Gastbeiträge

Wünsche erfüllen oder: Mein Kindheits-Wunschzettel-Trauma

17. Dezember 2016

Habt Ihr auch früher als Kind inbrünstig Wunschzettel an den Weihnachtsmann verfasst? Und wart dann auch enttäuscht, wenn es mal wieder „sinnvolle“ Geschenke gab? Heute erinnert sich Kolumnistin Frau Vanderwitz an ihre Kindheit und die unerfüllten Weihnachtswünsche. Wie sie heute mit den Wünschen ihrer Nichte und den Kindern von Freunden umgeht, berichtet sie heute:

Warum kann sich der Weihnachtsmann nicht an den Wunschzettel halten?

Weihnachten bin ich bei Freunden eingeladen. Hört sich ja erst mal gut an. Ist es aber nicht. Denn die Freunde haben Kinder. Um es gleich klarzustellen: Die Tante Sassy mag Kinder. Immerhin finde ich die Kleinen süß und versuche sie für alles zu loben. Im Supermarkt winke ich den Babys im Buggy zu und wenn die fast hüfthohen Kinder am Süßigkeitenregal schreien, zwinkere ich ihnen verschwörerisch zu. Ich bin eben eine nette, dicke Tante.

Aber vor Weihnachten habe ich Angst. Der Grund: Ich war auch mal ein Kind. Und ich war immer – ich betone: immer – unzufrieden mit meinem Geschenk. Meistens weil es nicht das war, was auf dem Wunschzettel stand. Den ich adressiert an den Weihnachtsmann in den Briefkasten geworfen hatte. Und was soll man sagen: Der alte Mann war offenbar sehr vergesslich. Oder er konnte nicht lesen. Oder er war schusselig und vertauschte mein Geschenk mit dem eines anderen Kindes. Irgendwo in Afrika bekam ein Kind den von mir gewünschten Schlitten mit Zugleine. Den roten Flitzer. Traurig malte ich mir aus, wie ein Kind aus Kenia mit meinem Schlitten die Dünen in der Wüste hinuntersauste.

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Alles, nur keine Strickliesel!

Und ich bekam stattdessen eine Strickliesel. Na toll. Das Einzige, was man damit machen konnte, war lange, unförmige Würmer aus Garn herstellen. Also das war das Einzige, was ich damit tun konnte.  Ich nudelte also den ersten und zweiten Weihnachtstag trotzig vor mich hin. Und knotete die bunten Würmer dann an alles. An den Schulranzen, an das Mäppchen, an meine Brille. An jeden einzelnen Griff der Kommode im Flur, an die Lampe im Wohnzimmer, an die Pfannen im Küchenschrank.
Bis zum Schulbeginn nach den Weihnachtsferien hatte ich dann so ziemlich alles mit den Häkelwollnudeln eingewickelt. Heute nennt man das Kunst.

Meine Mutter nannte das nervig. Sie hatte recht. Genauso wie mit dem Argument, dass es schlauer gewesen wäre, die Wunschliste in ihren Kalender zu schreiben statt auf ein Blatt Papier für den Briefkasten. „Dass es den Weihnachtsmann nicht gibt, weißt du doch schon längst, oder nicht?“ Na gut, ich hatte letztes Jahr selbst meinem Onkel den künstlichen Vollbart abgerissen und es total lustig gefunden, meinem kleinen Bruder die Weihnachts-Illusion zu rauben. Also gab ich erst einmal klein bei und nahm mir vor, nächstes Jahr nicht mehr vom Geschenkeservice des Weihnachtsmannes zu träumen, sondern meiner Mutter handfeste Fakten zu liefern, was meine Wünsche betraf.

Die Kinder sollen bekommen, was sie sich wünschen!

Weil ich nicht will, dass die Kinder meiner Freunde ebenfalls beleidigt sind und sich im schlimmsten Falle später an eine Kindheit mit einer Strickliesel erinnern müssen, frage ich bei meiner Freundin nach: „Was wünschen sich die beiden Kids denn zu Weihnachten?“
„Ach, du brauchst nichts mitzubringen. Die bekommen doch sowieso schon so viel von meinen Schwiegereltern.“
„Ich soll NICHTS mitbringen?“ Meine Stimme schraubt sich merklich in die Höhe.
„Nein, das ist nicht nötig. Das merken die doch gar nicht bei dem Geschenkeberg, der unterm Weihnachtsbaum liegt.“
Ich atme tief durch. „Gut“, sage ich. „Dann kaufe ich ihnen einen Schlitten.“
Befriedigt will ich auflegen. Ich werde diese Kinder glücklich machen, ob ihre Mutter das versteht oder nicht! Die beiden werden mich lieben! Tante Sassy weiß eben, wie das mit den Geschenken funktioniert!
„Ähm, Sassy …“, räuspert sich meine Freundin. „Es gibt dieses Jahr doch wahrscheinlich noch nicht mal Schnee.“
„Nicht mal Schnee gibt es bei euch an Weihnachten?“, brülle ich in den Telefonhörer, „Du Rabenmutter!“

Ihr habt es euch vielleicht schon gedacht: Ich bin doch nicht bei Freunden zu Besuch an Weihnachten. Zumindest sagt das mein Anrufbeantworter. Ich hoffe aber, dass wenigstens meine Katze mal an mich denkt. Dieses Jahr, so habe ich ihr gesagt, hätte die Katzenmama nämlich gerne einen neuen Wollpullover.

Die Strickliesel liegt aber noch verdächtig unberührt im Körbchen.

Frau vanderwitz mit Katze

 

Frau Vanderwitz aka Saskia schreibt hier auf dem Blog aus der Perspektive einer kinderlosen Frau. Als Katzenmama und begeisterte Tante nimmt sie die Welt der Familien witzig-ironisch unter die Lupe. Saskia schrieb bereits für mehrere Kabarettgruppen, ist poetry slammerin und Autorin. Mit Frau Mutter verbindet sie eine glorreiche studentische Vergangenheit im Fachbereich “irgendwas mit Medien”.

Foto: © gänseblümchen/PIXELIO

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