Eltern sind Vorbild, in guten Eigenschaften wie in schlechten. Manchmal stresst mich das ziemlich, ehrlich gesagt, Bei all den Kraftausdrücken, die ich an einem Tag so gebrauche, bei all dem Zucker, den ich mehr oder weniger heimlich verspeise und bei all den hirnverbrannten Schminktutorials, die ich zur Entspannung so schaue, ist es schon ein Wahnsinn, was für tolle, intelligente Kinder wir haben. Die paar guten Gene des Vaters machen doch das schlechte Vorbild der Mutter kaum wieder wett, oder?
So kritisch wie ich mit mir ins Gericht gehe, was meine „Mama-Performance“ angeht, so gut scheine ich es doch an den meisten Tagen hinzubekommen. Was mich immer wieder aufs Neue überrascht! Nicht das „Mund fusselig reden“ macht gute Erziehung aus, sondern tatsächlich das Vorleben. Vielleicht ist das Fluchen im Auto auch gar nicht so schlimm wenn man die wirklich wichtigen Sachen hinbekommt? Naja, wahrscheinlich nicht….
Vorbild Eltern: Werte kann man tatsächlich vorleben!
Vor ein paar Wochen hatte meine Tochter einen Konflikt im Hort. Constanze war nachmittags sehr traurig und aufgelöst, als Mutter muss man so einer Sache aber auf den Grund gehen. Sehr schnell hätte man „Ist ja nicht so schlimm“ sagen können. Oder „War bestimmt nicht so gemeint“ oder auch „Ach, sei mal nicht so empfindlich.“ Das wäre auch erstmal bequemer gewesen. Und vielleicht wäre die Sache nach ein paar Tagen auch wieder vergessen gewesen, vielleicht aber auch nicht.
Mein Mann und ich haben uns aber entschieden, die Kinder in ihrem Gefühlen ernst zu nehmen. Wir sind keine hysterischen Helikopter-Eltern, aber es schadet nicht, mal nachzufragen. Sachlich, ohne Beschuldigungen und zuviel Drama. Also sind wir beide zur Erzieherin gegangen, um die Sache zu klären.
Constanze fand das hochnotpeinlich, verständlich. Uns beiden war aber neben der Klärung der eigentlichen Sache wichtig zu zeigen: „Wir nehmen Dich ernst, wir hören Dir zu- und wir beschützen Dich und zeigen Präsenz.“
Nach dem Gespräch war alles wieder geklärt. Ich habe nicht mehr groß an die Sache gedacht. Dann vor ein paar Tagen durfte Constanze kürzlich in der Klasse von ihrem Geburtstag erzählen und zeigte ein Bild herum, das von uns im Restaurant aufgenommen wurde. Ich habe darauf (mal wieder) die Augen zu….
Werte vorleben und Loyalität lernen
Eine Klassenkameradin von Constanze fragte wohl recht harmlos, was ich denn an den Augen habe, die sähen so komisch aus. Beim Abholen erzählte mir sie mir das und war total aufgeregt.
„Schatz, das ist doch nicht so schlimm, das hat sie halt so daher gesagt.“
„Das ist schlimm, sehr schlimm sogar.“
Constanze stellte sich vor mich hin, hielt meinen Arm fest und sah mir fest in die Augen.
„So darf keiner über meine Mutter reden. Und das habe ich Sarah auch gesagt. Das weiß die jetzt, das sie nicht so über dich reden darf. So. Du bist die tollste und schönste Mama und Deine Augen sind NICHT komisch.“
Ich war in dem Moment so gerührt (und kriege immer noch feuchte Augen, wenn ich daran denke). Eigentlich ja eine totale Banalität. Welche Anna, Emma, Sarah oder Mia was über mich sagt, ist ja nun wirklich egal.
Die Reaktion meiner Tochter zeigt aber auch, dass sie sich loyal verhält bzw. das gelernt hat. Wir als Familie beschützen uns und treten füreinander ein. Ich habe ihr das nie gesagt, nur gezeigt.
Bei all der Selbstkritik, den Zweifeln, den mistigen Tagen, an denen ich mal wieder laut wurde, hat mich das so gefreut: Wir konnten unserem Kind einen wichtigen Wert vorleben und sie hat das gleich übernommen!
Werte vorleben klingt immer so wie aus einem Erziehungssratgeber. Unerreichbar, anstrengend und auch ein bisschen spießig. But it works!
Jetzt muss ich nur noch aufhören, einige Mitmenschen oft und gerne beim Autofahren als Volltrottel zu bezeichnen, weniger Schminktutorials schauen und „einfach mal so aus Spaß“ Vokabeln zu üben.
Und wer so ein tolles Vorbild ist, darf aber dann auch wieder Zucker ( in Form von Kuchen) essen, natürlich am liebsten mit der Tochter!
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