Mit Kindern essen gehen kann für viele Jahre ein Spießrutenlauf sein. Wenn sie nicht gerade das Saftglas umkippen, gibt es laute „Schmeckt mir nicht-Kundgebungen“ oder auch andere öffentliche Zurschaustellungen des elterlichen Erziehungsversagens. Gastautorin Sandy beschreibt heute ein uns allen ach so bekannte Situation.
Am letzten Wochenende wagten wir erneut den Versuch eines Restaurantbesuchs mit Kind. Das letzte kulinarische Desaster in der Öffentlichkeit lag drei Monate zurück und ich hatte es erfolgreich verdrängt: 15 Euro pro Person für ein Vier-Meter-Brunchbuffet, ohne Zeit zum Genießen noch Verdauen, geschweige denn Unterhalten mit dem Partner oder Lesen der 120-seitigen Sonntagszeitung.
Bei Restaurantbesuchen auf Entertainment achten!
Letztes Wochenende also fuhren wir zu „Baraka“, einem ehemaligen Stammlokal von uns aus kinderlosen Zeiten. In den wenigen Jahren unserer Abwesenheit hat sich das orientalische Restaurant auf über 100 Sitzplätze vergrößert und wir fanden problemlos einen Tisch auf dem „Barfußpodest“. Wir ließen uns auf ein Potpourri aus Sitzkissen fallen und unser Sohn war begeistert, nicht an den sonst üblichen Hochstuhl gegurtet zu sein. Die ersten 30 Minuten verliefen für Restaurantverhältnisse mit Kind entspannt, dank der in regelmäßigen Abständen vor dem Fenster vorbeifahrende Straßenbahn.
Dann, pünktlich zu Humus, Hähnchen und Harira, begann unser kleiner Wirbelsturm eine Kissenschlacht, die durch nichts und niemanden zu bremsen war. Sogar die Kinder am Nachbartisch staunten und ihr Vater richtete sich unvermittelt an uns mit den Worten: „Haben Sie schon mal Sound Touch oder White Noise probiert?“
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Mit Kindern essen gehen: Eltern-App rettet Restaurantbesuch
Wir googelten umgehend, um was es sich handeln mochte, um heraus zu finden, dass es sich hierbei um Eltern- Apps handelt. Also eigentlich Apps für Kinder, die die Elternnerven schonen. So gibt es die uns empfohlene Sound Touch App, welche 240 Geräusche von Tieren, Fahrzeugen und Musikinstrumenten auf Fingertippen abspielt. Oder die White-Noise-App, die mit ihren 40 Geräuschen wie Regentropfen, Windhauch oder Wellenrauschen quasi jedes schreiende Kind beruhigen soll.
Skeptisch hörte ich mich im Freundeskreis zum Thema Eltern-App um und siehe da, die Einen nutzen erfolgreich die Tierbaby-Puzzle-To-Go-App im Wartezimmer beim Arzt, während die Anderen im Sommerurlaub erst die Babyphon-App entdeckt hatten, nachdem sie ihr eigentliches Babyphon zuhause vergessen hatten. Angeblich muss bei der Babyphon-App das elterliche iPhone nur neben dem schlafenden Kind platziert werden und bei lautem Schreien wählt es automatisch eine zuvor eingegebene Telefonnummer an. Allerdings berichtet das befreundete Paar zerknirscht weiter, dass eine wutentbrannte Zimmernachbarin sie in der Hotelbar ausfindig machte, um ihnen mitzuteilen, dass ihr Kind in der siebten Etage seit Mitternacht Rotz und Wasser heule.
Zum Glück gibt’s Biergärten und Kindercafés
In diesem Fall hätte sich dann übrigens der CryTranslator geeignet: „Mittels des iPhone Mikrophons wird das Weinen des Babys analysiert und der passende Tipp zur Beruhigung präsentiert. Nach dem Einschalten von Cry Translator wird das Ergebnis meist innerhalb von zehn Sekunden mitgeteilt und unterscheidet Hunger, Durst, Unbehagen, Stress oder Langeweile“, heißt es auf einer Homepage über die App.
Ich persönlich ziehe für künftige gastronomische Exkursionen vor, einfach Biergärten mit angrenzendem Spielplatz aufzusuchen, ein eigenes Picknick zu machen oder bei schlechtem Wetter eines der zahlreichen Kindercafés zu probieren.
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