Kind und Erziehung

Offener Brief an die Freunde meines Sohnes

7. Oktober 2013

 

Lieber Nico, Paul, Tom, Maximilian, Julius und Jakob,

schön, dass Ihr die Freunde von Sebastian seid und ich bin auch sicher, dass es noch Hoffnung gibt, das Ihr einmal ganz nette junge Männer werdet. Über das Wett-Pupsen und die Kacka-Witze sollte man noch mal reden, aber ok.

Ihr wollt Euch zum Spielen verabreden? Moment, da muss ich mal Eure Mamas fragen, ob Ihr da noch einen Termin frei habt. Und wo war gleich unser interaktiver, digitaler Familienkalender? Ich will Euch mal was sagen. Als ich ein kleines Mädchen war, also im letzten Jahrtausend, ist man einfach so bei Freundin x und Freund y vorbeigelaufen und hat geklingelt. Wir sind damals in den achtziger Jahren noch zu Fuss gelaufen, Jungs, krass, oder? Kein Minivan, kein SUV, der uns vor den Elementen geschützt hat, keine Mutter, die Spieltermine für uns ausmacht. Unsere Freizeit haben wir selbst geplant. Irre, oder?

Und wenn wir dann gespielt haben, wurde auch draussen gespielt oder im Kinderzimmer, denn dafür ist das ja da. Warum muss sich ein „playdate“ eigentlich im Wohnzimmer abspielen? Ach ja, weil die Mama in der Dauerbespassungsschleife mit den Kleinen bastelt, was das Zeug hält. Oder sich andere „sinnvolle Beschäftigungen“ ausdenkt. Warum langweilt Ihr Euch eigentlich so schnell? Ihr seid doch zusammen, denkt Euch mal was aus! Und warum bin ich eigentlich für die Beseitigung dieser Langeweile zuständig? Ich will doch „Bunte“ lesen, menno!

Noch was: In meinem Haus gelten Regeln! Meinen Kindern ist das egal, aber Ihr könnt Sie doch bitte befolgen! Ich bin übrigens auch bereit, Euch zu erziehen. Das macht mir gar nichts. Wer nicht „Bitte“ sagt, kriegt keine Gummibärchen und erst recht nicht die grünen. Wenn ich Euch eine Frage stelle, bitte antwortet mir. Ihr seid noch nicht in der Pubertät, mein Gott!

Ihr könnt gerne Pups-Witze erzählen, aber nach dem zehnten reicht es dann.

Wenn Ihr meine Einrichtung zerstört, werde ich zu „Darth Vader“, in echt!

Und übrigens, Maxi und Maxi-Mutter: die Graffitis an unserem Haus sehe ich nicht als „Kunst am Bau“ an. Ist nur Kreide? Dann könnt Ihr sie ja gleich mal abwischen, ich stelle Euch gerne meinen Putzeimer zur Verfügung!

Liebe Mathilda, Lisa, Emily und Sara,

ich bin ja total gerührt, wie schön Ihr meine Blumen gegossen und Sebastians Kuscheltiere sortiert habt. Wollen wir nächste Woche mal den Keller aufräumen? Ihr könnt auch nochmal mit meinem Sohn „Diktat üben“, dann muss ich das nicht mehr machen. Na klar, könnt Ihr Sebastian heiraten! Alle! Im Ehevertrag einfach festhalten, der Schwiegermutter wöchentlich Selbstgebackenes und Blumen vorbeizubringen, dann kommen wir ins Geschäft.

Alles Liebe
Eure Frau Mutter

 

Frau Mutter folgen

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11 Kommentare

  • Reply Alltagsheldin 9. Oktober 2013 at 6:56 am

    lach – das Ein oder Andere, ja doch, unterschreibe ich mal so. Tausche nur „Sohn“ gegen „Tochter“ aus…
    Ich staune immer wieder, wie anders das alles heute doch ist. Damals, als ich in dem Alter war, hätte ich mich viele Dinge niemals getraut. Respekt vor Erwachsenen und so. Heute… nun ja, lassen wir das…

    Liebe Grüße,
    die Alltagsheldin

  • Reply fraumutter 9. Oktober 2013 at 7:01 am

    Das stimmt wohl Alltagsheldin, ich hatte vor den Eltern meiner Freunde immer einen riesen Respekt…

  • Reply Ina 9. Oktober 2013 at 7:40 am

    Aber woher kommts? Ist es heute eher diese ähäääm „neue Art der Erziehung…“ – so mit alles frei und selbstbestimmt und so?
    Ich hatte auch Respekt vor den Eltern von Freunden. Oder war es Angst? Woher kam das?

  • Reply katrin 9. Oktober 2013 at 8:41 am

    „mamaaaa, mir ist laangweilig!“ – „ja und? ich bin mutter,kein entertainer…krieg ich auch nicht bezahlt“ – Wortwechsel mindestens einmal am tag 🙂

    respektlosigkeit mir gegenüber oder dingen die meine sind ist mir noch nicht passiert… aber ich stell auch gleich klar wo es bei mir lang geht. ich habe auch schon mal einen ’spielfreund‘ immer wieder rausgeschickt bis er begriffen hat das man doch wenigsten grüßt wenn man woanders hin kommt. meißt auf die spaßige art aber sie habens gelernt. sie sind mir auch nicht böse und kommen gern wieder.

    nette grüße Katrin

  • Reply Mara 9. Oktober 2013 at 1:16 pm

    die besucherkinder haben letztens zusammen mit meinen die Bettwäsche aus dem schrank auf der treppe ausgebreitet und rutsche gespielt.

  • Reply Mami 9. Oktober 2013 at 3:34 pm

    Ja wie war ist das denn, da erinnere ich mich doch gleich an meine beiden. Ja auch hier müssen Termine geplant werden und das am besten noch über Monate, denn man weiß ja nie was sonst Mama / Papa mit einem vor haben. Laufen, nein da ist doch Mama und Papa die fahren können, die haben doch ein Auto. Das waren wirklich noch Zeiten wo man einfach so zu den Freunden gegangen ist – ohne Termine – einfach mal so vorbei und wenn Sie nicht da waren, dann ist mal wieder nach Hause oder zum nächsten Freund. Doch die Zeiten sind wohl für Mama und Papa vorbei – hier ist wohl das sogenannte * Mama Taxi * der neuste Trend

  • Reply fraumutter 9. Oktober 2013 at 4:24 pm

    Oh mein Gott, Mara, das mit der Rutsche ist ja der Hammer, oder? Aber auch wieder eine witzige Geschichte, wenn die Kinder mal heiraten….

  • Reply woling61 9. Oktober 2013 at 4:49 pm

    Ich habe es als Vater einer Tochter hinter mir. Bin gespannt, wie es bei mir als IT-besessenem Opa bei meinen künftigen Enkeln so abgeht 😉

    • Reply Tilo 9. Oktober 2013 at 8:13 pm

      Also ich muss hier Karin zustimmen. Klare Regel aufstellen und dafür sorgen, dass diese eingehalten werden. Am besten auf lustige und unverkrampfte Art. Respekt muss man sich verdienen – auch bei Kindern oder Jugendlichen!

  • Reply Nicole 9. Oktober 2013 at 8:59 pm

    Also ich glaube der Unterschied ist, dass unsere Muetter einfach „nur“ Muetter sein wollten und keine Super-Mums und somit nicht diesen Konkurrenzkampf zu Tage legten, den es heute unter den Muettern gibt. Jede will die Beste sein und noch mehr schaffen und den Kindern noch mehr bieten.
    Allerdings hast Du wohl verdraengt, dass auch wir zum Balletunterricht, Klavierunterricht, Musikschule, spaeter zu unseren Freundinnen im Nachbarort, zum Schwimmbad und, und, und gefahren wurden. Das Mama Taxi haben wir schon auch in Anspruch genommen…Aber Playdates gab es Gott sei Dank noch nicht und man konnte einfach vorbei kommen oder gemeinsam mit den Hunden Gassi gehen.
    Ach ja: und Respekt hatte ich immer vor Deinen Eltern, aber nicht weil ich Angst vor Ihnen hatte, die war Euren netten Nachbarn vorbehalten….aber irgendwie wusste man doch automatisch was man bei anderen darf und was nicht, schliesslich wollte man ja auch am naechsten Tag wiederkommen duerfen. Ob wir deshalb Unschuldsengel oder Vorzeigekinder waren sei mal dahingestellt…;-) An die ein oder andere Standpauke Deiner Mutter kann ich mich doch auch noch erinnern…

  • Reply Leonie 27. Oktober 2013 at 3:28 pm

    Danke für diesen Beitrag! Ich wünschte, unsere Tochter würde auch in dieser Zeit aufwachsen, in der man noch einfach bei den Freunden klingeln und mit ihnen draußen bei Wind und Wetter spielen konnte. Das Stadtleben hat einiges verändert. Leider nicht nur zum Positiven.
    Lass uns doch eine kinderfreundliche Gemeinschaft gründen 😉
    http://erziehungsluecke.de

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