Berufstätige Mütter und Väter haben es nicht immer leicht beim beruflichen Wiedereinstieg nach der Elternzeit. Zur Herausforderung, die Bereiche Kinder und Beruf im Alltag praktisch zu meistern, kommt es in nicht wenigen Fällen zu Unzufriedenheit. Man/ bzw. oftmals hier auch „frau“ wird aufs berufliche Abtsellgleis gestellt. Was sind eigentlich meine Rechte als Arbeitnehmer und wie kommuniziere ich meine beruflichen Wünsche zielführend mit meinem Chef, so dass das Arbeitsverhältnis für beide gut fortgesetzt werden kann? Da ist gar nicht so einfach und man kann hier naiv in Fallen tappen. Das muss aber nicht sein. Was hilft, ist ein gut strukturierter und transparenter Plan für den Wiedereinstieg. Heute spreche ich mit der Rechtsanwältin Inka Wiedmann von Die Vereinbarkeitsberatung Sie ist 30 Jahre alt, lebt in Offenburg, ist verheiratet und hat selbst zwei Kinder. Sie berät Eltern (und das sind hauptsächlich noch Frauen) beim Wiedereinstieg in den Beruf.
Frau Wiedmann, zu welchem Zeitpunkt setzt Ihre Beratung ein?
Das ist ganz unterschiedlich und richtet sich nach dem Bedarf unserer Klientinnen. Grundsätzlich ist es natürlich sinnvoll, so früh wie möglich mit der Beratung und Planung der familiären Auszeit und des Wiedereinstiegs zu beginnen. Aber auch wenn das Ende der Elternzeit schon kurz bevorsteht, kann eine Strukturierung des Wiedereinstiegs sehr hilfreich für alle Beteiligten sein. Wenn man das Gefühl hat, dass alles gut durchdacht und organisiert ist, kann man den neuen Lebensabschnitt schließlich wesentlich entspannter angehen. Unser Angebot richtet sich selbstverständlich auch an Männer. Da wir de facto aber überwiegend Frauen beraten, werde ich in diesem Interview zur Vereinfachung der Lesbarkeit ausschließlich von Arbeitnehmerinnen sprechen, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemeint sind.
Wann sollte man eigentlich mit dem Vorgesetzten über den Wiedereinstieg reden?
Letztlich geht es ja darum, dem Arbeitgeber Orientierung über die eigene Verfügbarkeit zu geben. Wann genau das erste Gespräch mit dem Vorgesetzten über den Wiedereinstieg geführt wird, hängt sehr vom Einzelfall ab. Idealerweise findet es schon vor dem Ausstieg statt. Denn wer ohne konkreten Plan aussteigt und zurückkehrt mit der Idee, erst einmal alles auf sich zukommen zu lassen, gibt das Ruder aus der Hand. Wir empfehlen daher, idealerweise schon während der Schwangerschaft auch den Wiedereinstieg möglichst detailgenau zu planen. Natürlich weiß man nie, wie sich die familiäre Situation entwickelt und ob man den Plan eins zu eins umsetzen kann. Das darf aber nicht dazu führen, dass man keinen Plan erstellt, sondern nur dazu, dass man ihn gegebenenfalls an die geänderte Lebenssituation anpasst und gegenüber dem Arbeitgeber transparent bleibt. Im Normalfall findet genau aus diesem Grund dann auch noch ein weiteres Gespräch ca. drei bis sechs Monate vor dem geplanten Wiedereinstieg statt. Hier wird abgeglichen und gegebenenfalls nötige Anpassungen werden vereinbart.
Warum ist es so wichtig einen Plan/Konzept zum Wiedereinstieg in den Beruf nach der Geburt des Kindes zu haben?
Die Familie und der Beruf sind zwei der wichtigsten Dinge in unserem Leben. Nur wenn wir das Gefühl haben, dass es in beiden Bereichen gut läuft, stellt sich langfristig Zufriedenheit ein. Ohne ein gutes Konzept, wie der Ausstieg, die Elternzeit und der Wiedereinstieg gelingen können, läuft man Gefahr, wichtige Aspekte dem Zufall zu überlassen. Viele Dinge brauchen einfach einen gewissen Vorlauf und sind später nicht mehr in gleicher Form nachholbar. Nicht zu unterschätzen ist auch die Wirkung, die ein gelungenes Konzept auf den Vorgesetzten hat. Allein schon die Tatsache, dass eine Arbeitnehmerin solch einen Aufwand betreibt und ein Konzept vorstellt, signalisiert dem Vorgesetzten, dass man es mit der Rückkehr in den Beruf wirklich ernst meint und vor allem auch noch Ambitionen hat.
Wie kann ich mir diesen Plan praktisch vorstellen? Was steht da eigentlich drin und inwieweit ist er rechtssicher?
Ganz praktisch: Am Ende hält unsere Klientin eine Präsentationsmappe mit ihrem Vereinbarkeitskonzept in der Hand. Wir sortieren und bewerten hierin alle wichtige Informationen, stellen zeitliche Abläufe dar und erörtern – teils ausgesprochen komplexe – rechtliche Fragen in verständlich kurzgutachterlicher Form. Der beste Plan ist schließlich wertlos, wenn er rechtlich nicht durchführbar bzw. durchsetzbar ist. Berücksichtigung findet ggfs. auch die private Situation und das Umfeld der Klientin. Auch die Betreuungssituation des Kindes/der Kinder im Regel- und Ausnahmefall wird erörtert. Darüber hinaus formulieren wir Anschreiben an z. B. den Arbeitgeber. Was konkret erörtert und bearbeitet wird, hängt natürlich wiederum vom individuellen Bedarf im Einzelfall ab. Klassischerweise gehören dazu u.a. die Themen Beschäftigungsverbote in der Schwangerschaft, Kündigungsschutz, Elternzeit und Elterngeld, Teilzeit, Gleitzeit, (Langzeit-)Arbeitszeitkonten, Jobsharing oder Homeoffice. Der Themenkomplex Familie und Beruf wird eben insgesamt von vielen rechtlichen Regelungen flankiert. Fristen und Formalien sind einzuhalten, Ansprüche und Pflichten sind gesetzlich normiert und müssen beachtet werden.
Wie reagieren die Arbeitgeber darauf?
Unserer Erfahrung nach, reagieren Arbeitgeber überwiegend positiv auf ein Vereinbarkeitskonzept. Sie honorieren die planerische Arbeit, die geleistet wurde und nehmen vor allem auch zur Kenntnis, dass die Mitarbeiterin wirklich gewillt ist, nach ihrer familiären Auszeit wieder beruflich durchzustarten. Nur für diejenige, die noch berufliche Ambitionen hat, lohnt sich schließlich der Aufwand ein solches Konzept gemeinsam mit uns auszuarbeiten.
Gibt es Vorbehalte, liegt das meist daran, dass der Arbeitgeber generell eine Schwangerschaft/Elternzeit seiner Mitarbeiterin als Problem wahrnimmt. Ein gutes Vereinbarkeitskonzept, kann zum Umdenken bewegen und in manchem Fall die letzte Chance sein, einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses entgegen zu wirken.
Was raten Sie Eltern, denen Aufhebungsverträge als Antwort zu ihren Fragen nach Vereinbarkeit angeboten werden?
Auch hier hängt die Antwort ganz von der individuellen Situation ab. Ist die Arbeitnehmerin selbst gar nicht unbedingt daran interessiert, ihren alten Job nach der familiären Auszeit weiter auszuüben, kann ein Aufhebungsangebot des Arbeitgebers auch eine Chance zur Neuorientierung sein, mit der beide Seiten durchaus sehr zufrieden sein können. Ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur vom Arbeitgeber gewollt, unterstützen wir unsere Klienten natürlich, das Beste aus der Situation zu machen. Dazu gehört es dann auch, die Rechte unserer Klienten durchzusetzen – falls nötig unter Ausschöpfung aller arbeitsrechtlicher Mittel.
Grundsätzlich bieten wir das Erstellen von Vereinbarkeitskonzepten gerade deshalb an, weil wir die Erfahrung gemacht haben, dass Arbeitgeber bei dieser Thematik ablehnend reagieren. Sie tun dies aber oftmals nicht, weil sie per se ein Problem mit Kindern haben, sondern weil sie den organisatorischen und finanziellen Aufwand scheuen, den sie im Fall einer Schwangerschaft einer Mitarbeiterin befürchten. Oft fehlen auch die nötigen Kenntnisse, wie in dieser neuen Situation zweckmäßig agiert werden kann. In dem wir die Arbeitnehmerin unterstützen, den Ausstieg, die Elternzeit und den Wiedereinstieg zu planen und ein konkretes Vereinbarkeitskonzept entwickeln, nehmen wir dem Arbeitgeber einen Großteil des organisatorischen Aufwands ab und führen ihm zudem vor Augen, dass seine Mitarbeiterin durch ihre Schwangerschaft nicht einfach nur „weg“ ist und bleibt, sondern auch als Mutter ihrem Beruf weiterhin einen hohen Stellenwert beimisst.
Sie sprechen auch von mittelfristigen und langfristigen Berufszielen. Warum ist das so wichtig beim Wiedereinstieg?
Umso konkreter wir unsere Ziele definieren, umso gezielter können wir die nötigen Schritte dorthin gehen und die für uns sinnvollsten Entscheidungen treffen. Das bedarf eines gewissen Weitblicks. Wir erleben es oft, dass die Schwangerschaft und die Geburt eines Kindes, die ja ganz bedeutende Einschnitte in unserem Leben darstellen, bei vielen Frauen und auch Männer dazu führen, dass sich auch der Wunsch nach einer beruflichen Neuorientierung oder Weiterentwicklung einstellt.
Mich würde interessieren, wie viele Ihrer Klienten Führungsposten in Teilzeit bekleiden?
Teilzeitstellen in Führungspositionen sind leider immer noch nicht die Regel. Indem wir Vereinbarkeitskonzepte erstellen, die die Bedürfnisse von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gleichermaßen berücksichtigen und konkrete Lösungen für praktische Probleme aufzeigen, wollen wir es Arbeitgebern leichtmachen, sich auch auf neue Arbeits(zeit)modelle jenseits von 40 + Stundenwochen und präsenzorientierter Arbeitsweise einzulassen. Unser Ziel ist es, auf diese Weise gemeinsam die Arbeitswelt familienfreundlicher werden zu lassen.
Sie bieten Ihre Leistungen deutschlandweit an. Wie funktioniert die Kommunikation mit Ihren Klienten üblicherweise?
Wir erbringen unsere Beratungsleistungen überwiegend per E-Mail und Telefon. In bestimmten Konstellationen finden auch persönliche Beratungen in unseren Räumlichkeiten oder direkt bei den Klienten statt.
Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit Die Vereinbarkeitsberatung.
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