Ich persönlich poste ja öfters mal „Wurstcontent“ auf meinem Instagram Account. Immer in Maßen, aber meine Familie und ich essen gerne Fleisch. Nicht so mein Kolumnist Johnny, der Vegetarier ist. Heute macht er sich Gedanken darüber, ob man ein Baby vegetarisch ernähren kann, was eigentlich in der Leberwurst drin ist und was zu tun ist, sollte seine Tochter mal später auf einen Kindergeburtstag mit Metzger-Motto gehen. Viel Spaß!
Früher habe ich mir Nudeln mit Tomatensauce gemacht, heute kann ich Ingwer von Pastinaken unterscheiden – und zwar ohne Google vorher zu fragen. Ja, bei aller Freude, dass Frau Mutter offenkundig verrückt genug ist, mich in den Stand des Kolumnisten zu heben, so muss ich erst einmal reinen Tisch machen: Hallo, mein Name ist Johnny und ich bin Vegetarier.
Und es kommt noch schlimmer: Ich habe in meinem ganzen Leben noch kein einziges Mal Fisch oder Fleischiges zubereitet – weder im heimischen Kochtopf, noch auf einem Sommerschweiß getränkten Männergrill. Mein armes Sojawürstchen lege ich hingegen gern zu den anderen Würsten auf dem Grill. Damit es mal sieht, wie das so ist. Näher bin ich der Fleischzubereitung bisher nicht gekommen. Katzenfutterdosen einmal ausgenommen.
Auch der angeblich Baby beruhigende Klassiker Leberwurst ist für mich nichts weiter als ein Belag mit sieben Siegeln drauf. Hier hingegen gibt’s Champignon-Aufstrich. Beides hat wohl die selbe Textur, aber mal so ganz unter uns: Sind in Leberwurst wirklich echte Leberstückchen drin?
Babys vegetarisch ernähren, aber nicht erziehen
Ich koche ausschließlich vegetarisch, seitdem ich für mich selbst koche bzw. kochen muss. Viel dürfte hier bis zur vegetarischen Volljährigkeit nicht mehr fehlen. Es ist Routine geworden. Und heute gibt es eben Papas feinstes Kombüsen-Happahapp nicht mehr nur am Single-Katzentisch, sondern gleich für die gesamte Familientafel bei Hofe, denn: Auch die Mutter der Tochter ernährt sich vegetarisch. Halt, Stop! Vegetarische Eltern, die ihr Kind in fleischloser Obhut ernähren? Potzblitz, „Marmor, Stein und Eisen“-Mangel, Batman. Der westlichen Verwandtschaft wird’s kollektiv ganz schummrig.
Ja, gegen den Willen von ganz Verwandtschafts-Westeros und aller sieben Königreiche ernähren wir unsere Prinzessin auf der feinen Erbse vegetarisch. Seit mittlerweile über einem Jahr schon. Wenigstens die Kinderärztin nimmt’s gelassen. Aber: Ein Kind vegetarisch ernähren heißt nicht, es auch unbedingt vegetarisch zu erziehen. Wir sind weder für Fisch, noch für Fleisch, sondern wir sind dafür, als Eltern offen damit umzugehen. Beschränkungen sind wichtig, aber Verbote vielleicht nicht immer und überall angebracht.
Das bedeutet, wir werden unsere Tochter auf dem Wochenmarkt oder auf einer etwaigen Kinderfete mit Metzger-Motto (hier im Wedding gar nicht so abwegig) nicht mit dem vegetarischen Zeigefinger ermahnen. Sollte sie lecker Schweinebrät in Händen halten oder sich eine Monsterbulette in den Mund stopfen wollen, dann soll sie die Freiheit haben, genau das zu tun und es ausprobieren dürfen. Sie soll kein schlechtes Gewissen haben müssen, falls ihr etwas schmecken sollte, dass sie von zu Hause sonst nicht kennt.
Elternsein bedeutet Planänderung
Diese Methode birgt allerdings ein Risiko. Was wäre, sollte der absolute Ernstfall eintreten und die kleine Tochter zu Hause fleischliche Gelüste verspüren? Die Zubereitung von Bolognese-Sauce oder Fischstäbchen erfordert kein raketenwissenschaftliches Studium. Für den Klassiker „Außen schwarz, innen gefroren“ sollte es ohnehin allemal reichen. Stellten diese Gerichte aber nicht eine Überschreitung meiner eigenen Freiheiten dar?
Kinder haben zudem nicht nur große Kulleraugen, sondern sie greifen mit ihren Klebefingern meist mehr als ihnen eigentlich gut tut. Wer isst also die fleischlichen Überreste, wenn die Tochter nicht mehr mag? In so einem Vegetarierleben sind diese kindlichen Essensreste eigentlich gar nicht eingeplant. Entweder das, oder ich habe die gedruckten Ratgeber mal wieder nicht aufmerksam genug gelesen. Ein großer Fan von Ratgebern war ich eh noch nie. Weder als Vegetarier, noch als Vater.
Außerdem bedeutet Elternsein sowieso ständige „Planänderung“! Also mal um die Ecke gedacht: Könnte ein Familienhund nicht dieses kleine, noch virtuelle Essensrest-Problem elegant auflösen? Eine kläffige Promenadenmischung vielleicht, die sich eigens um die Essensreste kümmert, ansonsten aber kaum Erziehung genießt? Oder ist es verwerflich, ein vollwertiges Familienmitglied mit Essensresten zu versorgen?
Ich sehe schon, wie wir samstags zu dritt über den Markt am Leo keuchen: Kind im Kinderwagen, ich dahinter und im Rollator nebenher eine pummelige Hundezwölfe, niedlich und gepflegt, nur leider völlig verhätschelt und überfüttert. Ja, ich muss gestehen, es gäbe weitaus schlimmere Samstage.
Wie seht Ihr das? Brauchen Babys Fleisch?
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Johnny, Museumspädagoge mit Berliner Wurzeln bloggt seit mehr als einem Jahr regelmäßig auf seinem Blog Weddinger Berg. In seinem Papablog offenbart er die satirisch ungeschönte Wahrheit über sich als Vater einer töchterlichen Urgewalt. Manchmal mit einem Augenzwinkern und immer zischend frisch. Aus dem wunderschönen Wedding, Berlin
6 Kommentare
Unser Sohn hat von sich aus die ersten zwei Lebensjahre gar kein Fleisch gegessen und seitdem isst er auch nur gelegentlich mal eine Wurst oder Schnitzel. Es geht also absolut das Kind vegetarisch zu ernähren. Schön finde ich persönlich aber auch den Kindern die Wahl zu lassen woanders zu probieren ohne ein schlechtes Gewissen vor den Eltern zu haben. Was für euch als Vegetetarier meiner Meinung nach heißen würde zu Hause gibt es kein Fleisch aber woanders kann das Kind gerne auch mal zugreifen. Extra Fleisch kochen würde ich in so jungen Jahren wahrscheinlich nicht für das Kind.
Zum Thema Hund, da gibt es übrigens auch vegetarisch lebende Hunde wie ich mir hab sagen lassen.
Hallo Victoria,
vielen lieben Dank für Deinen Kommentar. 🙂
Es gibt sogar veganes Hundefutter. Das habe ich selbst schon einmal.. sagen wir: gesehen! Und gerochen. Aber das ist vielleicht wirklich ein ganz anderes Thema.
Liebe Grüße,
Johnny
Ich habe meine erste Tochter in den ersten 3 Jahren komplett vegetarisch ernährt und es hat ihr nicht geschadet. Wir haben ihr auch die Wahl gelassen und keinen Aufstand gemacht, wenn sie bei Oma und Opa mal ein Würstchen verdrückt hat. War sie aber nicht übermässig scharf drauf und auch heute in der Pubertät achtet sie allein aus ethischen Gründen freiwillig darauf, den Fleischkonsum in Grenzen zu halten.
Wir haben in unserer Essenpatchworkfamilie eh alles von Veganerin bis passionierter Fleischesser. Solange der Fleischkonsum in gesunden Massen bleibt, und vor allem auf eine gesunde, ausgewogene Ernährung geachtet wird, ist alles in Butter, finde ich!
Toller Artikel!!!
Liebe Sandra,
Danke für Deinen Kommentar. Freut mich, dass Dir der Artikel gefällt. Das klingt sehr spannend bei euch. Und es macht mir auch ein wenig Hoffnung, was die Zukunft unserer familiäre Ernährung angeht. Liebe Grüße, Johnny
Ich esse selbst kein Fleisch (Fisch ja).
Meinen Kindern war es von Anfang an freigestellt. Erst mit dem vollen Gebiss haben sie sich richtig drangewagt.
Der Papa ißt auch Fleisch und ich bereite das auch zu. Dann aber qualitativ hochwertig und maximal zwei Mal die Woche.
Die drei essen es unterschiedlich gerne. Die Jüngste ißt lustigerweise am liebsten Obst und Gemüse.
Danke für den Text Jonny!
Liebe Grüße
Suse
Oh, Hallo Suse,
freut mich zu hören, dass Dir meine Kolumne gefallen hat.
Im Grunde denke ich auch, dass Kinder irgendwann selbst anfangen über ihr Essen zu bestimmen. Und solange nicht ausschließlich Schokolade oder Fleisch zu essen bekommen, ist das irgendwie auch ok, denk ich 😉
Liebe Grüße,
Johnny