Familie

Die verrücktesten Bräuche rund ums Kinderkriegen

13. Mai 2015

 

Vom Babykriegen, Büchsenmachen und dem losen Mundwerk bei der Geburt: Nadine Luck hat ein Buch über die verrücktesten Traditionen rund ums Kinderhaben geschrieben.

Sie erzählt im heutigen Gastbeitrag, warum süddeutsche Mütter im Geburtsvorbereitungskurs wie Kühe muhen, man in der Türkei besonders laut ist bei der Geburt und warum sie selbst die ersten vier Wochen ihres Lebens Tobias geheißen hat.

Keine Hemmungen beim Kinderkriegen in Deutschland

Na, habt Ihr so richtig laut gebrüllt bei der Geburt Eurer Kinder? Gebrüllt, als würdet Ihr barfuß über glühende Grillkohle laufen? Ich schon! Mit Vergnügen sogar, denn das Plärren hat mich gepuscht, und meine beiden Babys auch. Ich hätte auch gar nicht anders gekonnt, als meine persönliche Lautstärke voll aufzudrehen. Und was ich jetzt weiß: Mit meinem Geschrei habe ich mich „typisch deutsch“ verhalten.
In meinem neuen Buch „Die Nabel der Welt“. Die verrücktesten Bräuche rund ums Babymachen, -kriegen und -haben“ habe ich aufgeschrieben, was quer über den Globus von der Zeugung über die Geburt bis hin zum ersten Geburtstag des Kindes passiert. Bei meinen Recherchen habe ich herausgefunden, dass die Gebärenden ihre Lautstärke je nach Kultur unterschiedlich regeln.

In Deutschland jedenfalls lassen wir unsere Hemmungen fallen – wir schämen uns höchstens hinterher, das Neugeborene im Arm, für unsere vorherige Ausgelassenheit. Doch immerhin lernen wir in unseren Geburtsvorbereitungskursen, dass eine unsichtbare Verbindung zwischen Mund und Muttermund besteht, was bedeutet: Ist das Mundwerk lose, öffnet sich auch der Muttermund – und somit ist es geburtsförderlich, ordentlich zu brüllen. Vermutlich habe ich wegen dieser magischen Verbindung zwischen Mund und Muttermund bei meinem ersten Kurs in München, der mich auf die Geburt meiner Tochter Antonia vorbereiten sollte, auch die alpenländische Atemtechnik gelernt: Wir Hochschwangeren mussten damals tatsächlich auf allen Vieren auf der Matte stehen und muhen. Das sollte uns locker machen. Ich machte wider Willen mit: Wer aussieht wie ein Walfisch, hatte an Würde eh nichts mehr zu verlieren. So dachte ich zumindest – doch in anderen Ländern sehen das die Leute anders, wie ich inzwischen herausgefunden habe.

Die Nabel der Welt 300DPI RGB

In Asien und Afrika verliert man nicht die Fassung

„Wie die Mutter, so das Kind“, sagen etwa die Thailänder. Sie gehen davon aus, dass das Kind frech und unerzogen wird, wenn die Mutter die Dreistigkeit besitzt, mit lautem Stöhnen zu gebären. Reißt sie sich stattdessen am Riemen und beißt sie die Zähne zusammen, kriegt sie auch wohl erzogenen Nachwuchs. Darum, was die Leute denken, scheren sich auch die Taiwanesen. Eine Geburt im Stillen gehört hier zum guten Ton, um die anderen im Dorf bloß nicht zu stören.

In manchen Teilen Afrikas gelten Schreie bei der Geburt sogar als gefährlich: Die Efé in Togo etwa fürchten, sie könnten dadurch böse Geister anlocken. Bei den Diola im Senegal tritt die frisch gebackene Mutter mit der Geburt ihres ersten Kind in die Gemeinschaft der Dorffrauen ein – aber nur, wenn sie das Kind leise zur Welt gebracht hat. Auch Katie Holmes dürfte ihre Suri in aller Stille entbunden haben. Die Mitglieder der Scientology-Sekte, der sie damals angehört hat, sollen beim Gebären keinen Mucks von sich geben – laute Schreie würden dem Kind nachhaltig schaden.

Geschenke zur Geburt: Gold und „Büchsen“

Türkische Frauen indes dürften uns Deutsche nochmals toppen: Je lauter sie schreien und je offensichtlicher sie leiden, desto größer fällt ihr Geburtsgeschenk – oft ist es Gold – aus.

In Niederbayern gibt es dagegen in der Regel weniger wertvolle Geschenke. Dort spendieren die Freunde beispielsweise Konservendosen, und auch das nur frisch gebackenen Mädchen-Eltern. Wer in den dortigen Dörfern und Städten Hunderte von leeren Büchsen auf der Straße stehen sieht, muss also nicht befürchten, dass die örtliche Müllabfuhr streikt. Nein, in der Regel säumt eine Ansammlung von Altblech den Weg vom Kranken- zum Wohnhaus der jungen Familie als Zeichen dafür, dass ein neuer Büchsenmacher in der Stadt ist. Büchsenmacher? Ganz genau! Im bairischen Dialekt heißt ein Mädchen auch „Bix“, und der aufmerksame Leser befürchtet es: eine „Bix“ ist ein bayerisches, politisch inkorrektes Synonym für die weiblichen Geschlechtsorgane.

Ich selber bin ja auch in einem niederbayerischen Städtchen geboren und hätte auch gleich nach meinen ersten Atemzügen auf diesem Planeten mit diesen „Bixn“ in Berührung kommen sollen. Weil aber meine Eltern keine Lust hatten auf jede Menge Müll vor dem Haus, haben sie überall erzählt, ich sei „der Tobias“. Der Plan meiner Eltern, den lieben Freunden weiszumachen, dass ein Sohn geboren wurde, ging auf. „Bixn“ gab es also nur in Form von Dosenravioli in ihrem Haushalt.

Ich habe übrigens selbst gerade nochmals ein neues Baby gekriegt: Es ist 290 Gramm schwer, 18,8 mal 12,6 Zentimeter groß und mit 281 Seiten ein richtiger Wonneproppen. Doch keine Sorge: Es handelt sich hierbei nicht um ein Kind mit ziemlich merkwürdigen Maßen, sondern, wie oben bereits erwähnt, um mein Buch „Die Nabel der Welt“, das gerade im Conbook Verlag erschienen und für 9,95 Euro erhältlich ist.

Und ja, als es druckfrisch ins Haus gekommen ist, habe ich wieder mal in ordentlicher Lautstärke einen Freudenschrei ausgestoßen. Jippiiiiieeee!

Nadine Luck

Wenn Ihr mehr über die verrücktesten Traditionen rund ums Babymachen, -kriegen und haben erfahren wollt, besorgt Euch Nadines unterhaltsames Buch. Mehr von Nadine zu lesen gibt es auch in ihrer Kolumne im Magazin „Leben und Erziehen“.

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1 Kommentar

  • Reply Testtante Manu 15. Mai 2015 at 2:20 pm

    Haha. Sehr schön 🙂
    Also ich kann alle Tailänderinnen beruhigen. Ihr könnt ruhig ordentlich Krach bei der Geburt machen. Ich habe mich nicht zurückgehalten. Wurde dann sogar 2 Tage nach der Entbindung von einer anderen Mutter die, wie wir im Gespräch heraus gefunden haben, im anderen Kreissaal lag gefragt ob ich eine schwere Geburt hatte. Ups 😉 Aber ok. Ich habe auch einen 4.180 Gramm großen Wonneproppen herausgepresst.
    Und um zurück auf den Irrglauben zu kommen, dass die Kinder bei denen die Mama Krach gemacht hat unbezogen und frech wären. Mein Sohnemann ist inzwischen 6 Jahre alt und ich bekomme häufig Komplimente für meine wohlerzogenen, ruhigen und braven Buben. Scheint also nicht an der Lautstärke der Mutter zu liegen 🙂

    In diesem Sinne Mund oben auf, dann klappt es mit dem Muttermund auch besser.

    Liebe Grüße

    Manu

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