Leben mit Kindern

Frau und Mutter in der Offroad-Szene: Wie Cathrin sich unter Männern durchsetzt

27. August 2020

Manche Frauen hauen einen ja um und sind wirklich inspirierend. Nicht nur aufgrund eines vermeintlich schillernden Lebenslaufes, sondern weil sie echte und innere Stärke besitzen und ausstrahlen. Vor zwei Wochen stand ich auf der Party eines altes Schulfreundes und unterhielt mich mit einer Powerfrau, die diese Bezeichnung wirklich verdient. Cathrin Meister hat sich als eine der wenigen Frauen in der Offroad Szene etabliert. Außerdem ist sie 4fache Mutter (drei davon sind Drillinge! ) und startete in dem Business, als sie gerade Witwe geworden war. Sie verlor den Vater ihrer Kinder plötzlich und unerwartet und hat sich nicht nur aus dieser traumatischen Erfahrung heraus gekämpft, sondern auch ihre Leidenschaft Offroad zum Beruf gemacht. Heute ist sie erfolgreiche Offroad Instructerin,  Podcasterin zum Thema Motorsport und wieder glücklich verheiratet. Natürlich mit einem Mann, mit dem sie gemeinsam durch den Schlamm fährt. Ich habe mit ihr über Lebenskrisen gesprochen und darüber, wie sie eine Chance werden können.  Sie erzählt uns, wie man sich als Frau in einer Männerdomäne Respekt verschafft und was sie ihren Kindern (zwei Mädchen, zwei Jungs) mit auf den Weg gibt.

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Als Frau in der Offroad Szene

Cathrin, warum bedeuten Dir Autos, Schlamm und Motoren so viel?

Einfach weil es so ein Flow-Erlebnis ist. Offroaden bringt einen total aus dem Alltag heraus, weil man so fokussiert und konzentriert sein muss. In vielen anderen Sportarten kann man gedanklich abschweifen, das geht hier aus Sicherheitsgründen einfach nicht. Damals, als mein Mann plötzlich und unerwartet starb und ich mit vier kleinen Kindern in einem verschuldeten Haus saß, war das echt mein Escape. Mit meinem zweiten Mann fahren wir jetzt immer zusammen und wir lieben den Ausstieg aus dem Alltag.

Die Kraft und auch die Lautstärke der Motoren der Autos hat für mich auch etwas Beschützendens, Behütendes. Ich fühle mich immer so sicher wie in einem Panzer. In gefährlichen Situationen im Auto kann ich die Situation kontrollieren, was ich ja beim Tod meines Mannes nicht konnte. Das hat mir wieder Stück für Stück Halt und Vertrauen für meinen Alltag gegeben, auch wieder etwas kontrollieren zu können.

Ich war immer schon Fan des Motorsports. Mit 15, 16 Jahren stand ich schon mit dem Motorcross-Moped in der Sandkuhle!

Wie war es, sich schon als Jugendliche in einer Männerdomäne zu behaupten?

Ich musste mich gerade auch auf der menschlichen Ebene beweisen. Als Jugendliche war das noch entscheidender. Man musste schauen, dass man nicht als Püppchen wahrgenommen wird. Ich musste anfangs viel einstecken. In der Phase habe ich meinen heutigen Humor und meine Schlagfertigkeit ausgebildet. Das hilft mir heute, wenn ich auf versteckte sexistische Bemerkungen reagieren muss. Da kann ich sehr gut mit umgehen. Das ist neben meiner fachlichen Expertise mein Handwerkszeug geworden.

In meinen Offroad-Trainings merke ich ganz oft, dass Männer nicht damit umgehen können, wenn ihnen eine Frau etwas erklärt. Dann kommt oft ein unmöglicher Spruch. Ich versuche es als erstes immer mit Humor und dann antworte dann auf seinem „Niveau“. Bei Verweigerungshaltung sage ich dann: „Du hast jetzt zwei Möglichkeiten- entweder Du hörst zu und wir können jetzt Spaß haben oder Du steigst aus.“ Diese klaren Ansagen Männern gegenüber- das konnte ich früher überhaupt nicht, das habe ich erst durch den Job gelernt.

Kenne Deine Stärken

Es ist total wichtig, dass man weiß, was man kann. Die fachliche Kompetenz und das Selbstvertrauen daraus geben mir Sicherheit.  Als einzige Frau in einer Männerdomäne wird sehr viel genauer hingeschaut, „ob sie das auch kann“. Ich kann mich an eine Jagdmesse erinnern mit der entsprechenden Sprüche klopfenden Klientel aus älteren Männern. Bei einem Streckenabschnitt war ich unsicher. Mein Chef ist dann mit mir die Strecke so oft abgefahren, bis ich absolut sicher war. Dann waren mir auch die Kommentare egal, die von den Männern kamen.

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Respekt für Frauen bei Thomas 50+?  Auf „neutral“ schalten und Fahrstuhlmusik

Wie kooperieren Männer besser? „Weibliche“ Eigenschaften oder klare Kante?

Meine Taktik ist klare Ansage mit Humor verpackt. Wenn so obercoole Männer kommen und alles schon vorher wissen, sage ich : „Na, wenn Du das schon kennst, weißt Du ja , dass Du Deinen Sitz erstmal einstellen musst und vielleicht nicht mit Vollgas losfahren.“ Dann muss man als Trainerin sehr wach sein. Wenn der Mann dann nicht kooperiert, muss ich aus Sicherheitsgründen „in den nächsten Gang schalten“ bzw. bei unseren Automatik-Fahrzeugen „den Hebel auf neutral schalten“. „Jetzt siehst Du, was passiert, jetzt stehen wir hier im Wald. Du weißt nicht wo wie sind, aber ich schon.“

Das kann ja dann durchaus dicke Luft geben in so einem Auto. Viele Frauen wollen gerne angenehme Stimmung im Beruf, gemocht werden.  Wie hälst Du Konfrontation aus?

Deswegen versuche ich erst immer mit Humor, gerne auch derber. Ich habe auch einen Rucksack voller Konter-Sprüche parat, mit denen ich antworten kann. Das ist tatsächlich Handwerkszeug. Wenn das alles nicht mehr geht, habe ich einfach „Fahrstuhlmusik im Kopf“ und lasse den mal quatschen. Solche Fahrgäste fahren auch immer nur auf dem Feldweg und nicht die steilen Strecken, leider….Es geht dann aber auch um meine Verantwortung. Wer nicht kooperiert, gefähdert sich und anderen- und hat auch keinen Spaß.

Sich in männliche Egos einfühlen

Männer haben ja oft das Gefühl oder auch die gesellschaftliche Rolle, dass sie alles gleich richtig gut können und ohne Hilfe können müssen. Meine Aufgabe ist es dann auch, einfühlsam zu sein und diesen Druck zu nehmen. Humor hilft da auch sehr gut und lockert die Situation auf.

Gender Neutrale Erziehung für die Kinder

Woher kommt Deine Stärke und Dein Selbstvertrauen, Cathrin? 

Der Tod meines Mannes war der absolute Tiefpunkt in meinem Leben. Schlimmer konnte es wirklich nicht kommen. Obwohl das viele nicht verstanden damals, habe ich mich nach seinem Tod erst einmal  auf mich konzentriert. „Du musst etwas für Dich tun, um an dieser absurd schrecklichen Situation nicht zu zerbrechen“, habe ich mir selbst gesagt. Ich besorgte mir also einen Babysitter, meldete mich für eine Trophy an und bin mit meinem neuen Defender nach Polen gefahren. Ich habe mich auf mich fokussiert, um auch meinen Kindern zu zeigen: „Egal was passiert, man kann alles schaffen. Man hat Kraft und Stärke in sich, dass man alles schaffen kann.“

Ich bin seit zehn Jahren sehr glücklich verheiratet und mein zweiter Mann hat die Kinder adoptiert. Aus dieser Leidenschaft, die ja auch meine Rettung war, hat sich mein Job bei FCS Offroad ergeben. Hier bin ich bei den Offroad Instructern die einzige Frau.

Du bist ja auch Mutter von zwei Töchtern. Was gibst Du denen mit auf den Weg?

„Mach das, womit Du Dich wohlfühlst, egal was andere sagen. Sie müssen auch nicht so werden wie ich oder so leben wie ich, das finde ich ganz schlimm, wenn Eltern so sind. Bei uns interessiert sich nur ein Kind von vieren für Autos! Das sage ich auch übrigens meinen Söhnen. Kann ja sein, dass einer von ihnen mal Kosmetiker werden will!“ Die Basis für einen Beruf, der zu einem passt, liegt darin, wirklich seine Bedürfnisse zu kennen. Fast der wichtigere Job ist, meine Söhne genauso offen zu erziehen, dass wir auch hier gesellschaftliche Normen durchbrechen.

Mehr über Cathrin:

Cathrin hat einen super Podcast mit Lina van de Mars, die beiden haben sich auf einer Offroad Rallye kennengelernt. Hier erzählen sie von ihrer  Arbeit in einer Männerdomäne und schildern spannende, lustige oder auch ärgerliche Situationen. Cathrin und Lina wollen zeigen, daß man als Frauen sehr erfolgreich im Motorsport sein kann.

Einen tollen Einblick in Cathrins Arbeit mit viel PS, und Action findet Ihr auf Ihrem Instagram-Kanal.

Mit Cathrin durch den Schlamm fahren? Als Offroad Instructerin buchen kann man sie bei der Firma FCS Offroad Wer sich für Offroad-Motorsport interessiert, kann auch gerne mal auf dem YouTube Kanal vorbei schauen. Dort besucht Cathrin jeden Monat einen Offroadhero zum „Garagentalk“.

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