Zuallererst ein Geständnis: Ich bin eine ängstliche Mutter. Ach, was wäre ich gerne eine saucoole, entspannt-lässige Mama, aber nein. „Achtung“ oder „Vorsicht“ sind meine Zweitnamen. Natürlich ist ein gewisses Mass an Angst normal und gut, wenn man Eltern wird. Aber das kann auch überhand nehmen. Als meine Kinder kleiner waren, war es besonders schlimm. Nachts lag ich völlig übermüdet im Bett und dann spielten sich noch Horror-Film-Szenarien ab, was Sebastian und Constanze alles hätte passieren können. Hätte.
Bis ich endlich verstanden habe, dass übertriebene Angst und Sorge nicht vor Katastrophen schützen können, verging viel Zeit und auch Arbeit an mir selbst. Ich habe immer noch Höhenangst und würde mich jetzt nicht in ein Rennauto setzen, aber diese Angst vor (eingebildeten) Gefahren des Lebens ist zum Glück vorbei
Vererbt sich Angst eigentlich?
Ich habe selbst eine überängstliche Mutter. Sie hat mir als Kind so viele „Was alles passieren kann“-Geschichten erzählt, dass ich eigentlich täglich damit gerechnet habe: 1. von einem Auto überfahren zu werden, 2. von bösen Männern entführt zu werden, 3. „aktenkundig“ zu werden, weil ich als 16-Jährige länger als 22 Uhr alleine unterwegs war.
Es ist natürlich zu einfach, nur meiner Mutter die Schuld an meiner heutigen Ängstlichkeit zu geben und was ist eigentlich mit all meinen anderen Macken? Ich wollte aber meinen Kindern ersparen, in einer Umgebung aufzuwachsen, wo man „lieber besser vorsichtig ist“, das und dies aber zu gefährlich ist“ und „man sowieso nicht auf allen Hochzeiten tanzen muss“. Warum sich so einengen, wenn es gar nicht sein muss?
Angst ist nämlich ein wunderbarer Nährboden dafür, das Leben zu verpassen, weil es zu Hause scheinbar sicherer ist. Und genau das wollte ich nicht für uns als Familie und meine Kinder. Das Leben ist zu schön und zu kurz, um sich Erlebnisse zu versagen, weil sie ja auch schief gehen könnten.
„Jetzt überwinde doch mal deine Angst“
Es ist nicht immer einfach, ein ängstlicher Mensch zu sein. Die Mitmenschen und Familienmitglieder geben gerne gute Tipps, „dass etwas gar nicht nicht so schlimm ist“ oder „man sich einfach mal überwinden müsse“. Solche sicherlich „gut gemeinten Ratschläge“ sind meistens komplett sinnlos.
Da werde ich dann gerne auch wieder zur Zweijährigen und stampfe mit dem Fuss auf. Ausserdem kann man ja ängstlich in manchen Sachen sein und mutig in ganz anderen Dingen. Mancher hat Angst vor Menschen oder sozialen Situationen und brettert dafür fröhlich die Serpentinenstrasse entlang.
Wenn man offen mit seiner Angst umgeht, wird man schnell abgestempelt. Obwohl das Zugeben einer Schwäche ja eigentlich auch mutig ist. Manchmal ärgert mich das. Mut und Angst kommen in vielen Ausprägungen und nicht jeder, der sich in die „Wilde Maus“ auf dem Rummel setzen kann, ist automatisch ein mutiger Mensch.
Man kann sich überwinden, wenn man selbst dazu bereit ist. Wobei das natürlich der schwierigste Part ist. Einfacher ist es, im Flachland zu bleiben. Da steht man dann in einer Gondel oder auf einem Gipfel und der Sohn wundert sich: „Aber Du hast davor doch eigentlich Angst, Mama.“ Wenn die Kinder sehen, dass die Mama noch lernfähig ist, kann das doch vielleicht auch eine gute Lektion sein.
Eine ängstliche Mutter kann mutige Kinder haben
Ich wollte und will aber auf jeden Fall vermeiden, dass ich meinen Kindern meine Spleens überstülpe. Ich ermahne sie schon genug zur Vorsicht, da muss ich sie nicht in ihrer Lebensfreude einschränken. Das ist nicht immer einfach. Wenn meine 6jährige Tochter mir erzählt, dass sie am zweiten Tag des Skikurses alleine im Lift sass, wird mir einfach nur übel. Was alles hätte passieren können! Die Frage ist aber, ob sie mit ihrer Panik-Mutter besser dran gewesen wäre. Es ist dann tatsächlich besser, sie zu fragen, wie das für sie war und wie sie die Situation gemeistert hat.
Man kann und muss sich auch zurück nehmen. Wenn die Kinder begeistert von ihren Erlebnissen erzählen, gelingt es mir immer besser, mir „OH GOTT, Du hättest sterben können-Kommentare“ zu verkneifen. Es ist für mich als Mutter immer noch so wahnsinnig schwer zu akzeptieren, aber ich (und wir alle) können unsere Kinder nicht zu 100 Prozent beschützen. Und Angst und sich Sorgen machen beschützt sie leider nicht dann auch nicht mehr.
Diese Erkenntnis und meine Lebensfreude haben mir geholfen, meine Ängste in den Griff zu kriegen. Ich muss in meinem Leben nicht mehr Fallschirmspringen, aber in ein Flugzeug steigen schon. Klar kann soviel passieren und ich bin immer noch kein Freund von Turbulenzen, aber nur auf der (eigenen) Couch sitzen ist keine Option.
Geh raus, probier Dich aus, lerne andere Kulturen kennen und lebe und geniesse das Leben- das sollen meine Kinder von mir lernen, auch wenn sie eine ängstliche Mutter haben.
Wie ist bei Euch Mut und Angst in der Familie verteilt?
foto:pixabay
5 Kommentare
Hallo Nina,
ich habe auch eine sehr ängstliche Mama, die nun zu einer überängstlichen Oma mutiert ist 😉 Meine Kinder sind allerdings auch nicht die Mutigsten, weshalb ich eine lässige Mama sein kann. Ich ermutige meine Kinder immer dazu, über sich hinauszuwachsen und auch mal neue Dinge auszuprobieren. Bei mir selbst hapert es eher an der Selbstsicherheit, welche ich allerdings meinen Kindern mitgeben möchte. Über sich selbst hinauszuwachsen ist oft gar nicht einfach, umso großartiger ist es, wenn man es trotzdem macht!
Liebe Grüße
Kerstin
Liebe Kerstin, vielen Dank für Deinen Kommentar. Ja, je nach Tagesform oder in welcher Phase seines Lebens
man sich befindet kann man auch mal über sich hinauswachsen. Ich glaube es ist gut, wenn die Kinder sehen, wie man es
probiert…lg nina
Ich begreife jetzt – als Mama – erst, wie gut meine Mutter es geschafft hat, die Sorgen und Ängste, die sie teilweise gehabt haben muss, vor uns zu verbergen. Ich hoffe, ich schaffe das ähnlich gut. Denn hätte sie mir ständig Was-alles-passieren-kann-Geschichten erzählt, wäre ich heute garantiert um einiges ängstlicher.
Ich finde es mutig und gut, wie du deine Ängstlichkeit angehst und dass du so offen darüber schreibst! Dankeschön. 🙂
Das ist ja eine wunderbare Erfahrung, Andrin. lg nina
Hallo ich bin auf diese Seite gestoßen weil ich nach Hilfe suche. Ich habe drei Mädchen und einen Sohn (14,13,11 und 3 Jahre alt) bei meinen drei älteren Kinder war alles super sie sind sehr früh in Sportvereine und waren viel draußen und durften sich ausprobieren ohne das ich schwitzend daneben stand und Achtung-Vorsicht-lieber nicht Befehle gegeben habe .Alles war super !!!! Ich habe mir dann noch ein Kind gewünscht am liebsten eine Tochter. Die bekam ich dann auch . Als sie dann anfing mit sitzen und krabbeln,passierte etwas in meinem Körper . Ich habe bei allem Angst gehabt wenn sie einen Kratzer hatte oder einen roten Punkt egal ich habe sofort Angstzustände bekommen sogar wenn sie nur kurz ruhiger war ,habe ich sofort an das schlimmste gedacht . Egal wie ich mir zurede und versuche an die Kindheit meinerbgroßen zu denken , es hilft nichts . Ich bin froh wenn wir vom Spielplatz gehen und ich trage sie fast nur . Es hat sich so schlimm entwickelt , dass wenn sie sich stößt ( nur ganz leicht) so eine Panik in mir aufkommt das ich Erbrechen muss und unter Durchfall leide das geht dann meistens sehr viele Stunden. Jetzt ist sie für 2,5 Stunden im Kindergarten und ich habe totale Panik das dort etwas passiert ich bin dann fast am durchdrehen. Warum war das bei meinen anderen Kindern nicht die Liebe ich genauso und sie machen Kampfsport und turnen wo auch viel passiert. Warum komme ich bei denen klar und bei meiner kleinen nicht???