Es erschließt sich mir nicht völlig. Ich denke, die Glucke steckt in jedem Elternteil, ob Mutter oder Vater, erweiterte Familie, Regenbogenfamilie, ganz egal. In jedem Elternteil steckt aber auch das Potential, loszulassen und sich an der Entwicklung des Kindes zu erfreuen. Es besteht Hoffnung. Das hoffe ich jedenfalls, auch für mich selbst.

Und ihr? Habt ihr auch die Glucke in euch entdeckt, obwohl ihr sie in eurem Voreltern-Leben verabscheut habt? Das würde mich wirklich interessieren.

WB-Profilbild

Johnny, Museumspädagoge mit Berliner Wurzeln bloggt seit mehr als einem Jahr regelmäßig auf seinem Blog Weddinger Berg. In seinem Papablog offenbart er die satirisch ungeschönte Wahrheit über sich als Vater einer töchterlichen Urgewalt. Manchmal mit einem Augenzwinkern und immer zischend frisch. Aus dem wunderschönen Wedding, Berlin

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1 Kommentar

  • Reply Birgit 27. Februar 2019 at 2:08 pm

    Wir sind getrennt u erziehen die Kinder 50/50 im Wechselmodell. Er ist die Uebermutter und Superglucke! Er verhindert die Entwicklung zu größerer Selbständigkeit der Kinder, ist dauernd besorgt und wird unendlich trauern wenn die Kinder ausgezogen bin. Ich hingegen freue mich schon, wenn die Kinder endlich ausziehen und ich wieder meine Bude für mich habe….Ich bin es eher welche die Kinder zu größtmöglicher Selbständigkeit erzieht…..Also es gibt alles. Im Nachhinein hätte ich niemals mit diesem Mann Kinder bekommen sollen. Ich denke, er hätte nix dagegen wenn die kids bis an sein Lebensende bei ihm wohnen würden. Seine Mutter ist aber auch so eine Superglucke.

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