Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber wir haben als Familie noch nicht den idealen Traumurlaub verbracht. Entweder wurde immer jemand krank oder die Unterkunft hat nicht gepasst.
Als Familie mit Schulkindern muß man natürlich in der Hochsaison besonders tief in die Tasche greifen und da ist es doppelt wichtig, dass alles klappt und alle Familienmitglieder ihren Urlaub geniessen können.
Wir verreisen diesen Sommer zusammen mit Freunden, die auch Kinder haben.
Da passt es wunderbar, das ich gerade das Buch „Die Kunst, gemeinsam zu reisen“ von Katrin Zita zur Rezension geschickt bekam.
Es ist ein spannendes Buch, das einen psychologischen Ansatz hat. Ich habe mit der Autorin darüber gesprochen, wie eine gemeinsame Reise gelingen kann.
Warum gehen Urlaube überhaupt schief? Hat man zu große Erwartungen an „die schönste Zeit des Jahres“?
Ja, zumeist sind es die unterschiedlichen Vorstellungen in einer Reisegemeinschaft: Wenn eine gemeinsame Urlaubszeit bevorsteht, schleichen sich unbewusst gewisse Erwartungen ein. Männer träumen davon, endlich ihrem Abenteuersinn mehr Raum geben zu können. Frauen haben Bilder von einem romantischen Candle-Light-Dinner mit ihrem Liebsten und Spaziergängen entlang der Hafenpromenade. So klischeehaft diese Beispiele klingen, sie sollen illustrieren, wie weit die Vorstellungen der Gestaltung der bevorstehenden gemeinsamen Zeit auseinanderliegen können. An sich wäre dies kein Problem – würde man nicht über den gleichen Zeitraum sprechen, in dem diese Vorstellungen miteinander verwirklicht werden sollen, nämlich dem gemeinsamen Urlaub!
In dem Wort Erwartungen steckt übrigens das Wort warten; es drückt einen passiven Zustand aus, also genau das Gegenteil vom Reisen, das eine aktive Tätigkeit ist und den Impuls des Aufbrechens und Sich-auf-ein-Ziel-Zubewegens als Intention hat. Wenn wir etwas erwarten, machen wir uns jedoch abhängig von etwas, das rund um uns geschehen soll. Wir sollten uns dessen bewusst sein, um kleine Tücken im Alltag und auf unserer Lebensreise erkennen und beseitigen zu können.
Sie sprechen in Ihrem Buch von der Wichtigkeit der Achtsamkeit, der inneren Haltung, aber auch von Grenzen. Warum ist das so wichtig beim gemeinsamen Reisen?
Unserer Individualität sollten wir uns jeden Augenblick bewusst sein, vor allem in Reise- und Lebensgemeinschaften. Warum sich in ein enges Korsett pressen, wenn es viele Möglichkeiten und Spielraum gibt? Gemeinsam zu reisen, bedeutet nicht, während dieser Zeit jeden Schritt nur mit den anderen zurücklegen zu können. Es darf auch Stunden oder vielleicht Tage geben, in denen jeder für sich seinen Weg geht und seine Interessen verfolgt. Kennen Sie solche frei gestalteten Reisesituationen bereits? Dann wissen Sie, um wie viel erfrischter und besser gelaunt man wieder aufeinander trifft.
In einer harmonischen Stimmung, weil jeder »sein Ding« machen konnte. Diese temporäre Selbstverwirklichung auf Reisen – in Gruppen, Freundschaften und natürlich auch Partnerschaften – schenkt immens viel Kraft und Ausgeglichenheit, von denen jeder Reisende nur profitieren kann. Es wäre doch langweilig, wenn wir uns in ein standardisiertes Reiseprogramm pressen würden, anstatt unsere Individualität auch an anderen Ecken und vielleicht gar am anderen Ende der Welt zu erleben.
Wie geht man am besten mit Stress und (negativen) Überraschungen auf einer gemeinsamen Reise um?
Resilienz lautet der Fachbegriff für die Fähigkeit eines Systems, mit Veränderungen umgehen zu können. Anhand eines Stehaufmännchens lässt sich der Begriff Resilienz anschaulich erklären: Es kann sich aus jeder beliebigen Lage wieder aufrichten. Es gibt auch einen im wahrsten Sinn aufbauenden Satz: »Hinfallen, aufstehen, Krone zurechtrücken und weitergehen!« Wir Menschen sollten nach einer Störung best- und schnellstmöglich wieder in unseren Grundzustand zurückkehren.
Meine Reiseerlebnisse haben mir gezeigt, wie Menschen unterschiedlicher Nationalitäten mit den Überraschungen des Lebens umgehen und wodurch sie ihre Resilienz, also ihre Widerstandsfähigkeit stärken. Wie gehen wir selbst und andere jedoch mit negativen Überraschungen wie etwa einem miesen Hotelzimmer um? Was tun, wenn wirklich einmal alles aus dem Ruder läuft? Wenn das Hotelzimmer nicht Ihren Wünschen entspricht, könnten Ihre kleinen grauen Zellen zur Höchstform auflaufen: Lässt sich eine Lösung in einem Gespräch mit dem Herrn an der Rezeption herstellen? Haben Sie für eine ganze Woche vorausbezahlt oder können Sie Ihre Buchung noch ändern? Oder ist es vielleicht nur ein Aspekt, der Sie an dem Raum stört? Das Licht, der Polster oder die Raumtemperatur? Kann daran vielleicht etwas verändert werden?
Ich darf Ihnen folgende Tipps für das Erhöhen der eigenen Resilienz ans Herz legen: Akzeptieren Sie die Wirklichkeit! Auch Sie dürfen Gefühle des Ärgers oder der Traurigkeit verspüren. Das Leugnen der Wirklichkeit würde nicht weiterhelfen, wir brauchen die realen Tatsachen und Fakten, um den nächsten Schritt zu setzen. Das ist der Blick in die Zukunft. Wir benötigen ihn, damit wir die richtigen Schlüsse aus dem Geschehenen ziehen können. Oftmals genügt es, wenn Sie das nicht nur im Geiste, sondern auch auf körperlicher Ebene umsetzen. Das Heben des Kopfes und Blickes fördert auch unser Denken und die Suche nach neuen Optionen. Aufgerichtet und nach vorne ausgerichtet: Diese Haltung beeinflusst positiv unsere innere Geisteshaltung. Sollte sich etwas nicht nach Ihren Wünschen entwickeln, ist es ratsam, nicht in Passivität zu verfallen. Die Devise in solchen Momenten lautet: raus aus dem nicht zufrieden stimmenden Hotelzimmer und rein ins Reiseleben!
Als Familie verreist man ja über viele Jahre gemeinsam. Wie kann es funktionieren, dass alle glücklich sind? Insbesondere wenn die Kinder noch klein sind?
Vor allem das Alter Ihres Kindes oder Ihrer Kinder stellt gewisse Weichen. Sind Ihre Kinder noch jünger, also unter drei Jahren, kann es mit der Fremdbetreuung am Urlaubsort schwierig werden. In dieser Phase braucht der Nachwuchs meist eine längere Eingewöhnungszeit, bis ihm eine neue Betreuungssituation vertraut ist. Klären Sie deshalb in Ruhe und noch vor dem Aufbrechen zu einer Reise, ob Ihr Partner vielleicht im Gegensatz zum Alltag ein bisschen mehr Zeit mit den Sprösslingen verbringen kann und auch möchte – und Sie sich beruhigt zum Schwimmen oder Joggen aufmachen können.
Vorab ist es wichtig, dass Sie sich über Ihre eigenen Erwartungen Gedanken machen. Was ist Ihnen selbst im Urlaub wichtig? Was möchten Sie auf dieser Reise erleben?
Im Familienverband bleibt ein achtsamer Umgang mit den eigenen Bedürfnissen ebenfalls vorrangig. Auch gilt es, alle Wünsche einer Realitätsprüfung zu unterziehen.
Wir verreisen im Sommer das erste Mal mit einer befreundeten Familie. Was müssen wir beachten, damit wir auch noch nach dem Urlaub befreundet sind?
Familien entscheiden sich gerne dafür, mit anderen Familien zu verreisen. Bitte seien Sie in diesem Fall achtsam und bedenken Sie: Auch wenn man mit den allerbesten Freunden verreist, können Schwierigkeiten auftreten. Zwei Familiensysteme in einem gemeinsamen Ferienhaus können eine große Erleichterung sein. Gemeinsames Kochen für alle, gemeinsames Spielen der Kinder, während die Großen gemeinsam Karten spielen oder ein Paar sich einmal eine Auszeit gönnt – das klingt perfekt. Aber der gemeinsame Urlaubsalltag kann auch als nervenaufreibend empfunden werden. Statt der ersehnten Entspannung gibt es plötzlich nur noch eine große Anspannung.
Zum Wohl Ihrer Kinder ist es auch wichtig, sich darüber klar zu sein, welche Regeln oder Erziehungsmaßstäbe im Urlaub gelten. Kaum eine andere Familie verfolgt exakt das gleiche Erziehungs- und Beziehungsmodell mit ihren Kindern, wie Sie selbst es für Ihre Familie tun. Welche Regeln gelten im Zweifelsfall? Wie wird mit Konflikten der Kinder umgegangen? Gerade bei Kindern ist es normal, dass in Zeiten, in denen man bis zu 24 Stunden täglich Zeit miteinander verbringt, manchmal Streit auftaucht. Auch wenn das zu Hause nicht an der Tagesordnung steht, kann dies im Urlaub passieren. Wie wollen Sie vorgehen? Schiedsrichter zwischen den Kleinen spielen oder sollen sie sich ihre Differenzen selbst ausmachen? Es ist gut, solche Gegebenheiten vorab zu besprechen.
Machen Sie sich vorab auch über die Schlafenszeiten der Kinder Gedanken. Manchen Eltern ist es wichtig, dass ihre Kinder auch im Urlaub zur gewohnten Zeit ins Bett kommen und ihren geregelten Rhythmus beibehalten. Andere hingegen sehen das Gemeinsam-unterwegs-Sein und die Zeit auf Reisen als eine Auszeit vom Alltag, auch für ihre Kinder. Diese werden vielleicht ins Restaurant zum Abendessen mitgenommen und schlummern einfach am Nachhauseweg im Kinderwagen ein. Und wie bei so vielem im Leben: Bedenken wir etwas vorab gut, ist das Gelingen fast vorprogrammiert. Und wo wir der Urlaub wieder das, was er sein soll: Die schönste Zeit des Jahres!
Liebe Frau Zita, vielen Dank für das Interview!
Katrin Zita ist als Coach in Wien, Berlin und via Skype tätig. Nach vielen Jahren in der Architektur- und Medienbranche berät sie heute als Psychosozialer Coach für Hochbegabte, Hochsensible und Hochsensitive sowie als Lebensberaterin Klienten mit den beruflichen Schwerpunkten High-Potential, Leadership und Individual Career. Ihr Erstlingswerk „Die Kunst, allein zu reisen und bei sich selbst anzukommen“ avancierte innerhalb kürzester Zeit zum Bestseller. Ebenso ihr im Frühjahr 2015 erschienenes zweites Buch „Die Kunst, gemeinsam zu reisen und bei sich selbst zu bleiben“ –
Heute verlose ich einmal das Buch „Die Kunst, gemeinsam zu reisen“ von Katrin Zita. Wer würde es gerne lesen?
3 Kommentare
Wir verreisen in 2 Wochen mit Schwiegereltern und Schwägerin plus Familie nach Holland an die See. Da wäre das Buch sicher hilfreich, um den kleinen Reitereien aus dem Weg zu gehen… 😉
Wie verreisen viel und gerne. Es ist für uns Eltern schon auch anstrengend; aber das wäre unser Alltag zu Hause auch 😉 Unsere Familienurlaube waren bislang immer auf ihre Weise perfekt. Eine Flugreise mussten wir 24h vorher canceln, wegen Windpocken. Aber sowas passiert halt.
Das Buch würde mich trotzdem interessieren 🙂
LG von Anni.