„Chill mal, Mama“, sagte mein Sohn zu mir.“Chill mal Deine BASE, Mudder, okay?“ Äh, what? Base? Was meint das Kind? Wir haben ihn gerade von einer viertägigen Pfadfinderfahrt am Bahnhof Wannsee abgeholt. Vorher hatte ich ihm noch auf den Weg gegeben, dass er immer anrufen kann, wenn er Heimweh hat und das üüüberhaupt nicht schlimm wäre, wenn er abgeholt werden will. Nun, ehrlich gesagt, habe ich mir das eher gesagt. Denn ab Tag 1 ohne den großen Sohn hatte ich mehrmals das dringende Bedürfnis, einfach mal so bei den (18jährigen) „Erziehungsberechtigten“ anzurufen, ob Sebastian nicht vielleicht doch ein klitzekleines bisschen Heimweh hätte…
Nichts, kein Anruf, nada. Während ich mir vorstellte, wie mein armes, armes Kind nur auf einer Plastikplane und einem Lammfell bei 15 Grad Außentemperatur (also Blitzeis) vor sich hin vegetierte, machte mein Sohn Erfahrungen, bei deren Erzählung ich auf der Heimfahrt vom Bahnhof nur mir den Ohren schlackern konnte.
Das Wichtigste an dieser Fahrt mit der Pfadfinder-Meute, war, das lang ersehnte Halstuch verliehen zu bekommen. Wie das geschah, war mir allerdings vorher auch nicht so klar.
Mama: „Und, was habt Ihr denn so zu Essen bekommen? Gab’s auch mal Obst und Gemüse?“
Sebastian:“ Ooch, also es gab Nudeln, Brot und ja, auch Kartoffelpurée!“
Mama: „Aha, und was habt Ihr so gespielt…?“
Sebastian: „Also wir haben uns im Maisfeld versteckt, dann haben wir gelernt wie man aus Brennessel-Tee macht und aus Birkenblättern Seife….“
Mama: „Oh toll, und was noch?“
Sebastian: „Und dann wurden wir in Edelsteine aufgeteilt. Ich war ein Rubin.“
Mama: „Und was habt ihr als Rubine so gemacht?“
Sebastian: „Wir haben die Klos geputzt. Die hatten es ECHT nötig.“
Ich hielt kurz inne. Mein Sohn hat zu Hause noch nie, NIEMALS Interesse daran gezeigt, die Toiletten zu säubern. Da kommt mir eine Idee. Wie war das noch mit der positiven Verstärkung bzw. mit dem Einsetzen der eigenen Kinder im Haushalt?
Mama: „Ach, toooolll, Sebastian. Dann kannst Du das ja auch immer zu Hause jetzt machen, der Mama helfen und so.“
Sebastian:“ Aber die Klos bei uns sind doch sauber, nee, das muss ich nicht machen.“
Öhhhm.
Als wir zu Hause ankamen, öffnete ich seinen Rucksack um mich der Dreckwäsche anzunehmen. Mir kamen ein paar vereinzelte Kellerasseln entgegen gekrabbelt und ich beförderte vier noch zusammen gerollte Paar Socken hervor. Als ich meinen Sohn fragte, warum denn die Socken denn noch sauber seien, zuckte er nur mit den Schultern und sagte:
„Naja, ich hatte ja Socken an, was brauche ich denn noch saubere?“
„Hast Du Dich gewaschen, die Zähne geputzt?“
„Äh, nee.“
„Aber das geht doch GAR nicht!“
„Chill mal Deine BASE, Mama. Ich war doch Rubin.“
Okay, es gibt offenbar Wichtigeres als Zähne putzen als Pfadfinder. Ein putzender Edelstein zu sein, zum Beispiel.
Ihr müsst mich entschuldigen, ich chille jetzt mal meine Base und gehe ein Klo putzen……
5 Kommentare
Hallo,
ein toller Artikel. Ja, oft sind die Kinder viel selbstständiger als wir uns das als Mama eingestehen wollen.
Bei uns leider nicht in allen Dingen. Ich suchte für meinen Sohn (bald 9) unzählige Möglichkeiten für Ferienlager heraus- im Nachbarort, in näherer Umgebung, etwas weiter weg und ganz weit weg. Ich wünschte mir für ihn etwas Abwechslung und etwas Neues zu erleben. Und das er dadurch sein Selbstvertrauen stärken könnte. Doch seine Antwort war, ohne das ich ihm alle Möglichkeiten aufzählen konnte: „NEIN“
Naja, vielleicht nächsten Sommer.
Liebe Grüße, Heike
Meine 3-Jährige kam gestern mit einem Paket zu mir in die Küche, das mir irgendwie fremd war. Es stellte sich heraus, dass ich beim Braten den Postboten nicht klopfen gehört habe. Anstatt mir Bescheid zu sagen, hat sie sich einen Hocker geholt, um ihm die Tür selbst zu öffnen, und hat das Paket selbst entgegen genommen, die Tür zu gemacht und den Hocker wieder zurückgestellt. Wenn sie nichts gesagt hätte, hätte ich nie gewusst, dass sie einem ‚Fremden‘ die Tür geöffnet hat! Ich dachte sie bastelt immer noch fleißig. Ich glaube meine Reaktion war etwas enttäuschend, sie war so stolz!
Heike: Das kommt sicher noch, spätestens mit 15!
Sophie: Stimmt, es ist nicht immer einfach, Unabhängigkeit zuzulassen, besonders wenn es gefährlich werden kann. LG Nina
lol – das kommt mir aus meiner eigenen Pfadi-Zeit sehr bekannt vor 😀 (also, nur von den anderen natürlich, ich hab immer Zähneputzt und so’n Zeug 😉
Hahaaa… Wie immer sensationell!!!