Frau Mutters Tipps

Raus aus der Frustfalle: Wie Mütter zufriedener werden können

6. Oktober 2014

Ich habe mir mal kürzlich überlegt, wie viele rundum zufriedene Mütter ich eigentlich kenne. Ich kann sie an einer Hand abzählen. Wenn eine Frau ein Kind bekommt, ist nichts mehr wie vorher. Partnerschaft, Beruf, Wohnsituation. Oft kann man auch nicht einfach so weitermachen wie vorher. Die Vollzeitstelle in Teilzeit umwandeln und schon läuft alles. Die glücklichen Mütter, die ich kenne, haben einen Wandlungsprozess hinter sich gebracht. Neue Sichtweisen, viele neue Strategien entwickelt und einiges in ihrem Leben geändert. Dieser Übergangsprozess ist oft sehr anstrengend, das weiss ich aus eigener Erfahrung. Heute rede ich mit Trainerin, Autorin und Coach Katrin Seifarth darüber, wie Mütter aus den „Hemmschuhen wieder in die Stöckelschuhe“ gebracht werden können, oder auch in die bequemen Sneakers, ganz wie Ihr wollt.

Warum befinden sich so viele Frauen nach der Geburt ihrer Kinder in einem Dilemma, was ja oft nicht nur ein berufliches ist?

Weil dieses Ereignis so vollkommen unvorhersehbar ist. Wir malen uns so viel aus, und am Ende erleben und empfinden wir vieles ganz anders als erwartet. Ich selbst wollte mehrere Monate zu Hause bleiben, und mir ist nach 3 Wochen die Decke auf den Kopf gefallen. Andere planen den sofortigen Wiedereinstieg in den Job, und bleiben plötzlich zu Hause. Die Geburt eines Kindes stellt sprichwörtlich das Leben auf den Kopf. Das „Dilemma“ kreieren wir allerdings selbst in unserem Denken. Bisher war in unserem Leben alles relativ vorhersehbar und planbar. Weil es plötzlich anders ist, wird es für uns zum Dilemma statt zu einer Chance. Wir sehen, welche Freiheitsgrade uns plötzlich genommen sind, dass sich die Partnerschaft verändert, der Freundeskreis verschiebt und wir völlig ferngesteuert sind. Wir blenden die schönen Seiten oft aus und haben keinen Blick dafür, dass die neue Situation ja auch eine riesen Chance sein kann, sich neu aufzustellen.

Welche Erfahrungen haben Sie in ihrer Berufspraxis gemacht; müssen viele Frauen erst lernen auch auf ihre Bedürfnisse zu hören? Ist das evtl. sogar negativ besetzt?

Ja, das ist so. Viele Frauen wissen gar nicht so genau was sie wollen. Dies liegt an einem fundamentalen Glaubenssatz, der bei Frauen häufig anzutreffen ist, und das ist der Glaubenssatz: „Ich muss es allen Recht machen“ oder „Ich muss immer für alle da sein“. Solange wir „nur“ den Partner haben, spüren wir gar nicht, dass uns diese absoluten Glaubenssätze limitieren. Wir haben immer noch genug Zeit für uns und für ihn. Sobald ein Kind da ist, erschlagen uns diese Überzeugungen. Wir stellen unsere eigenen Bedürfnisse nun komplett hinten an, und das über Jahre, weil wir glauben, wir müssen für alle da sein, nur nicht für uns selbst. Haben sie diesen Glaubenssatz erst einmal abgelegt, müssen viele Frauen ganz schön kramen, um die Dinge wieder zu finden, die sie ursprünglich einmal wollten.

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Wie kann mach sich davon freimachen nach den Regeln anderer zu leben?

Ich lasse die Frauen normalerweise erst einmal eine Reise machen auf einen Planeten, auf dem alles möglich ist. Das Problem ist nämlich, dass wir durch unsere Glaubenssätze, Erwartungen anderer oder gesellschaftliche Normen so viele Limitierungen im Kopf haben, dass wir viele Gedanken gar nicht erst weiter denken. Ich bitte die Mütter also, einmal den Partner, die eigenen Eltern (die uns ja auch gewisse Muster vorgelebt haben), Freundinnen, Bekannte und die Kinder komplett auszublenden und zu überlegen, was sie am liebsten machen würden, egal ob beruflich oder privat. So kommen sie Schritt für Schritt den eigenen Bedürfnissen wieder auf die Spur. Und dieses Tagträumen macht doch auch Spaß. Mir ist immer wichtig, dass alles mit Leichtigkeit geht und nicht mit zu viel Drama. Erst wenn der Traum steht, ist es erlaubt, die Einschränkungen wieder hervorzuholen. Und wenn ich diese Einschränkungen so isoliert betrachte, sehe ich oft schon, wie ferngesteuert ich mich verhalte. Dann hilft es, sich auszumalen, wie ich diese Einschränkungen überwindet, wie ich z.B. meiner Mutter sage, dass ich eben ein andere Leben leben will als sie es tun würde oder der Freundin, dass ich finde, mein Kind kann auch ohne PEKIP-Kurs ein vollwertiger Mensch werden.

Welche Rolle spielt der Partner?

Hoffentlich eine große. Und hoffentlich eine positive. Wobei das leicht gesagt ist. Wird ein Kind geboren, fühlt er sich oft zurückgesetzt und unsere „Hormonsituation“ tut ihr Übriges dazu, ihn ein bisschen außen vor zu lassen. Das heißt im Grunde, dass frau an der Stelle plötzlich „zwei Kinder“ hat, die umsorgt werden wollen. Wichtig ist also erst einmal, dem Partner das Gefühl zu geben, auch noch Partner zu sein und dann von Anfang an gemeinsam zu definieren, wer sich wann und in welcher Form um das Kind kümmert. Viele Mütter reißen die Aufgabe der Kinderbetreuung derart an sich, dass der Partner gar keinen Raum mehr hat dafür. Grundsätzlich hilft es natürlich, wenn man sich im Vorfeld einig ist, wie die Familie aufgestellt sein soll. Wenn man dieses Thema erst anspricht, wenn das Kind da ist und dann plötzlich feststellt, dass er z.B. nichts von Fremdbetreuung hält, dann wird es kompliziert.

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Wie kann man sich selbst aus einer unbefriedigenden persönlichen oder beruflichen Situation heraushelfen?

Der erste und wichtigste Schritt ist erst einmal, die eigene Unzufriedenheit zu bemerken und zu akzeptieren, das es jetzt so ist. Dann sollte ich schnell in einen Lösungsmodus kommen und genau herausfinden, was mich unzufrieden macht. Ich beobachte viele Mütter, die den Job wechseln, die Kinder in einer Betreuung unterbringen, sich von ihrem Partner trennen, und dann ein paar Jahre später an dem gleichen Punkt wieder ankommen. Das Problem an alledem: wir nehmen uns selbst mit, und hier liegt oft die Ursache. Wenn uns in unserem Umfeld etwas stört, sollten wir immer zuerst überlegen, was das mit uns zu tun haben könnte. Oft suchen wir im Umfeld nämlich nach etwas, das wir uns selbst nicht geben. Bei vielen geht es zum Beispiel um Anerkennung vom Partner. Wenn die nicht so kommt, wie ich mir das vorstelle, ist der Partner Schuld. Dabei gebe ich sie mir selbst nicht. Die Frage, die ich mir stellen sollte ist: was konkret fehlt mir gerade und wo kann ich es her bekommen? Wichtig ist dabei, darauf zu achten, die eigenen Erwartungen mit eigenem Verhalten zu erfüllen und nicht auf das Verhalten anderer zu hoffen.

Wie sind Sie persönlich zum Bereich coaching gekommen, was ist Ihr beruflicher Hintergrund?

Ich habe internationale BWL studiert und 9 Jahre im Marketing einer Konsumgüterfirma gearbeitet. Dort habe ich firmenintern viele Seminare gegeben und schon relativ früh gespürt, dass mir diese Trainings viel mehr Spaß machen als Marktanteile zu feiern. Aber erst mit dem ersten Kind hatte ich den Mut, mich mit Trainings für Unternehmen selbständig zu machen. Mit dem zweiten Kind bin ich geschäftlich und privat komplett eingebrochen und über meine eigenen Glaubenssätze gestolpert. Ich habe mich irgendwie aus dieser Situation befreit, aber es hat ein paar Jahre gedauert. Durch zahlreiche Coaching-Ausbildungen habe ich viele Techniken und Tricks gelernt, wie ich mit meinen Mustern einfacher, schneller und nachhaltiger hätte aufräumen können. Diese Erfahrungen gebe ich heute gerne an Mütter weiter, damit sie vielleicht gar nicht erst in den Hemmschuhen landen, sondern gleich ihre individuellen Stöckelschuhe auspacken und ihren eigenen Weg gehen. Ich möchte einfach, dass es möglichst wenigen so ergeht wie mir damals.

Katrin Seifarth ist seit dem Jahr 2000 mit ihrer Trainings-Firma train effect selbständig. In ihren Trainings und Coachings legt sie viel Wert auf maximale Verinnerlichung und Umsetzbarkeit der Inhalte. Daher ist Arbeit an den eigenen Glaubenssätzen für sie ein zentrales Thema. Ausserdem empfehle ich ihr lesenswertes Buch „Aus dem Hemmschuhen in die Stöckelschuhe“. Dieses Buch richtet sich übrigens nicht nur an die (ausserhalb des Hauses) berufstätigen Mütter.

 

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3 Kommentare

  • Reply Wiebke 15. Oktober 2014 at 7:15 am

    Ganz toller Artikel! Danke schön! ♡

  • Reply Frau Mutter 15. Oktober 2014 at 7:29 am

    sehr gerne, Wiebke LG Nina

  • Reply Markus 15. Juni 2021 at 9:18 pm

    Ein wirklich guter Artikel. Ich erkenne so vieles bei meiner Frau was hier sehr treffend beschrieben wird…

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