Wir alle sind andauernd damit beschäftigt perfekt zu sein, zu werden oder zumindest so zu scheinen. Und an sich arbeiten ist ja auch gar nichts schlechtes. Aber warum muss alles immer 24/7 so superduper sein? Je älter ich werde, desto gelassener gehe ich mit #fails um. Zum Leben gehören Scheitern und Fehler dazu und daran wird auch ein neuer Insta-Filter nichts ändern.
Heute spreche ich mit meiner lieben Kollegin Patricia von Moms Blog über dieses Thema. Sie sagt:
Du hast mir verraten, dass Du Dir das Scheitern vorgenommen hast. Die meisten von uns wollen ja nur Erfolg, Scheitern macht Angst. Warum war das bei Dir anders?
Im Grunde war es bei mir nicht anders, sondern genau so! Ich hatte Angst zu scheitern. Ziemlich große Angst sogar. Nicht in allen Bereichen, aber bei den Dingen, die mir besonders wichtig waren.
Das Scheitern passte irgendwie nicht zu dem Bild, dass ich von mir selbst hatte bzw. haben wollte. Irgendwann habe ich dann gemerkt, dass ich mir mit meiner Angst selbst das Leben schwer gemacht habe und wollte etwas ändern.
Das Scheitern kann man auch umdeuten!
Wenn man zugibt „Ich bin gescheitert“ ist das eigentlich schlecht fürs Selbstvertrauen?
Das kommt auf die Sichtweise an: Ich glaube der Trick ist, dass man das Scheitern nicht mit negativen Gedanken verknüpfen darf. Ich sehe das inzwischen so: Wenn ich scheitere, bedeutet das ja im Umkehrschluss, dass ich mich getraut habe, etwas auszuprobieren, von dem ich vorher nicht sicher wusste, ob es klappen wird. Das ist doch toll – und ein Beweis für ziemlich viel Mut.
’’Den größten Fehler, den man im Leben machen kann, ist, immer Angst zu haben, einen Fehler zu machen.‘‘ Dietrich Bonhoeffer
Wie hat sich Dein Leben geändert, seit Du das Scheitern „mit im Programm hast“?
Ich habe in den letzten Jahren viele Dinge ausprobiert. Ich habe z.B. meinen unbefristeten Job im Marketing gekündigt, um mich als Kinderfotografin selbständig zu machen. Damit bin ich gescheitert. Dann habe ich ein Portal für Kindergeburtstage gegründet – auch das hat nicht so funktioniert, wie ich mir das vorgestellt hatte. Das Gute an diesen Erfahrungen: Durch das Ausprobieren habe ich schon mal herausgefunden, was ich NICHT kann bzw. möchte und konnte das so von meiner Liste streichen.
Nebenbei habe ich ziemlich viel gelernt und dabei Schritt für Schritt meinen eigenen Weg gefunden. Am Ende ist mein Blog dabei herausgekommen, der inzwischen nicht nur mein Hobby ist, sondern auch mein Beruf. Ich würde sagen, dass ich nach einer recht holprigen Reise sowohl privat als auch beruflich angekommen bin.
Haben sich Deine Beziehungen geändert?
Ja. Ich habe mich verändert, und somit auch die Beziehung zu den Menschen um mich herum. Wenn man die Angst verliert, wird man automatisch selbstbewusster, ehrlicher, vielleicht auch weniger kompromissbereit.
Ich möchte jetzt nicht zu sehr ins Detail gehen – nur so viel: Es war sehr turbulent (turbulenter geht es kaum), aber am Ende haben sich die Wogen wieder geglättet und sowohl mein Mann als auch ich sehen die Entwicklung rückblickend positiv.
Scheitern als Mutter: Ist das überhaupt erlaubt?
Als Mutter muss man auch immer alles richtig machen, lässt Du auch in der Erziehung Scheitern zu?
Absolut. Ich glaube es gibt kaum einen Bereich, wo ich öfter gescheitert bin. Zuletzt heute morgen. Aber mal ernsthaft: Für mich gibt es in der Erziehung kein richtig oder falsch. Jedes Kind ist anders, jede Situation individuell. Wenn man auf sein Bauchgefühl hört, macht man vermutlich am Ende nicht viel verkehrt. Wir sollten damit aufhören, ständig zu vergleichen und uns verrückt zu machen. Besonders wenn es um das Thema Schule geht. Ich finde hier ist die Angst vor dem Scheitern oft sehr präsent und wird von den Eltern auf die Kinder übertragen.
Ein Beispiel: Als meine Tochter geboren wurde, dachte ich, ich müsse sie frühzeitig fördern, damit sie später einen guten Schulabschluss und eine tolle Karriere machen kann, um dann ein glückliches Leben zu führen. Schrieb sie mal eine schlechte Note, stresste mich das fast mehr als sie selbst.
Nach nun bald 14 Jahren sage ich: Was für ein Bullshit! Wenn die Noten gut sind: Super! Wenn nicht: Auch nicht schlimm. Ich glaube jedenfalls nicht, dass das Lebensglück der Kinder von ihrem schulischen Erfolg abhängt und schon gar nicht, dass Leistungsdruck und das Streben nach Erfolg glücklich machen. Ich glaube es ist umgekehrt: Glück macht erfolgreich.
Wer Scheitern zulässt, wird gelassener…oder gestresster?
Ich würde sagen: Anfangs kurz gestresster, langfristig aber wesentlich gelassener. Das Leben ist nicht perfekt und dieses ständige Streben nach Perfektion nervt. Ich finde es viel schöner, Menschen dazu zu ermutigen, nicht so streng mit sich zu sein und auch mal neue Dinge auszuprobieren, Spaß zu haben und glücklich zu sein.
Entweder es klappt, oder man lernt – in jedem Fall entwickelt man sich weiter und das ist gut. Das Leben kann verdammt kurz sein und am Ende bereut man (angeblich) besonders die Dinge, die man NICHT gemacht hat…
Liebe Patricia, Du hast ja so Recht. Danke für Deine inspirierende Sichtweise!
1 Kommentar
Tolles Interview…Patricia, wie sie leibt und lebt. Eine tolle Frau, sehr sympathisch und Inspiration pur für mich. Lg Kerstin