Dieser Blog heisst ja Frau Mutter. Mit dem Frausein beschäftigen sich Mütter im Alltag oft notgedrungen etwas weniger. Aus der Flirtroutine ist man in einer längeren Partnerschaft schon etwas raus, geht alleine nur in die U-Bahn oder zum Discounter und so merkt man vielleicht gar nicht mehr, dass man eben nicht nur als Mutter sondern auch als Frau wahrgenommen wird.
Das letzte Mal als ich ein Kompliment bekam, stand ich im Bikini am Strand von Kreta und kaufte mir ein Eis. Der noch recht junge Eisverkäufer sagte zu mir: „Men like women who like ice-cream.“ Dabei malte er die imaginären Umrisse eines Walrosses in die Luft. Vielleicht wollte er auch nur mehr Eis verkaufen. Nun ja, man wird halt bescheiden…
Bei meiner Kolumnistin Sandra ist das anders. Männer umschwirren sie gerade wie Mücken das Licht. Sie rät: Geht zu Fuß, seid allein und um Gottes Willen, Mamas, wenn ihr angeflirtet werden wollt: Zieht nach Kiel. Dort leben offenbar Deutschhlands charmanteste Männer. Und die glücklichsten Eltern, denn vor der Haustür begehrt zu werden, ist offenbar eine gute Idee für eine erfüllte Partnerschaft. Viel Spaß bei Sandras witzigem Text!
Die begehrenswerte Mama: Was ist nur mit den Männern los? Und mit mir?
Neulich in der Disco: ich betrete einen Club, aus dem ich kehrtwendend wieder rausstolpere, weil Rockmusik bei mir eher einen Fluchtreflex als Tanzwillen auslöst. Der Mann, den ich dabei anrempele, zuckt bei meinem Anblick spontan zusammen, reißt die Hand vor den Mund und sagt: „Mein Gott, siehst du gut aus! Du hast mich jetzt echt umgehauen.“ Ich bin misstrauisch, vermute ich dahinter einen zwar originellen, aber doch recht offensichtlichen Anmachversuch. Doch der Typ verschwindet wieder in der Menge und sein Spruch geht bei mir runter wie Öl.
Eine Woche später laufe ich abends alleine durch die Kieler Innenstadt, als ein maximal 25-Jähriger eine rote Ampelphase dafür nutzt, mir zu gestehen: „Sie sind eine wunderschöne Frau! Ich laufe schon 200 m hinter Ihnen her, nur um Ihnen das zu sagen!“ Kein Witz, das hat er wirklich gesagt! Ich erwarte jetzt, dass der Typ mich bis zum Restaurant mit seiner unerwünschten Gesellschaft beehren wird, um meine Telefonnummer, bestenfalls ein Date rauszuschlagen, aber weit gefehlt. Auch sein Kompliment bleibt ohne Hintergedanken, er biegt augenzwinkernd in eine Seitenstraße ab und läßt mich mit einem ungläubigen, aber gebauchpinselten Lächeln zurück.
Ich frage mich, was mit den Männern da draußen plötzlich los ist? Denn sowas ist mir schon verdammt lange nicht mehr – nein, eigentlich noch nie passiert. Und wieso nehme ich diese Komplimente eigentlich nicht wirklich ernst? Offensichtlich war ich schon viel zu lange nicht mehr ohne Begleitung unter Menschen, denn Kinder oder ein wachender Ehemann sind das sicherste Anti-Schmeicheleien-Schutzschild.
Mama fühlt sich begehrenswert- auch zu Hause
Vielleicht ist mein Selbstbewusstsein durch den Alltag und mangelnde egopolierende Erfahrungen aber auch derart angeknackst, dass ich es für schier unmöglich halte, dass diese Typen mich tatsächlich attraktiv finden. Ich nehme mir vor, ab sofort viel öfter zu Fuß (denn mit dem Auto passiert dir sowas nie!) und alleine durch die Gassen Kiels zu flanieren, um den Männern der Stadt weitere Gelegenheiten für Komplimente zu bieten.
Denn nach diesen Erlebnissen fällt mein Blick in den Spiegel gleich halb so kritisch aus und im Bett schaue ich beim Wälzen in den Laken mit meinem Mann auch nicht mehr, wie unvorteilhaft meine Oberschenkel aussehen oder wie unschön mein Bauch sich wölbt.
Kritik am eigenen Körper ist für entspannten Sex nämlich so förderlich wie vorher einen Kriegsfilm anschauen.
Zugegeben, der Effekt ist vor allem so positiv, weil mich zwei völlig fremde Männer anziehend finden. Mein Mann macht mir zwar auch Komplimente, aber er ist ja nicht objektiv – finde ich. Schließlich ist er mit mir verheiratet, da ist das Begehren und die Wahrnehmung meiner Attraktivität doch irgendwie Grundvoraussetzung.
So ein Kerl aus der Disco sieht mich zum ersten Mal und in meiner besten Version! Und wenn selbiger gleich in bewundernde Starre verfällt, geht das durch bis in die letzten Gehirnwindungen und verströmt da mindestens eine Woche lang ein wohliges Gefühl.
Der eigene Mann muss sich da schon etwas mehr anstrengen, denn er sieht mich
a) jeden Tag, hat sich an meine „Schönheit“ also schon gewöhnt und
b) hat er mich auch schon in eher unschönen Lebenslagen gesehen, ich denke da beispielsweise an folgendes Bild: ich im Bett, fiebernd, mit Quarkumschlägen auf beiden Brüsten gegen die Brustentzündung. Nach solchen Erfahrungen ist der Lack eindeutig ab, weshalb ein runtergenuscheltes „Schatz, Du siehst heute aber gut aus“ eher die Frage aufwirft: „Ach, gestern nicht?“
Hier ist Kreativität gefragt. Die Bemerkung „Für das Outfit brauchst Du aber einen Waffenschein!“, bevor ich mit der Freundin entschwinde, klingt da gleich ganz anders und öffnet dem Mitternachtssex nach absolviertem Discobesuch Tür und Tor.
Und was ist mit Papa?
Apropos: gebe ich meinem Mann eigentlich das Gefühl, begehrenswert zu sein? Der gutgemeinte, grundehrliche Hinweis „Du musst mal in die Muckibude, dann sind das Hüftgold und der Bauch auch wieder weg!“, scheint mir da eher kontraproduktiv. Überhaupt fällt mir nach Jahren der Ehe, die ich ihn jeden Tag nackt aus der Dusche kommen sehe, mehr und mehr Negatives als Schönes an ihm auf. Das ist das Tückische an der Gewohnheit.
Ich nehme mir vor, meinen Mann mal wieder mit neuen Augen zu sehen, um fruchtbaren Boden für Komplimente meinerseits zu bereiten. Denn für guten Sex müssen sich schließlich beide Partner begehrenswert fühlen.
Sandra S., 40, lebt mit Mann und Töchtern in Kiel. Sie dreht “ehe-technisch” bereits die zweite Runde, wirkt oft bei Poetryslams mit und schreibt außerdem Kurzgeschichten. Wenn sie nicht gerade textet, das Meer oder ihre Familie genießt, singt sie mit Leidenschaft und Inbrunst. Bei Frau Mutter ist sie die Expertin für die körperliche Liebe oder was das ist, “wenn Mama und Papa sich ganz doll lieb haben.”
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