Leben mit Kindern

„Nicht immer alles neu kaufen“: Interview mit Opa-Blogger Jürgen

3. September 2020

Je älter ich werde, desto mehr schätze ich die Lebenserfahrung älterer Menschen. Als junge Mutter wollte ich keine Ratschläge von Schwiegermutter und Co. hören, aber heute sehe ich das anders. Oma und Opa haben viel zu sagen und wir können von ihnen lernen. Als mich also Opa-Blogger Jürgen Busch für eine Vorstellung auf dem Blog bat, sagte ich gerne zu. ich habe mit ihm über seine Jugend in der Nachkriegszeit, die schönste Zeit in seinem Leben und das Opa-Sein geredet.

Der Opa Blogger schaut zurück

Jürgen, Du hast vier Enkel. Was fällt Dir positiv an der heutigen Erziehung auf?

Heute dürfen die Kinder mitentscheiden. Sie werden gefragt, ihre Meinung wird respektiert. Trotzdem sollten die Eltern die Zügel in der Hand behalten und die letztendliche Entscheidung in einer Sache treffen. Die Mitbestimmung der Kinder ist gut, darf aber nicht zu weit gehen. Das, was sie direkt betrifft, sollten sie mitentscheiden können.

Disziplin, Durchhaltevermögen, Resilienz. Meinst Du, dass Ihr das in Deiner Kindheit besser gelernt habt?

Früher wurde gemacht, was der Vater gesagt hat. Er hat autoritär und diktatorisch erzogen, Strafen waren üblich. Aber auch heute lernen die Kinder Disziplin, nur auf anderen, kooperativeren Wegen. Durchhaltevermögen und Resilienz sind vom Charakter des Kindes abhängig, kleine Sturköpfe und besonders willensstarke Kinder, die genau wissen, was sie wollen, gab es schon immer und wird es immer geben. Ihr Wesen muss nur in die richtigen Bahnen gelenkt werden und das geht nicht mit einer Diktatur.

Du bist ein Kind der Nachkriegszeit. Welche Dinge erinnerst Du positiv, welche negativ?

Früher wurden Kinder häufig geschlagen, die „Ordnungsschelle“ war an der Tagesordnung. Das habe ich nie kennengelernt, meine Eltern hätten mich nie geschlagen und das wusste ich auch. Auch in puncto Ernährung kann ich nur Positives berichten, meine Eltern verstanden es, auf die Essenswünsche von uns Kindern einzugehen. Das kannte ich von anderen Eltern ganz anders, da wurde gegessen, was auf den Tisch kam.

Als sehr positiv habe ich unsere gemeinsamen Reisen in den Sommerferien in Erinnerung. Auch wenn wir nur innerhalb Deutschlands verreist sind, war das damals keine Selbstverständlichkeit. Es war schon Luxus, jeden Sommer woanders unterwegs zu sein.

Leider kann ich mich nicht daran erinnern, jemals mit meinem Opa gespielt zu haben. Er wohnte zwar im gleichen Haus, aber gemeinsame Spielzeiten so wie heute gab es nicht.

opa_blogger

Glaubst Du, die Kriegserfahrung Deiner Eltern hat Dich und wiederum Deine Kinder geprägt?

Viele Väter kamen traumatisiert aus dem Krieg zurück, die Mütter mussten immer mit der Gefahr eines Bombenalarms leben. Das hat die Psyche der Generation sicherlich geprägt. Meine Generation sowie die meiner Kinder wusste von Anfang an, dass Krieg etwas ist, was um jeden Preis vermieden werden muss. Insofern haben die Erfahrungen sicherlich nachhaltig gewirkt. Die schönste Zeit in meinem Leben kam dann als Student in einer Kreuzberger WG in den 1960er Jahren.

Hast Du einen ganz anderen Weg gewählt als Deine Eltern, um Deine Kinder zu erziehen?

Ich habe meine Eltern immer als liebevolle Eltern erlebt, denen unser Wohl als Kinder wichtig war. Insofern bin auch ich diesen Weg gegangen und habe meine Kinder zu selbstbewussten, starken Erwachsenen erzogen.

Opa Blogger sein und die Enkel genießen

Hinterher ist man immer schlauer und viele Eltern fragen sich, ob sie das alles richtig machen mit der Erziehung. Was ist dein Rat an uns Jüngere?

Behandle die Kinder mit Respekt, höre auf die Kinder und lasse sie mitentscheiden!

Warum bist Du gerne Opa? Was unternimmst Du gerne mit Deinen Enkeln?

Kinder sind unkompliziert und haben auch an Kleinigkeiten viel Freude. Mit ihnen entdeckt man als älterer Mensch das Leben wieder neu und sieht, dass eine einfachere Sicht auf die Dinge manchmal hilfreich ist.

Als Opa spiele ich im Sommer mit meinen Enkelkindern viel draußen im Garten. Im Winter lieben wir das Basteln und Werken mit unseren Kindern und Enkeln und natürlich auch das Backen zur Weihnachtszeit.

„Früher hatten wir ja nichts“. Dieser Satz hat mich oft genervt an meinen Eltern und Großeltern. Warum ist er trotzdem richtig und was sind Deine Gedanken zum Anspruchsdenken der Jungen?

Viele Kinder leben im Überfluss der Geschenke und wissen die Dinge nicht zu schätzen. Oft hat nichts einen wirklichen Wert, weil es praktisch sofort ersetzt werden kann. Ich denke, Eltern sollten auch mal „Nein“ sagen und den Kindern nicht jeden Wunsch erfüllen bzw. ihnen klarmachen, dass sie auf etwas warten müssen. Nicht alles sollte eine Selbstverständlichkeit sein, zumindest, was Geschenke angeht.

Lieber Jürgen, danke für das Gespräch!

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