Familienalltag mit Humor

Die „Angsthase-Mama“: Über Vorsicht und Riskofreude in der Erziehung

25. Mai 2016

Ich bin schon ein Angsthase, ja. Obwohl es kommt darauf an. Wenn ich an die letzten Sommerferien denke: Zerbissene Unterlippe, blutunterlaufene Augen, und schweissnass gebadet – so robbte ich mich mit letzter Kraft an den Strand. Ein menschliches Wrack, urlaubsreif im Urlaub, nur die mühsam erarbeitete Bräune täuscht darüber hinweg, dass ich kalkweiss war vor Schock. Was war passiert? Eine halbe Stunde lang waren wir mit unserem morschen Mietauto in den Bergen eine Schotterpiste, schmal wie ein Strandlaken, herunter geruckelt, rechts der Abgrund, hinter uns hupende Gelänedewagen, vor uns der sichere Tod. So jedenfalls fühlte es sich für mich an. Ich habe es nicht so mit Höhen. Alles ab 3,50 m ist mir suspekt und muss doch auch nicht sein, oder?

Mann und Kinder fanden die Fahrt zum Strand dagegen super. “Geil, Mama, voll das Abenteuer!” Der Gatte: “Guck mal da unten, wie schön das Meer glitzert.”

“SCHAU AUF DIE VERDAMMTE STRASSE, NICHT NACH UNTEN”, konnte ich nur noch zischen.

Endlich angekommen, musste ich zugeben: die Fahrt hatte sich gelohnt. 1-A Strand, Palmen, ein bisschen wie der Garten Eden. Nur die Sorge vor der Heimfahrt lag mir weiter schwer im Magen.

Das Bild  zeigt mich auch in einem echten Angsthase-Moment; beim Whitewaterrafting in Maine. Zum Glück hat der Fluss so laut gebraust und somit mein Schreien übertönt….Aber nachdem ich die „Taufe“ hinter mir hatte, also drin lag im Fluss, hatte ich keine Angst mehr und bin heute noch stolz, damals meine Angst bezwungen zu haben. Zum Glück wurde ich ja auch gleich von unserem Guide heraus gezogen, während mein Mann (links im Bild, auf dem Rand des Bootes sitzend) offenbar darauf wartet, dass bald der Tee serviert wird.,,,

angsthase mama 2

Liegt „Angsthase-sein“ in den Genen?

Als Kind fand ich es immer nervig, wie sehr sich meine Mutter Sorgen um alles machte. “Nicht so schnell, nicht so hoch, nicht so spät!” – Mahnungen und Verbote. Alles gut gemeint, aber will man seine Kinder nicht auch zur Selbständigkeit erziehen? Mein Vater dagegen: gaaaanz cool. Die Urlaubstour zum Teutonengrill absolvierte ich natürlich unangeschnallt. Kindersitze mit Seitenaufprallschutz und Dreipunkt-Gurt? Fehlanzeige. So war das damals in den wilden 80er Jahren.

“Nicht so schnell, nicht so hoch, nicht so spät” und vor allem “VORSICHT” sind auch bei mir Standardausrufe. Der Papa besteigt mit dem Sohn derweil Achterbahnen, die von Jugendlichen bedient werden, die nebenher am Handy daddeln, schaut gerne grundsätzlich mit den Kindern nicht altersgerechte Filme (von denen nur ich Albträume bekomme) oder kauft dem Sohn sein erstes Taschenmesser. Dabei traue ich mich auch so manches: Vor großen Gruppen Sinnvolles oder Sinnfreies zum Besten geben macht mir nichts aus und ich bin auch schon risikofreudig ein paar Jahre ins gefährliche Ausland gezogen. Okay, es war Schweden.

Es muss ja nicht gleich eine „Mission Impossible“ werden, wie hier…..

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Auch bei Vorsicht kann etwas passieren

Sich etwas zutrauen, Risiken einschätzen lernen und Angst überwinden sind tatsächlich wichtige Dinge im Leben. Sich von der Angst beherrschen zu lassen, wie ich damals auf der Autofahrt zum Strand, das macht keinen Spaß. Was ich mittlerweile gelernt habe, ist, dass man durch übertriebene Sorge keinen Unfällen vorbeugen kann. Angst haben und noch einmal mehr “Vorsicht” sagen, hilft leider einfach nicht. So wie mit dem Taschenmesser meines Sohnes. Natürlich war ich zunächst gegen das Schnitzen und mein Mann dafür. Also gut. Wir haben ihm alles erklärt. Das man die Klinge von sich weghält, und VORSICHTIG sein muss. 100 Mal ging das gut und an einem Tag nicht. Er klappte das Messer nach seiner Schnitzarbeit wieder ein und der kleine Finger war dazwischen. Die Sehne wurde durchtrennt und zwei Operationen und viele “Hätte-sollte-wäre -Gespräche” später, bleibt die Erkenntnis, dass immer etwas passieren kann, egal wie vorsichtig man war.

Wir leiten unsere Kinder an, erklären ihnen Gefahren und trotzdem geht manchmal etwas schief. Soll man deswegen den Berg nicht besteigen, die Holzarbeit verbieten? Das Risiko vermeiden? Als ängstlicherer Elternteil ist diese Einsicht für mich viel schwerer verdaulich als für den Vater der Kinder. Als Angsthase durchs Leben gehen macht auch nicht immer Spaß….

Nach einer Schnitz-Pause arbeitet mein Sohn übrigens wieder mit dem Messer. Mit Handschuhen und vielen Vorsichtsermahnungen seiner Mutter, versteht sich. Und wir fahren im nächsten Sommer übrigens in die Alpen. Da gibt es wunderschöne Berge, die ich mir ja von unten ansehen kann.


Wie ist das bei Euch? Sind Vorsicht und Risikofreude bei Euch ausgewogen?

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2 Kommentare

  • Reply Anika 25. Mai 2016 at 6:58 pm

    Ich bin eher ein Angsthase. Zum Glück nimmt mein Mann den Gegenpart ein, ansonsten hätten unsere Kinder wahrscheinlich ziemlich zu leiden.

  • Reply Frau Mutter 26. Mai 2016 at 7:35 am

    Ich finde es auch gut, wenn es ausgeglichen ist. Aber es ist auch immer wieder gut, seine Angst zu bezwingen. Danach fühlt man sich super, dabei nicht unbedingt…..LG nina

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