Die Raupe Nimmersatt oder: wie man sich dem Schlankheitsdiktat widersetzt

© Erika Hartmann/ Pixelio.de

Mein Sohn Sebastian und ich lieben “Die Raupe Nimmersatt” von Eric Carle hauptsächlich wegen der einzigartigen Illustrationen und dem “Kleine-Finger-Durchstecken-Mitmach-Tool” . Bei genauerem Hinsehen verbirgt sich aber eine hochaktuelle Botschaft in diesem Kinderbuchklassiker.

Die Raupe Nimmersatt litt bereits in ihrer Kindheit unter ihrer Fettleibigkeit. Nicht umsonst haben ihr die anderen Raupenkinder den Beinamen “Nimmersatt” gegeben. Sobald sie krabbeln und sich selbständig ernähren konnte, hat sie sich selbst eine strenge Obstdiät verordnet. Von Montag bis Freitag isst sie für gewöhnlich zwei Birnen, drei Pflaumen, vier Erdbeeren und fünf Apfelsinen. Die Arme hat zuviel “Gala” und “Bunte” gelesen. Die Celebrity-Model-Raupen Heidi und Claudia haben nämlich einen viel niedrigeren Body Mass Index als Nimmersatt. Die Obstdiät macht ihr aber keinen Spass, denn “satt war sie immer noch nicht”.

Nach einer weiteren „carb-free“ Woche befreit sich eines Tages schliesslich die Raupe Nimmersatt vom Dogma des Dünnseins. Sie hat ihre Gabe des Geniessens wiedergefunden und verzehrt von nun an fröhlich Schokoladenkuchen, Lolli, Käse und Würstchen. Sollen die anderen Raupen doch weiter hungern. Sie leidet nach ihrer Futter-Orgie ein bisschen an Bauchweh, aber heilt das mit der Einnahme mehrerer Gaben von “Grünes Blatt-Globuli.” Sie ist glücklich, rund und weiblich geworden, kein Raupen-Hungerhaken. Auch entdeckt Nimmersatt dank ihres neu erwachten Selbstwertgefühls ungeahnte Talente. Ganz ohne fremde Hilfe baut sie sich ein Haus, da staunen die anderen Raupen aber! In ihrem Eigenheim futtert sie nun fröhlich weiter und verpuppt sich. Eines schönen Tages verwandelte sie sich in einen Schmetterling. Karl Lagerfeld hat ihr ein wunderschönes Kleid gezaubert, welches ihre Kurven perfekt betont. Die anderen Raupen wurden ganz grün vor Neid.

Foto: ©  Pixelio.de/© Erika Hartmann