Eltern Interviews

Weniger Ärger im Familienalltag: Was der Gelassenheitscoach Christian Bremer uns rät

28. März 2017
weniger ärger im Familienalltag

Weniger Ärger im Familienalltag, wäre das nicht toll? Ein Leben mit Kindern ist wunderschön, aber eben nicht immer nur Büllerbü. In einem normalen Tag durchlebt man viele Emotionen, einige davon sind durchaus herausfordernd und – wiederkehrend.

Wie wir nicht mehr in destruktiven Verhaltensmustern verharren und wirklich lernen, eine Situation zu deeskalieren und eben nicht wieder laut zu werden, das erklärt uns heute Gelassenheitscoach Christian Bremer im Interview. Er hat wirklich sehr anschauliche Tipps und nachvollziehbare Übungen für uns parat.

Der Alltag einer Mutter ist geprägt von vielen Aufgaben, Multi-Tasking und auch Unterbrechungen, dazu kommen oft viele Emotionen die wir in einem Tag mit unseren Kindern durchleben. Weil wir alles abfedern müssen oder denken dies tun zu müssen. Gerade Mütter wünschen sich oft mehr Gelassenheit. Welchen Rat haben Sie?

Auch wenn alle, die Kinder erziehen, vor den gleichen „Problemen“ stehen, helfen doch nur individuelle Lösungen. Diese wollen durch Ausprobieren und persönliche Anpassung ausprobiert werden. Allerdings gibt es zwei prinzipielle Ansätze, die täglich geübt werden können.

Tipp Nummer 1:

Ich nenne ihn: „Nimm deine reflexartigen Reaktionen wahr, ohne ihnen spontan zu folgen“. Wenn ein Sohn sein Zimmer nicht aufgeräumt hat, obwohl das 13 mal besprochen wurde, wird wohl jede(r) erstmal „laut werden“ wollen. Ich halte das für zutiefst menschlich – schließlich ist es ja „gut gemeint“. Allerdings gibt es einen Unterschied: ich kann einen Reflex haben, muss ihm aber nicht wie eine Maschine folgen. Wir Menschen haben die Wahl. Das kann und sollte meiner Meinung nach trainiert werden. Mein Motto lautet dafür: „Erstmal gar nichts tun“. Das ist tatsächlich trainierbar und führt zu etwas Wunderbarem: wir sind klarer, stärker und haben einen wirkungsvolleren Tonfall. Denn natürlich sollte über das gesprochen werden, was uns stört. Aber erst nach einer kleinen Pause. Noch ein Tipp: LMAA – lächle mehr als andere. Wer genervt ist, sollte kurz lächeln und dann weitersprechen. Das sorgt für einen besseren Zustand.

Tipp Nummer 2: „MM“

Nein, MM ist kein Getränk, sondern es steht für „Meine Minute“. Setzen Sie sich bequem hin, schließen Sie Ihre Augen und spüren Sie Ihre Atmung. Nutzen Sie dafür die Fragen: „Atme ich noch?“, „Wie atme ich?“ und „Wie fühlt sich die Luft beim Ein- und Ausatmen an?“. Der Atem ist der Zugang zu Ruhe, Gelassenheit und Frieden. Sollten Sie in einer Lebensphase sein, in der Sie nicht gut einschlafen können, ist MM dabei eine gute Hilfe.

Wie entsteht eigentlich Ärger und Stress?

Im Kopf: seien Sie mal verärgert, ohne zu denken. Haben Sie mal Zeitdruck, ohne zu denken. Es geht nicht. Im Leben passiert ein Ereignis (ein unaufgeräumtes Zimmer zum Beispiel), wir interpretieren es (als „normal“ oder als „das geht ja gar nicht“) und haben entsprechende Gefühle. Interpretieren wir positiv, fühlen wir positiv, interpretieren wir negativ, fühlen wir negativ. Das ist die in der Praxis hilfreiche Kurzform, im Gehirn passieren natürlich komplexe Prozesse.

Wichtig ist dabei meiner Ansicht nach, wo der Grund für Ärger und Stress gesucht wird. Das unaufgeräumte Zimmer (also das Ereignis) kann nichts, es greift uns nicht an und schadet uns nicht. Genau das machen die meisten falsch, weil sie den Grund in den Ereignissen suchen. Damit treten sie schnell aus der Verantwortung raus und öffnen gefühlter Hilflosigkeit Tür und Tor. Anstatt ihren Einfluss zu nutzen.

Gibt es persönliche Muster für Stress und Ärger? Beispiel: Man nimmt Dinge zu persönlich. Wie erkenne ich diese und lerne sie zu durchbrechen?

Diese Muster gibt es ganz bestimmt. Beweis: was den einen angreift, lässt den anderen schmunzeln. Neben der oben beschrieben Pause hilft es vielen sehr, den Tag abends Revue passieren zu lassen. Ich liebe es, dabei zuerst an die schönen Momente des Tages zu denken. Schließlich gehen diese viel zu schnell unter. Danach frage ich mich, was heute nicht angenehm war – oder wann ich zum Beispiel etwas zu persönlich genommen habe.

Das mache ich mir einfach bewusst und stelle mir eine einfache Frage: „Wie hättest du gerne reagiert?“. Damit komme ich auf gute Ideen, was mir in der Situation sicherlich nicht möglich gewesen wäre. So nutze ich im Rückblick eine kurze Reflexion, um beim nächsten Mal vielleicht (!) besser zu reagieren. So ermögliche ich mir die Chance, immer etwas besser zu werden.

Schreien, Heulen, Streit, Widerspruch. Mütter sind im Alltag Stresssituationen ausgesetzt. Wie komme ich zu mehr Gelassenheit, gerade auch mit kleinen Kindern?

Ich empfehle da eine erprobte „Mentale 1. Hilfe-Technik“. Es ist wieder (nach einer kurzen Pause von nur 1 oder 2 Sekunden) eine Frage: „Bin ich in Lebensgefahr?“. Wer im Trubel kurz innehält und spürt, dass wir es nicht sind, wird lockerer. Unser Gehirn neigt dazu, zu dramatisieren. Aber wir können das wieder relativieren.

Sie sagen „Ärger ist ein Geschenk“. Warum das?

Das Gefühl von Ärger zeigt mir auf, dass ich in einer Situation bin, die ich noch nicht geschmeidig bewältigen kann. Weil sie aber wieder und wieder vorkommen wird, kann ich noch lernen, sie locker zu bewältigen. Entweder ich ändere mich oder ich leide weiter – das wir mir das Gefühl sagen. Daher bin ich fest davon überzeugt, dass Ärger für mich passiert und nicht gegen mich.

Vielen Dank Herr Bremer für diese wirklich praktischen Tipps!

Übrigens können alle Frau Mutter-LeserInnen zu einem Preisnachlass in Höhe von 50% am „Tag der Gelassenheit“ von Christian Bremer teilnehmen: Zwei Personen melden sich an, nur eine bezahlt. Info, Termine und Anmeldung hier. (Code bei Anmeldung: 2:1)

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3 Kommentare

  • Reply Ines 28. März 2017 at 7:17 am

    Toller Beitrag – tolle Tipps. Ich bereite gerade ein Glücksseminar im Kloster vor. Meine Kundinnen sind in erster Linie gestresste Mütter, die eine Auszeit für sich nehmen wollen und genau das erreichen wollen – mehr Gelassenheit, mehr Entspannung, Tools im Trubel Ruhe zu beahren. Beim ersten Tipp musste ich schmunzeln, weil ich genau das gerade als Übung vorbereite. Einen ganz tollen (und sehr unterhaltsamen) Beitrag hat hierzu Frau Vera Birkenbihl hinterlassen. https://www.youtube.com/watch?v=LtPZ3gKAZs0
    LG Ines

  • Reply Gartenbuddelei 28. März 2017 at 8:07 am

    „Bin ich in Lebensgefahr?“ – Das wird mein Mantra für den Rest meines Mutterlebens *lach*. Herrlich! Vielen Dank für den tollen Artikel..
    LG Anja

  • Reply Jenny Krapohl 29. März 2017 at 10:27 am

    Hallo Nina,
    interessantes Interview mit Herren Bremer. Tipp zwei ist prima. Ist auch was für meine Blogleser. Teile ich gleich mal.

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