Feminismus geht schon ganz früh los, habe ich gelernt. Kürzlich stand meine Tochter vorm Spiegel und bastelte sich eine „Elsa-Frisur“ (eine Art Turban aus einem Bademantel-Gürtel), ist klar. „Du bist sehr hübsch, meine Süße.“ Ich weiß nicht, ob das gut ist oder sie „verdirbt“, aber ich muss und will meinen Kindern oft sagen, wie schön ich sie finde. Der Tochter und dem Sohn. „Mama, Du bist auch sehr süß, so süß wie ein Meerschweinchen oder ein Baby-Häschen. Aber ICH bin auch schlau.“ Dabei nickte sie sich bewundernd und heftig im Spiegel zu, so dass fast die Elsa-Bademantel-Gürtel-Frisur- zerstört wurde.
Constanze drehte sich zu mir um. „Ich bin eine SchlaubergerIn, Mama. Weil ich ein Mädchen bin, heisst das „In“. Ich war baff und glücklich zugleich. Ich persönlich unterstütze jede Einhorn-Glitzer-Haarspange in Rosa bei meiner Tochter, jedes Prinzessinnenkostüm in Glitter und zwei (!) Schminkkoffer hat Constanze auch schon „durch.“ Mädchensachen machen der Mutter Spaß, warum soll ich es meiner Tochter verbieten, so lange sie nicht mit „smokey eyes“ in den Kindergarten will.
Gleichzeitig habe ich früh angefangen, ihr zu erklären, dass Lippenstift und Glitzer toll sind, Spaß machen uns das auch dürfen, aber man auch „schlau“ sein sollte. Ich bin selbst eine weibliche Frau mit allem was dazu gehört und finde das auch gut so, aber nichts ist ja schlimmer als eine Tussi zu sein oder eine zu erziehen.
Feminismus: Damit kann man gar nicht früh genug anfangen!
Frei nach dem Motto: „Ich hab’s nicht nur hier, sondern auch hier.“ (Man stelle sich ein prall gefülltes Schminktäschchen und den Inhalt meines Kopfes vor.)
Bei Constanze muss ich mir zum Glück dahingehend keine Sorgen machen. Einen Großteil des Tages erklärt sie mir Dinge, die sie schon weiß und über die sie sich „in ihrem Gehürn“ Gedanken gemacht hat.
„Mama, wir alle und auch Krokodile bestehen aus Fleisch und Blut, aber ein Fahrrad nicht.“ Dies wird vorgebracht mit großer Ernsthaftigkeit, aber auch in einem absoluten Vertrauen, dass das, was man sagt, absolute Richtigkeit und vor allem Wichtigkeit hat. Es gibt überhaupt gar keinen Zweifel bei ihr, dass es vielleicht nicht interessant oder falsch ist, was sie da erzählt. Sind das die vielen Lehrer- und Journalisten-Gene, die sie auch der Familie ihres Vaters mitbekommen hat?
Oder vielleicht hat auch einfach mal die Mama was richtig gemacht. Ja , so muss es sein. Ich hole mir jetzt mal die Fliegenklatsche aus dem Schrank und klopfe mir mal eine Runde so richtig auf die Schulter. „Gut, gemacht, Nina. Deine Tochter findet sich schlau und schön.“
Außerdem stelle ich bei ihr ein sehr ausgeprägtes Verhandlungsgeschick fest. Mit Anfang 40 kann ich nicht so gut dealen wie sie mit fünf Jahren. „Ich gucke jetzt noch zehn Minuten die Kindersendung und dann schauen wir ein Buch an, okay Mama?“
Kürzlich waren wir bei der U9 und die Kinderärztin fragte mich: „Haben Sie irgendwelche Sorgen, was Ihre Tochter betrifft?“Ich musste genau drei Sekunden nachdenken und verneinen, denn ich bin der festen Überzeugung, dass Constanze prima durchs Leben kommen wird. Hoffentlich kann sie diese Selbstgewissheit durch die Pubertät retten, mehr kann man sich gar nicht wünschen als Mutter. Wenn sie mal eine Frau wird, die ihre Weiblichkeit geniesst und gleichzeitig ihr Talent und Ihren Geist, das wäre doch was!
Aber Moment mal, wie fand Constanze mich noch mal? Süß wie ein Meerschweinchen und Baby-Häschen! Mhhhh. Im Namen aller Nagetiere: Wir sind nicht nur süß, sondern auch schlau! Feminismus gilt auch für uns!
2 Kommentare
Was? Noch kein Kommentar unter diesem tollen Artikel? Das ändere ich mal lieber schnell! Bei meiner 3 Jährigen beobachte ich dieselben Ansätze wie bei deinem tollen Mädchen! Sie kommt gar nicht auf die Idee das es irgendetwas geben könnte das Sie nicht kann weil Sie ein Mädchen ist! Daran merkt man auch das sich in unserer Gesellschaft in den letzten 20 Jahren doch auch etwas getan hat. Zitat Tochter Kind:‘ Weisst Du Mama, es gibt auch Ärzter. Nicht nur Ärztinnen. Wenn die Ärztin Urlaub hat, gehen wir zum Ärzter. Männer können das nämlich auch.‘ Bei mir war das noch total festgelegt mit ‚Onkel Doktor‘ – damals war die ‚Frau Doktor‘ halt doch eher die Zahnarzt Frau aus der Werbung. Sie spielt übrigens genauso gerne Einhorn Glitzerglück wie im Sand gebaggert wird- und wenn es gut läuft, wird das beim Sohn genauso!