Familienalltag mit Humor

Die erste Ballettstunde nach 25 Jahren oder: Der sterbende Schwan!

24. November 2015
Hobbies für Kinder

Meine Tochter ist seit circa einem Jahr im Ballett. Das macht ihr Spaß. Ich mag, dass sie dort Disziplin und Anmut lernt. Sie mag ihre Ballett-Trink-Flasche mit Lillifee, das Gummibärchen und den Herzchen-Stempel am Ende. Kürzlich setzte ich mich mit drei anderen Mamas in den Unterricht, um den tänzerischen Fortschritt zu „überwachen“.

Nach circa 15 Minuten kamen uns Zweifel. Die Mädchen sollten kleine Mäuse mimen, wie sie vor einer Katze davon laufen.

„Das war ja jetzt eher wie eine Horde Gnus“, gab die eine Mutter zu bedenken. In der Tat hatte das nicht so viel mit Anmut zu tun. Wir konzentrierten uns weiter auf die Ballett-Stunde. Unsere Töchter übten sich gerade im Seitgalopp. Auch das war nicht wirklich spanische Hofreitschule. „Ich muss mal wieder die „Anna-DVD“ mit meiner Tochter anschauen“, sagte die Mama neben mir mit Sorge.

Ich schaute zu Constanze herüber. Sie benutzte die Stange gerade als eine Art Reck und schwang unter ihr hin und her, dabei einarmig und fröhlich winkend.

„Also bei mir war das damals ganz anders. Keinen rosa Tutus mit „Elsa“ drauf, sondern hässliche grau-blaue Trikots, die wirklich keinem Mädchen standen. Aber das hat uns dann eben auch nicht von den wichtigen Dingen abgelenkt. Disziplin, Anmut, Leistungswille“, tönte ich leicht angeberisch.

Ballett nach 25 Jahren Pause: Don’t try this at home!

Nach der Ballett-Stunde meiner Tochter denke ich nochmal nach. Das muss doch klappen mit dem leistungsorientierten Tanzen. Wie gut das mir getan hat damals! Was wäre ich in meinem Leben ohne Ballett in meiner Kindheit gewesen. Den Pirouetten verdanke ich so viel!! Gab es da nicht einen Ballett-Kurs in meinem Fitness-Studio? Was ist eigentlich mit #mehrzeitfürmich? Im Müttermagazin gibt es dazu eine aktuelle Blogreihe.

Am nächsten Samstag stehe ich bereit im Tanzsaal des Studios. Kann ja nicht so schwer sein, das ist bestimmt alles noch im Ballett-Neben-Hirn abgespeichert. Vor mir ein 25jähriger, sehniger Vortänzer mit Dutt. Während ich mir den Klappstuhl zurecht stelle, der mangels einer Ballettstange als Unterstützung dienen soll, ziehe ich meinen Bauch ein, so dass ich fast einen Krampf bekomme.

Vor mir steht eine drahtige, gleichaltrige Mit-Tänzerin. Sie in rosa Schläppchen, Strumpfhose und Trikot. Ich habe irgendwas an und meine Nordic-Walking-Socken. Die Musik setzt ein und ich fühle mich wieder wie dreizehn. Changement, Changement, Pas de bourré.

Anmut, Disziplin….und meine Vorderfrau kriegt alles besser hin als ich. So wie früher! Das Bein höher, die Beine besser ausgedreht, die Schrittabfolge sowieso. Aber vielleicht merkt’s ja keiner. Ich mache einfach weiter und versuche wenigstens, sehr elegisch-entrückt zu schauen. Es geht doch schließlich auch um den Spaß an der Freude! Das fällt allerdings nun immer schwerer, denn ich habe schon wieder einen Krampf und der Lehrer hat sich neben mich gestellt.

„Du musst das Bein besser ausdrehen und GERADE Haltung. Stell‘ Dir einfach vor, Du hast einen Stock im Arsch. Dann kriegst DU vielleicht auch die anmutige Haltung hin.“

„Excusez-moi?“

„Tja, das war alles viel einfacher vor 25 Jahren, was?“ Nun hasse ich nicht nur meine Vorderfrau, sondern auch den Dutt-Mann.

Nach den Tendus, die ich wirklich ganz passabel hinbekomme, stellen wir unsere Klappstühle aka Ballettstangen an die Seite, denn es geht an die Pirouetten. Das war immer eine Stärke von mir, damals vor 100 Jahren, als ich noch Spitzentanz konnte.

Das Drama endet mit einem angeknacksten Zeh (warum habe ich auch Nordic-Walking-Socken angezogen?) und einem mitleidig-ironischen Lächeln des Dutt-Mannes. Warum sind Ballett-Lehrer eigentlich immer so große Menschenfreunde?

Ach, was soll’s. Meine Tochter soll einfach Spaß haben, wir schauen uns im pinken Tutu „Anna“ an und ich werde den Dutt-Mann und mich auch nicht mehr mit meinen Ballett-Ambitionen quälen. Leider muss dann wohl Sergej Polunin bei seinem nächsten Pas des deux ohne mich auskommen. Die Spitzenschuhe kann ich ja auch so im Haus tragen anstelle von Hausschuhen. Sieht bestimmt anmutig aus….

Für „Anna“-Fans hier Silvia Seidel, wie sie zu Ravels Bolero tanzt. R.I.P., Silvia.

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7 Kommentare

  • Reply Sabine 24. November 2015 at 8:13 pm

    Autsch. Der arme Zeh. Ich war als Kind auch 10 Jahre im Ballett, sehe meine „Karriere“ aber als vollständig beendet an. Das ist für meine Knochen das Beste. Und wenn ich erst an meine verkürzten Sehnen denke, möchte ich schon zur Schmerzsalbe greifen. Es war eine schöne Zeit, aber da ich noch einige Jährchen älter werden möchte, werde ich die Ballettschuhe weiterhin am Nagel hängen lassen 🙂 Beste Grüße, Sabine.

  • Reply Frau Mutter 24. November 2015 at 8:31 pm

    Ja, Sabine. Das kann ich nun auch streichen und zu den Akten legen. Man kann nicht immer 17 sein…..LG Nina

  • Reply Vivi 24. November 2015 at 9:45 pm

    …wenn auch nicht so erfolgreich wie erhofft – sehr amüsant zu lesen 🙂

  • Reply Yvette [engel + banditen] 25. November 2015 at 1:32 am

    Ach, das kenne ich! Ich habe eine neue Ballettschule für meine Töchter gesucht und dabei hat es mir so in den Füßen gejuckt, daß ich auch nach 25 Jahren wieder eingestiegen bin. Die Beine hab ich früher schon nicht wirklich hoch bekommen, daher war der Unterschied nicht soo gravierend. Und meinen Mädels ist es lieber, ich mache meine Pirouetten einmal die Woche im Ballettsaal als zuhause- da könnte mich ja jemand sehen 😉 …
    LG; Yvette

  • Reply Frau Mutter 25. November 2015 at 9:52 am

    Schön, dass es so gut bei Dir klappt, Yvette!

  • Reply Kati 1. Dezember 2015 at 9:16 am

    Großen Respekt alleine für den Versuch, wieder zu starten! Mir erging es ähnlich, wenn auch in einer anderen Sportart. Ich habe früher Kampfsport betrieben und nachdem ich 2 Jahre meinen Kindern zugeschaut habe, bin ich vor 6 Monaten selbst wieder in den Karte-Gi gestiegen. Sieht alles leichter aus, als es ist aber aufgeben is nich und mein Karatetrainer macht es mir da auch ein bisschen einfacher als „Dein“ Dutt-Mann.
    Anna ist einmal im Jahr Pflicht, danke für den Video-Ausschnitt, passt irgendwie in die Weihnachtszeit und erinnert an früher.

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