Musik ist bei Kindern mit Autismus in vielerlei Hinsicht hilfreich: Forschungsergebnisse zeigen, dass Musiktheorie autistischen Kindern helfen kann, ihre eigenen Emotionen besser identifizieren und ausdrücken zu können. Da Musik in unterschiedlichen Teilen des Gehirns verarbeitet wird, kann das Lernen eines Instruments kognitive Funktionen stimulieren und gleichzeitig Sprachfähigkeiten verbessern, so die American Music Therapy Association. Auch weitere Studien zeigen, dass Musikunterricht die Fähigkeit zum Teilen von Aufmerksamkeit verbessern kann. Wir geben 3 Tipps für Musikpädagogen zur Arbeit mit autistischen Schülern.
Ganz wichtig: Auch wenn wir hier Tipps für den Musikunterricht mit autistischen Schülern geben, heißt das nicht, dass sie auf alle Autisten anwendbar sind. Denn natürlich ist jeder Mensch unterschiedlich, auch wenn sie die gleiche Diagnose haben. Wir haben lediglich Anregungen für Techniken zusammengetragen, die sich im Umgang mit autistischen Schülern bewährt haben.
Unterteile die Klavierstunden in verschiedene Teile
Finde einen Weg, die Unterrichtsaktivitäten in Teile zu separieren und benenne sie dabei klar. Die definierte Aufteilung der Unterrichtseinheit, aber auch die Struktur innerhalb der einzelnen Teile hilft dem Schüler, sich besser zu orientieren. Ein Beispiel für die Aufteilung:
- Finger aufwärmen: Aufwärmübungen helfen dem Schüler, sich an die Situation zu gewöhnen und locker zu werden. Dabei kann auch ein Gespräch über den Alltag geführt werden, wenn der Schüler möchte. Hier findest du Anregungen für Fingerübungen am Klavier.
- Spiel für mich – Jetzt kann der Schüler das in der letzten Einheit gelernte Stück wiederholen, was zu einem Erfolgserlebnis führt und ihn oder sie zusätzlich motiviert.
- Lern ein neues Stück – Jetzt lernt der Schüler etwas neues, das er oder sie in der nächsten Stunde wiederholen kann.
Virtuelle Unterstützung kann dir auch eine Piano-App wie Skoove bieten. In der App läuft der Unterricht ebenfalls nach einem festen Kurssystem ab (falls gewünscht). Innerhalb der Kurse ist der Ablauf auch immer gleich:
- Einzelne Töne werden gespielt.
- Die Melodie wird im richtigen Tempo gespielt.
- Die Melodie wird mit Band gespielt.
Ganz egal, für welche Methode du dich entscheidest, behalte die Reihenfolge der einzelnen Einheiten auf jeden Fall bei, um die Erwartungen deines Schülers nicht zu enttäuschen.
Gib besonders acht bei Tipps zur Haltung und Spieltechnik
Das betrifft nicht nur die Geschwindigkeit und Kraft beim Spielen sondern auch die grundlegende Handstellung und Sitzhaltung. Besonders bei autistischen Schülern musst du im Blick behalten, dass sich der Schüler die Technik als Gewohnheit einprägt und immer wieder abruft. Es ist sehr schwer, einem Schüler die falsche Haltung oder Technik wieder abzugewöhnen. Korrigiere deshalb bei jeder Stunde sensibel die Haltung des Rückens sowie der Hände und Finger. Verlange jedoch nicht zu viel von deinen Schülern und akzeptiere ihre Grenzen. Viele Menschen auf dem Autismus-Spektrum haben eine erhöhte Fähigkeit zur Detailwahrnehmung und können daher sehr sensibel auf Berührungen reagieren.
Zum Üben der Haltung empfehlen manche Musikexperten, mit den schwarzen Tasten zu beginnen. Das erhöhe die Chance auf eine gute Handhaltung beim Spielen eher, als die Halbtonschritte zu Beginn komplett auszulassen.
Musiktheorie und Notenlehre: Schnelligkeit ist nicht das Ziel
Tonarten und Akkorde zu verstehen, sie selbst zu bilden und zu sehen, wie sie miteinander verknüpft sind: Das ist bereits für Anfänger schwierig und komplex. Akkorde sind jedoch eine gute Möglichkeit, um den Klang von Klavierstücken zu bereichern und so auch für die Schüler interessant zu machen. Das können zunächst auch einfache Quinten sein. Der Vorteil beim Lernen von Akkorden ist auch, dass man nicht immer nach Noten spielen muss. Außerdem trainierst du auf diese Weise mit deinem Schüler das Spielen nach Gehör und das kreative Experimentieren.
Das Spielen von Akkorden kann auch dabei helfen, einfache Melodien in Duette zu verwandeln. Lasse deinen Schüler Akkorde spielen und du spielst die Melodie dazu.
Auch das Notenlesen solltest du langsam angehen. Spiele, Zeichnen auf einer Tafel, einem Whiteboard oder Papier können beim Einprägen helfen.
Geduld, Struktur und Flexibilität – ein Schritt nach dem anderen
Wie schon am Anfang erwähnt: Jeder Schüler ist individuell und das gilt auch oder gerade für Schüler auf dem Autismus-Spektrum. Mehrere kleine Erfolge und Konsistenz sind hilfreicher als jede Form von Leistungsdruck. Enttäuschte Erwartungen sind das schlimmste, was dir in der Arbeit mit deinem Schüler passieren kann. Setze ihm oder ihr deshalb lieber kleine Ziele und biete Struktur. Und denke immer daran: Schnelligkeit ist beim Unterricht nicht relevant. Mit diesen Tipps kannst du bestimmt schon bald Erfolge mit deinem Klavierschüler erleben.
Die Autorin:
Nach ihrem Masterstudium in Germanistik und Erfahrungen im Marketing arbeitet Juliane Wolf als freie Autorin. Außerdem legt sie seit vielen Jahren leidenschaftlich gern auf und produziert eigene Musik.
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