Reisen mit Kindern

Verreisen ohne Kinder: Unser Kurzurlaub auf Sylt

4. November 2014

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Zehn Jahre bin ich mit dem Vater meiner Kinder verheiratet, seit acht Jahren sind wir Eltern und vor ein paar Tagen wurde ich vierzig. Sind das nicht Gründe genug, sich mal wieder daran zu erinnern, dass man auch ein Paar ist und nicht nur Eltern, Berufstätige, Elternsprecher, Kreditabzahler, Rasenmäher und Wäschezusammenlegerin? Meine Schwiegereltern waren so nett, aus dem Westerwald anzureisen, um auf die Kinder aufzupassen und sie 24/7 zu bespassen. Nichts stand der Reise also mehr im Weg, ausser mein Mann…

Loslassen ist schwer

„Wollen wir die Kinder nicht doch mitnehmen?“, fragte er abends vor der Abreise. „Ich vermisse sie sonst so.“
„Aber wir haben drei Tage nur für uns allein. Nur wir beide, so wie früher!!
„Mhhh, jaaa…okeeeeh.“

Irgendeiner ist ja immer die Glucke, bei uns ist es mein Mann. Ich habe ihn dann doch noch loseisen können. Als wir im ICE auf unseren Plätzen sassen, begann für mich schon die Erholung. Fünf Stunden im Zug. Rausgucken, lesen, Musik hören und endlich mal wieder reden!

„Schatzi, wollen wir jetzt mal tiefgründige Paargespräche führen?“
„Also ich habe mir doch einen Actionfilm runtergeladen….“

Gut, vielleicht ist das nach zehn Jahren Ehe auch ein bisschen viel verlangt. Jetzt will sie also auch noch reden! Auch gut, dann las ich also ungefähr zehn Ausgaben der „Gala“, um mich auf den neuesten Stand bei Helene Fischer zu bringen, während der Mann Tom Cruise beim Weltretten zusah.

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Sylt im Herbst: ein Traum!

Sylt hat es uns beiden dann aber doch sehr leichtgemacht. Wir waren zum ersten Mal dort und Sylt ist ganz schlicht und einfach traumhaft. Nur in Westerland ist es eher ein Albtraum. Keine Ahnung, warum „Die Ärzte“ immer zurück dahin wollen, wir fanden die Bausünden aus den 1960er -1970er Jahren furchtbar. Insbesondere wenn man den Rest der Insel gesehen hat.

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Wir hatten unsere Unterkunft in Keitum gebucht, was eine sehr gute Entscheidung war. Ein romantisch-schönes Dorf mit alten Kapitänshäusern im friesischen Stil, fast alle „unter Reet“. Unser erster Urlaubstag hatte sich passend zu Halloween gruselig herausgeputzt. Dicker Nebel und leichter Nieselregen.

Sylt Keitum

So verbrachten wir den Tag im Heimatmuseum und im „Altfriesisches Haus Keitum „. Beides ist absolut sehenswert und die Geschichten aus Sylts Walfang-Vergangenheit sehr spannend und ziemlich spooky.

Sylt Kurztrip

Zur friesischen Tea-Time gönnten wir uns einen Abstecher ins Keitumer Teekontor, das liegt etwas ausserhalb des Ortes. Tolles Ambiente, köstlicher Tee und Waffeln. Wie so vieles auf Sylt nicht für 2,50 Euro, aber es lohnt sich. Etwas Tolles für 2,50 Euro gibt es dann aber doch. Und zwar Linienbus fahren! Auf der Fahrt von Kampen nach List kann man „cheap and cheerful“ wunderbare Dünenlandschaften bewundern und hat dann so viel gespart, dass man sich doch noch eine Cashmere-Mütze kaufen kann. Oder so.

Uns beiden ist aufgefallen, wie viel man ohne Kinder machen kann an einem Tag. Zwei Museen, drei Cafes, bummeln und Wellness. Dann noch einen Wein trinken in der schönen Pius Weinbar. Sich treiben lassen und schauen, was der Tag bringt…Daran mussten wir uns erst wieder gewöhnen.

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Das absolute Highlight unseres Kurzurlaubs war für mich die Wanderung von Keitum nach Kampen durch das Naturschutzgebiet Braderuper Heide. Ich habe selten schönere (unberührte und unverbaute!) Natur gesehen. Am Ende des Weges wurden wir dann mit großartigem Kuchen und wieder Tee in der „Kupferkanne„, einem Künstlercafé, das aus einem alten Bunker entstanden ist, belohnt.

Kampen hat neben den Edel-Boutiquen und In-Lokalen eine atemberaubende Strand- und Dünenlandschaft zu bieten. Von der beeindruckenden Uwe-Düne, der höchsten Erhebung der Insel, wollte ich gar nicht mehr runter….

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Gucci- und Louis Vuitton-Boutiquen in Friesenhäusern hat auch was, aber die Natur auf Sylt fand ich besonders spektakulär. Die Reet-Architektur krönt das Ganze. Überall viele geschmackvolle Häuser, Inneneinrichtugen und liebevoll angelegte Gärten. Und freundliche Menschen! Vielleicht fällt mir der Unterschied so auf, weil wir aus Berlin kommen. Aber vom Busfahrer bis Hotelier über Kellner und Schaffner habe ich nur äusserst höfliche und hilfsbereite Nordfriesen kennengelernt.

Und die Kinder?

Die Kinder hatten derweil Spass mit Oma und Opa. Aber es war auch ungewohnt für sie.
„Mama, ich habe mir heute eine Jacke von Dir genommen und ganz lange mit ihr gekuschelt“, sagte mein Sohn. Schluchz!
„Kommt Ihr gleich wieder?“ fragte meine Tochter zweimal am Tag am Telefon…

Ich konnte mich gut entspannen und habe die Zeit zu zweit sehr genossen, aber trotzdem habe ich die Kinder sehr vermisst. Acht Jahre Mutter sind eine lange Zeit und man ist mit den Kindern verwachsen, sie gehören zu einem und spätestens wenn man sich morgens einfach noch mal umdrehen kann und bis, oh-mein-Gott, 8:00 Uhr zu schlafen, fehlt doch irgendwas..

Auch mein Mann konnte mit Hilfe der „Sylter Royal“ und anderen Erzeugnissen aus der Nordsee loslassen und die Zeit geniessen.

„Waren doch sehr gute zehn Jahre mit Dir. Schön hier. Aber das nächste Mal nehmen wir die Kinder mit, einverstanden?“

„Einverstanden.“

Frau Mutter folgen

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9 Kommentare

  • Reply Mamamulle 4. November 2014 at 9:09 am

    Oh wie schön die Insel ist, da müssen wir wohl auch mal hin. =)
    Zweisame Zeit mit Kindern ist kostbar.

  • Reply Rike 4. November 2014 at 10:31 am

    Das sind tolle Fotos und ein Sehnsuchtsbericht! Schön, dass Ihr das für Euch hattet und Euch genießen konntet. So alleine 🙂
    Ich finde dieses Erlebnis noch aus einem ganz anderen Grund so kostbar: Unsere Kinder haben drei Omas und zwei Opas (Scheidung und Neuformation), aber niemand kann oder würde uns die Kinder betreuen. „Jetzt bin ich aber mal dran!“-Mentalität. Sie haben mit sich und ihrem Leben und ihren eigenen Reisen zu tun. Das sei „Der Egoismus der neuen Großeltern“, habe ich mal gelesen (wir sind also nicht allein damit). Wenn unser Kleinster aus dem Gröbsten raus sein wird, waren wir dreißig Jahre Eltern. Eltern mit einem bzw. zwei Kindern, die immer dabei sind. Dreißig Jahre kinderkompatibler Urlaub.
    Das ist kostbar, was Ihr da habt. Die Schwiegermutti hat sich einen Schmatz und einen Strauß Blumen verdient. Es wird immer angenommen, dass Großeltern sowas liebend gerne machen und am liebsten jedes Wochenende bei den Enkeln sind. Das ist aber nicht selbstverständlich!
    Herzliche Grüße, Rike

    • Reply Anke 4. November 2014 at 1:26 pm

      Dem kann ich nur voll und ganz zustimmen. Die „Großeltern von heute“ sind eben anders als früher, bei uns ist die eine Seite eher das „jetzt bin ich dran“, die andere Seite dafür umso hilfsbereiter. Schade nur, dass wir im Ausland wohnen und daher auch die hilfsbereiten Großeltern de facto nur selten helfen. Und dann sind die Kinder auch noch so klein, dass immer erst ein paar Tage des Aneinander-Gewöhnens vergehen müssen. Nun ja.
      Ein Hoch jedenfalls auf tolle Omas und Opas!

  • Reply Birte 4. November 2014 at 8:45 pm

    Klingt großartig und entspannt, ich war schon viel zu lange nicht mehr dort!
    Ich finde es toll dass ihr diese Reise gemacht habt – ohne Kinder!
    Wenn es für alle eine schöne Zeit war solltet ihr schon mal an die nächste Auszeit denken – ohne Kinder 🙂
    Tut einfach gut!

  • Reply Frau Mutter 5. November 2014 at 8:54 am

    Ja wir sind sehr happy und dankbar, dass dieses Grosselternpaar helfen will- und auch noch kann. Den Rest des Jahres sind sie dann aber auch in der Welt unterwegs, was wir ihnen auch gönnen…LG Nina

  • Reply Martine Sinemus - van Kolfschoten 5. November 2014 at 11:17 am

    Schön dass ihr so ein schönes langes Wochenende hattet! Wir haben mit Opa und Oma auch sehr viel Glück und versuchen es jedes Jahr zu machen. Ich vermisse die Kinder vor allem wenn ich andere kleine Kinder sehe (also durchschnittlich 62 mal am Tag) aber weiter geniesse ich es dann doch auch sehr!

  • Reply Reiseblogger berichten von Ihren schönsten Reisen ohne Kinder - Erwachsenenhotels buchen 6. August 2021 at 3:37 pm

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