Corona und der Lockdown manchen Paaren auch eine Beziehungsflaute eingebracht, gerade wenn sie Eltern sind oder schon länger zusammen. Wenn der Mann plötzlich im Homeoffice und 24/7 zu Hause war, haben wir nicht immer vor lauter Begeisterung in die Hände geklatscht. Viele Frauen hatten noch mehr zu wuppen. Klar, dass dies nicht so der Liebe zuträglich ist.
Gastautorin Jenny schreibt heute ehrlich, wie sie sich in den letzen Monaten gefühlt hat.
Mehr als einmal habe ich schon folgende Sätze im Freundeskreis von Müttern (hinter vorgehaltener Hand) gehört: „Peter nervt mich nur noch!“ „Ohne ihn ist es viel harmonischer zuhause!“ oder „Wenn die Kinder nicht wären, hätte ich schon längst eine Ein-Zimmer Wohnung in der Innenstadt!“ oder „Mit Johannes ist es, als hätte ich noch ein Kind mehr, er macht mir nur zusätzliche Arbeit!“ Hand aufs Herz, wer ist nicht im Alltag schnell genervt und hat ähnliches schon mal vom Partner gedacht… Ich schon!
Ich mach doch eh alles alleine!
So kam es mir nicht unrecht, als mein Mann kürzlich eröffnete, dass er nun beruflich viel unterwegs sein würde. „Kein Problem, das schaffen wir mit links!“ sagte ich naiv zum Papa unserer drei Kinder und nahm es auf die leichte Schulter. ich packte alle seine Masken für die Dienstreisen zusammen. Insgeheim freute ich mich auf ein bisschen vorübergehenden Abstand, abendliche Ruhe, ausgiebige Telefonate mit Freundinnen und Popcorn zu Liebeskomödien, die ich meinem Mann nicht antun kann und die schon ewig auf meiner Amazon Watchlist standen. Zu früh gefreut.
Ehemann nervt! Besser dran allein?
Derzeit bin ich unter der Woche alleine und mittlerweile bin ich von der Situation mit drei Kindern, 12 Fischen und keinem Mann genervt. Insbesondere unsere Mittlere leidet unter der Abwesenheit ihres Papas. Sie kommt nachts zu mir ins Bett und ist tagsüber außergewöhnlich anhänglich. Gestern früh schwamm zudem einer unserer Platys bäuchlings oben im Aquarium und das Kaffeepulver war aus. Noch nicht mal sechs Uhr dreissig und ich schon überfordert. Die Tatsache, dass mein Sportausgleich Mittwoch abends ohne Mann auch flachfällt, macht die Situation nicht einfacher.
Was dem einen der Alltag, ist des anderen Wahnsinn
Anstatt es mir abends also auf der Couch gemütlich zu machen, habe ich eine noch längere Liste an To Dos als sonst schon, die tagsüber liegen geblieben sind. Während Kind eins zu 20 Uhr schläft, räume ich die Küche auf, vertröste Kind zwei mit einem Hörspiel und Kind drei telefoniert mit dem Papa, der 600 km entfernt im Hotelzimmer sitzt. An schlechten Abenden kommen Tränen hinzu, die ich trocknen muss: „Der Papa ist ja bald wieder da!“ Gegen 21 Uhr sind im Idealfall die Großen auch eingeschlafen und ich bügele mit Tunnelblick oder hänge noch rasch die Wäsche auf. „Ich schaffe das schon, Alleinerziehende schaffen das ja auch,“ sage ich mir mantraartig.
Und dann vermisse ich ihn doch
Dabei kommen die Selbstzweifel. War die Stunde vor dem Fernseher wirklich nötig oder hätte ich sie mit den Kindern besser nutzen können, sollen, müssen? War ich zu streng bei den Hausaufgaben? Hätte ich beim Tisch decken weniger schimpfen sollen? Egal wie sehr ich mich bemühe, am Ende eines Tages ohne Mann habe ich das Gefühl, nicht gereicht zu haben, nicht geduldig genug oder liebevoll gewesen zu sein. Dabei geht es ja nicht nur um die Hausarbeit, die ganze Verantwortung, die alleine auf mir lastet! Meinen Mann am Telefon volljammern verkneife ich mir weitestgehend. Und wie ich ihn plötzlich vermisse, wie schon lange nicht mehr!
Ich kann den Frauen, die es als einfacher empfinden, wenn der Papa im Alltag abwesend ist hiermit sagen, dass es auf Dauer wirklich schöner zu Zweit ist. Barthaare im Waschbecken, Socken unter dem Bett oder Diskussionen zu später Stunde hin oder her. Sicherlich gilt das nicht für jede Konstellation, viele Trennungen haben ihre Berechtigung. Alles was ich jedoch mit Sicherheit sagen kann und möchte: Ich zolle allen Alleinerziehenden hiermit meinen Respekt. Chapeau! Ihr macht einen krassen Job!
Foto: Pixabay
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