Gastbeiträge

Eine berufstätige Mutter schreibt an ihr Kind: „Mir bricht das Herz“

4. Juli 2017
berufstätige Mutter Frau Mutter Blog

Eine berufstätige Mutter arbeitet nie wieder so unbeschwert wie vor der Geburt des Kindes, das ist klar. Ob wir nun gerne nach der Babypause wieder arbeiten gehen, es schlicht müssen oder eigentlich noch zu Hause bleiben wollen- selten ist dieser Schritt ein Spaziergang. Auch, weil wir es uns selbst oft so schwer machen und vielleicht auch nicht immer die nötige Unterstützung unseres Umfelds haben.

Heute schreibt Gastautorin Miriam ihrem kleinen Sohn einen Brief. Darin ist so viel Zerrissenheit und mütterliche Sorge, das hat mich sehr gerührt. Ich konnte viele von Miriams Gefühlen sehr gut nachempfinden und hoffe, dass es ihr bald besser geht und sie freudig zur Arbeit gehen kann.

Mein lieber Sohn,

Kleiner Mann, Du bist jetzt 21 Monate… wie die erste Zeit doch rennt. Jeder hatte mich davor gewarnt- aber es ist tatsächlich so. Wir sind mitten drin im Großwerden und ich möchte Dich am Liebsten jede Minute dabei begleiten. Dabeisein, wenn Du die erste Ameise Deines Lebens entdeckst und Ihren Weg verfolgst, bis Sie im Boden verschwindet. Dabeisein, wenn Du Angst vor den hohen Treppenstufen rauf zur Turnhalle hast oder mit Dir Kuscheln, wenn Du Dich nicht wohlfühlst. Ich vermisse Dich jede Minute in der ich Dich nicht rieche und höre, ich weiß aber gleichzeitig, dass Du gerne in die Kita gehst, Deine Freunde um Dich rum liebst und dass Du unglaublich liebe Erzieher(innen) um Dich hast.

Eine berufstätige Mutter und ihr schlechtes Gewissen: Ist das alles richtig so?

Trotzdem stelle ich mich und meine Rolle als Mutter mehr als einmal am Tag in Frage. Mache ich das alles richtig, so wie es aktuell läuft? Meistens sind es 6 Stunden, die Du mit Deinen Krümeln verbringst, manchmal 7. Selten 8. Aber natürlich sind es so oder so viele Deiner wachen Stunden, viele der Stunden in welchen Du Neues lernst, die Welt entdeckst und zu dem wirst, was Du einmal sein wirst. Du lernst viel und schnell, Du quasselst mittlerweile wie ein Wasserfall- aber da muss ich mir nichts vormachen… das Allermeiste nicht, weil ich es Dir gezeigt habe.

Dein Zuhause: Tiefe Wurzeln schlagen

Wir – Deine Eltern- haben uns dazu entschlossen beide wieder arbeiten zu gehen, um uns den Traum vom Eigenheim und einer Absicherung für uns als Familie leisten zu können. Wir wünschen uns, dass Du, kleiner Mann, später mal keine großen finanziellen Sorgen haben musst, dass wir zusammen in unserem Zuhause leben können, einen Garten haben, den Du nach Herzenslust- und Laune umgraben und erkunden kannst. Nachbarskinder hast, bei denen Du ohne große Ankündigung einfallen darfst und Dein „Gau“ einfach Dein Zuhause ist. Du sollst nicht viel Umziehen müssen, Dich dauernd neu eingewöhnen und anpassen müssen. Das haben Mama und Papa hinter sich. Das war nicht so schön. Du sollst Deine Wurzeln tief verankern dürfen und selber entscheiden, wenn Du raus in die Welt möchtest. Oder eben auch nicht.

Sind das alles nur unsere Wünsche, die Du mitleben musst?

Aber natürlich frage ich mich da auch wieder, ob das nicht ausschließlich unsere Wünsche von einem Leben sind, das Du nun mitleben musst. Natürlich wären wir auch glücklich in einer kleinen Mietswohnung, natürlich hättest Du auch dort Deine Freunde in der Nachbarschaft und natürlich würdest Du Dich auch nach Umzügen hier und dort wieder einleben. Aber gefühlt ist es das Richtige, das wir tun. Gefühlt ist es die Zukunft, die wir Dir und uns wünschen. Mit Wurzeln.

Tja und genau dieses kleine große Glück ist eben nicht ohne die nötigen Euros am Monatsende möglich. Noch dazu liebe ich meinen Job wirklich, meine Kollegen, das Gefordert werden im Kopf, das „Aufbrezeln“ für Termine… Mein Job macht mich glücklich und bei Gott, ich könnte mir ja auch schlichtweg nicht vorstellen, eine Vollzeitmama mit 24 Stunden Windeln, Kochen und Haushalt zu sein. Ich muss „raus“, auch wenn es mir irgendwie das Herz bricht. Das ist doch verrückt. Ja, verrückt umschreibt das alles wirklich gut. Ich bin eine verrückte Mama in Teilzeit.

Vielen Dank, liebe Miriam für Deine ehrlichen Worte!

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3 Kommentare

  • Reply Nele 4. Juli 2017 at 8:06 pm

    Ähm, wegen Eigenheim arbeiten gehen ist eine von Dir gewählte Entscheidung, das kann man gut der einfach nur als rückwärts gedacht empfinden.
    Es gibt so tolle Wohnformen Gemeinschaftswohnprojekte.
    Und wieder arbeiten zu gehen das geht auch manchmal wenn die Kinder etwas größer sind aber aber ich kann das voll verstehen. Es gibt einfach noch was anderes.
    Dieses Zerissenheit hat fast jede…. hatte ich auch, Fazit ich arbeite jetzt einfach weniger wir habe ne „kleine“ 80 qm Wohnung, 10 Nachbar-Kinder im gartenähnlichen Innenhof, Freibad, Eisdiele, Museen, Cafés, Spielplatz und Zoo ums Eck. Ich bin in einem großen Einfamilienhaus aufgewachsen manchmal denke ich es war toll aber auch öde weil Vorstadt, spätestens ab 13 Jahren.
    Die Nachmittage jetzt öfter mit dem/den Kind(ern) zu verbringen ist unbezahlbar!
    Geld ist nicht alles, eine glückliche Familie zählt wo immer und wie immer sie lebt 😉 Und jeder hat wie Ihr andere Erfahrubgen. Alles Gute!

  • Reply Anna 6. Juli 2017 at 1:01 pm

    Ich kann das so nachvollziehen! Wir sind den Schritt mit dem Eigenheim auch gegangen, ja wegen der Absicherung aber vor allem wegen dem Garten. Ich empfinde es immer dann als total richtig, wenn ich die Kinder draußen klettern, springen und entdecken sehe.

    Die Zeit auf der Arbeit, die man nicht mit den Kinder verbringt, ist die andere Seite. Ich kenne auch diese Gefühle.

    Was ich aber ganz wichtig finde: Es wird besser. Inzwischen sind meine Kinder 4 und 6 und beschweren sich, wenn ich sie aus der Kita abhole. Ich sehe, was sie von mir lernen, aber auch was sie in der Kita lernen und das kann man gut unterscheiden, denn so gewählt, wie mein Sohn spricht bei uns niemand, das muss er von seiner Erzieherin haben.

    Sie sind glücklich. Mit Vormittagen mit Freunden und Nachmittagen mit mir. Und deswegen bin ich es auch.

  • Reply Jackie 1. Februar 2018 at 11:10 am

    Hallo,es tut gut so einen Brief zu lesen,denn mir erging es ebenso. Meine 2Töchter sind fast 18Jahre auseinander, bei meiner großen war ich sehr schnell wieder im Berufsleben drin ,ich war jung und brauchte das Geld,blöder Spruch,aber so war es, dann unzählige Umzüge bis wir schließlich den Ort fanden an dem wir hoffentlich Wurzeln schlagen können. Ich arbeitete im Schichtdienst, ständig Bekannte,Freunde fragen ob sie aufpassen könnten, denn Oma und Opa gab es nicht. Ständig plagte mich das schlechte Gewissen ,gerade wenn ich Nachtschichten hatte. Heute wird mir wieder bewusst wie schlimm das war und wie sehr ich die Zeit mit der Kleinen gerade 14Monate alt jetzt genieße,weil ich jetzt das Prvileg hab,in einem schönen großen Haus mit tollem Garten leben zu dürfen und nicht arbeiten muss. Nichts desto trotz ist meine große Tochter ein ganz toller Mensch geworden,wir haben ein sehr enges Verhältnis und sie weiß ganz genau was sie will und versichert mir immer wieder das ich nichts falsch gemacht hab und sie sich von mir geliebt und geachtet fühlt, was mich sehr stolz macht. Sie ist durch die Zeit selbstständiger geworden, hat früh Verantwortung für sich selbst übernommen und die gemeinsame Zeit die wir miteinander hatten, natürlich sehr genossen. Ich liebe meine Kinder sehr und oft ist es der Situation geschuldet, ob man arbeitet oder nicht. Groß werden sie alle und wenn man den Dialog zu ihnen nicht verliert werden aus ihnen glückliche Kinder und großartige Erwachsene. Dankeschön für den tollen Beitrag,alles Liebe weiterhin,für alle Mamas!!!

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