Als Kind war ich nicht besonders ehrgeizig. Die Rolle der Musterschülerin war aufgrund meines Totalversagens in Mathe eh nicht drin. Sportskanone war auch nix, ich bin dem Basketball immer eher weggerannt als ihm hinterher. Dann blieb noch die Rolle des Klassenclowns. Hier war ich allerdings ehrgeizig. Kein Vorlesewettbewerb, der nicht mit bayerischem Akzent untermalt wurde, keine Hauptrolle in der Theater-AG, für die ich nicht mit Schlamm-Catchen gegen die Konkurrentin gekämpft hätte.
Nun hat Sebastian seine dramatische Karriere begonnen. Wir hatten ihn schon als Stern im Krippenspiel bewundert, letztes Jahr ist er zum Hirten aufgestiegen. Ich bin davon ausgegangen, dass er nun Blut geleckt hat. Zum Frühlingsfest des Kindergartens wird nun “Schneewittchen” gegeben. Bevor die Hauptrollen vergeben wurden, wollte ich seinen theatralischen Ehrgeiz wecken. Wer weiss, vielleicht sitzt bei der Aufführung ein Talent Scout im Publikum? Babelsberg ist ja gar nicht soo weit weg von uns…. Also bin ich mit Sebastian in die grandiose Verfilmung “Spiegeln, Spieglein” mit Julia Roberts gegangen.
“War das nicht ein toller Prinz, Sebastian? Wie der so schön und mutig um Schneewittchen gekämpft hat?”
“Mhhh.”
“Das ist doch eine tolle Rolle, oder? Willst Du nicht der Prinz sein bei euch in der Kindergarten-Aufführung?”
“Uhuhh.”
“Der Prinz darf dann ja auch am Ende Schneewittchen küssen, wer ist denn bei euch das Schneewittchen?”
“Die Marie.”
“Was, die ist doch blond?!”
“Nee, die hat GELBE Haare!”
“Ja, ok, das ist ja auch ein sehr nettes Mädchen, oder?”
“Mhhh.”
“Die Eltern haben dieses grosse Haus und das schöne Auto und……”
“Ich will ein Zwerg sein!”
“Wieeee bitte?”
“ Ich will ein Zwerg sein, die sind viel cooler.”
“Aber Schatz, die Hauptrolle ist der Prinz und Du bist definitiv Prinz-Material!”
“Menno!”
Gestern wurden die Hauptrollen vergeben. Der dauerpopelnde Leon ist nun der Prinz, der Schneewittchen küssen darf. Aber Sebastian ist glücklich:”Mama, ich darf der VIERTE Zwerg sein!!!”
Ich bin sicher, er spielt den Prinzen an die Wand.
Illustration: Exklusiv für mich von meiner talentierten Blogger-Kollegin Mittelmass-Mama!, yeah!
10 Kommentare
LOL! So tragisch und so wahr! Und fast wie bei uns im Büro: es bekommen immer die falschen die „Helden“-Rolle 😉
und: mal wieder grandios charmant geschrieben! Kann es kaum erwarten bis dein Blog verfilmt wird! Echt jetzt!
Lieber Herr B., Bevor mein Blog verfilmt wird, gewinnt mein Sohn den Kinder-Oscar….
Danke und Gruss ins Hessenland!
GO Sebastian! Zeig dem Popel-Leon mal wo der Frosch die Locken hat! PAH! Schließlich machen die Zwerge die ganze Arbeit mit der Braut und stehen noch von morgens bis abends in der Mine Diamanten schlagen! Knutschen kann jeder!
Und auf jeden Fall die Set Card dabei haben für den Talentscout!!
Liebe Frau Börn-Out: da haben Sie auch wieder recht, was die Zwerge angeht.
Danke für den Kommentar!
Als Zwerg hat man auch seine besten Freunde immer dabei!
Und, wenn ich mal von unserer Fastnachtsdarbietung ausgehe (ich war auch ein Zwerg, der 6., es ging leider nach der Größe und die Großen standen nicht hinten…), die Prinzenrolle kann doch jeder, die ist verschwindend gering!
*hihi* Ich finde die Zwerge auch viel cooler als den Prinzen! =)
GLG Dany
Hihi….meine Tochter hat sich letztes Jahr mit ihrer Drama-Lehrerin (ja, in ihrer Schule gibt es Theaterunterricht und sie kann ihren Namen schöner tanzen als jeder andere) angelegt und der Dame gesagt, dass ihr Unterricht sch….ist, weil sie nicht die Hauptrolle gekriegt hat. Da war sie 6. Was erwartet mich wohl in der Zukunft???
Das gefällt mir! Eine selbsbewusste Art mit der Nebenrolle umzugehen!!
Entzückende story, und so realitätsnah: Sie erinnert mich an die Zeit, als meine Tochter, so ca. ab der 5. Klasse, davon träumte, später einen adäquaten Beruf ausüben zu können. Im Vorfeld hatte sie sich schon mit „tragenden“ Rollen hervorgetan. Und so zog sie die „Bühne“ magisch an. Das hat sich gelegt, jedoch ist ihr der Hang zum Dramatischen wie Komödiantischen geblieben. Also warte ab, Frau Muttter, das kann noch werden bei Deinem Sohn. Die Gene dafür träge er bereits in sich.
Ich mag solche Texte: Man fängt an zu lesen, läßt sich durch die Sätze tragen, und dann schwupp ist man am Ende und denkt sich: Mehr!