Ich persönlich mag es ja gar nicht, mit einfachen Wahrheiten konfrontiert zu werden. „Mit 38 hat man halt das eine oder andere graue Haar“. „Karriere gibt es nicht in Teilzeit“ oder im Fitness-Studio: „no pain, no gain“. Bäh, das ist alles so ernüchternd. Dabei hadere ich doch so gern. Besonders im Alltag mit meinen Kindern. Meine Klassiker sind:
„Muss ich alles immer dreimal sagen?“
„Kannst Du NIE hören“?
„Sei doch nicht so laut!“
„Räum Dein Zimmer auf“
Diese Sätze zu äussern ist ungefähr genauso überflüssig, wie sich als 38jährige über graue Haare zu wundern und sich zu fragen, wo der Beckenboden ist. Man bekommt einfach keine befriedigende Antwort.
Bis vor einer Woche.
Ich hatte geputzt, Wäsche gewaschen und zusammengelegt, die Zimmer der Kinder aufgeräumt und die Blumen in die Vasen gestellt. Der Kühlschrank war voll, abgespült war auch. Nachdem ich mir einen Kaffee und die Gummibärchen der Kinder genehmigt hatte, sprang ich beschwingt in einem veritablen „Hausfrauen-High“ die Treppe hinauf. Jedoch- ich kam nicht weit. Beide Kinder hatten sich im gesamten Treppenhaus Höhlen gebaut. Mit allen Bettdecken und Kissen des Hauses. Die Höhlen mussten auch wohnlich gestaltet werden, also fungierten die Treppenstufen als Bücherregale und die Kuscheltiere waren auch dabei. Die langweilen sich ja schnell, also musste das Lego auch in die Höhle mit.
Ich bin, gelinde gesagt, ausgetickt. „Gerade habe ich aufgeräumt, Ihr treibt mich zum WAHNSINN! Warum müsst Ihr immer das Haus auf den Kopf stellen?! Was soll dieses kreative Höhlen-Gebaue, wo es doch „Kika“ gibt!“ Grgrgrgrgrgr.
Sebastian (6, aber offenbar auf 66 Jahre zugehend) schaute mich geduldig an, lächelte milde und flötete: „So ist das halt mit Kindern, Mama!“
Wieder mal so eine einfache Wahrheit und mir fehlten wirklich die Worte.
„Da hast Du Recht“, konnte ich nur noch sagen und habe mir im Schlafzimmer kurzerhand eine eigene Höhle gebaut.
Mit allen meinen Pumps, die ich seit Jahren nicht mehr trage und meinen Lippenstiften.
Die Handtaschen mussten auch mit.
Drei Stapel der „Gala“ bis ins Jahr 1998.
Und keiner darf in die Höhle rein und ich räume sie auch nicht wieder auf.
„So ist das halt mit Mamas!“
Foto: © Pascal Willuhn/Pixelio.de
7 Kommentare
Höhlenbauen ist eine der tollsten Sachen überhaupt…
Ach, welch wunderbare Idee! Wenn mir hier alles mal über den Kopf wachsen sollte, dann baue ich mir auch eine Höhle und lasse nur noch das Ladekabel fürs Notebook als Nabel zur Außenwelt raus gucken. Mitnehmen würde ich außerdem reichlich Naschwerk und den Haarschmuck, der irgendwo in der Schublade vor sich hin gammelt, weil seit ziemlich langer Zeit der einzige Haarschmuck ein Zopfgummi ist. (Stichwort: Muttiknödel!)
Übrigens, in dem umgedrehten Haus war ich schon mal mit den Kindern. Die fanden sich sofort zurecht, während ich noch ein bisschen brauchte, bis ich nicht mehr leicht torkelnd durch die Gegend lief.
Großartig … Nennen Sie mich verrückt, aber ich freue mich auf eben dieses Chaos … noch erinnere ich mich nämlich, dass es für mich die größte Freude war, Höhlen zu bauen 🙂
🙂 Ja, ja… so ist das halt…
… und Höhlenbauen ist ne super schöne Sache. 🙂
Es kommt eben immer drauf an, was man in die Höhle mitnimmt! Muttiknödel, das ist natürlich der Hammer, Sophie!! Wo steht das Haus denn? Würde mich interessieren….
Der Satz deines Sohnes ist göttlich! 😀 Ja, was ill man da noch sagen? Wo er recht hat, hat er nun mal recht. 🙂
Herrlich! Mein Sebastian (ebenfalls 6 going on 66) sagt dann gern mal, wenn ich auch gelegentlich austicke (mir wäre es in dem Moment wie bei Dir auch so gegangen…) „Mama, jetzt RELAX doch mal!“